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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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soldungen, ohne auf der breiten Heerstraße
Nebeneinkünfte zu suchen, den äußern Anstand
und selbst zum Theil den Modeton in ihrer
Lebensart halten. Bey diesen ersetzt eine große
Sparsamkeit und jene Kunst, die Außenseite
zu retten, den Ueberfluß, der in einer unklugen
Wirthschaft ohne Genuß und ohne bemerkt zu
werden verfliegt. Der große Vortheil, dessen
sich viele unter ihnen erfreuen, indem sie Woh-
nung, Licht und Holz von der Krone erhalten,
vermindert ihre Ausgaben um eine sehr starke
Rubrik; mit einigen Stellen ist auch der Vor-
theil der freyen Bedienung verknüpft. Der
Erziehung ihrer Kinder können sie sich, wenn
sie ihnen lästig wird, sehr leicht entledigen,
denn die Kinder aller im Range eines Ober-
offiziers stehenden Beamten haben Anspruch
an die Aufnahme in die kaiserlichen Institute.
Diese und andere Bequemlichkeiten setzen die
Familien der Staatsbedienten in den Stand,
mehr auf das Aeußere zu wenden; der größte
Theil derselben erscheint daher unter einem
vortheilhaftern Gesichtspunkt, als eine nähere
Kenntniß der wahren Lage erwarten läßt.


ſoldungen, ohne auf der breiten Heerſtraße
Nebeneinkuͤnfte zu ſuchen, den aͤußern Anſtand
und ſelbſt zum Theil den Modeton in ihrer
Lebensart halten. Bey dieſen erſetzt eine große
Sparſamkeit und jene Kunſt, die Außenſeite
zu retten, den Ueberfluß, der in einer unklugen
Wirthſchaft ohne Genuß und ohne bemerkt zu
werden verfliegt. Der große Vortheil, deſſen
ſich viele unter ihnen erfreuen, indem ſie Woh-
nung, Licht und Holz von der Krone erhalten,
vermindert ihre Ausgaben um eine ſehr ſtarke
Rubrik; mit einigen Stellen iſt auch der Vor-
theil der freyen Bedienung verknuͤpft. Der
Erziehung ihrer Kinder koͤnnen ſie ſich, wenn
ſie ihnen laͤſtig wird, ſehr leicht entledigen,
denn die Kinder aller im Range eines Ober-
offiziers ſtehenden Beamten haben Anſpruch
an die Aufnahme in die kaiſerlichen Inſtitute.
Dieſe und andere Bequemlichkeiten ſetzen die
Familien der Staatsbedienten in den Stand,
mehr auf das Aeußere zu wenden; der groͤßte
Theil derſelben erſcheint daher unter einem
vortheilhaftern Geſichtspunkt, als eine naͤhere
Kenntniß der wahren Lage erwarten laͤßt.


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[410/0428] ſoldungen, ohne auf der breiten Heerſtraße Nebeneinkuͤnfte zu ſuchen, den aͤußern Anſtand und ſelbſt zum Theil den Modeton in ihrer Lebensart halten. Bey dieſen erſetzt eine große Sparſamkeit und jene Kunſt, die Außenſeite zu retten, den Ueberfluß, der in einer unklugen Wirthſchaft ohne Genuß und ohne bemerkt zu werden verfliegt. Der große Vortheil, deſſen ſich viele unter ihnen erfreuen, indem ſie Woh- nung, Licht und Holz von der Krone erhalten, vermindert ihre Ausgaben um eine ſehr ſtarke Rubrik; mit einigen Stellen iſt auch der Vor- theil der freyen Bedienung verknuͤpft. Der Erziehung ihrer Kinder koͤnnen ſie ſich, wenn ſie ihnen laͤſtig wird, ſehr leicht entledigen, denn die Kinder aller im Range eines Ober- offiziers ſtehenden Beamten haben Anſpruch an die Aufnahme in die kaiſerlichen Inſtitute. Dieſe und andere Bequemlichkeiten ſetzen die Familien der Staatsbedienten in den Stand, mehr auf das Aeußere zu wenden; der groͤßte Theil derſelben erſcheint daher unter einem vortheilhaftern Geſichtspunkt, als eine naͤhere Kenntniß der wahren Lage erwarten laͤßt.

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/428>, abgerufen am 23.11.2024.