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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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gemeinste Bauer nicht, darf anders als vor
Gericht mit Schlägen behandelt werden.
Wenn einzelne Menschen ein solches widerrecht-
liches Verfahren an sich erdulden, so ist Klein-
muth, gewohnter Sklavensinn, oder Unbekannt-
schaft ihrer Rechte Schuld daran; aber der
bey weitem zahlreichere Theil des Pöbels der
Residenz kennt seinen Schutz und weiß ihn
geltend zu machen. In einem solchen Fall
wird es dem Beklagten nicht selten schwer,
sich zu rechtfertigen, oder Genugthuung zu er-
halten, wenn er sich berechtigt glaubt, diese
zu fordern. Die Polizey, das gewöhnliche
Tribunal solcher Vorfälle, ist nach der Lage
der Dinge natürlich geneigt, immer eher auf
die Seite der bisher unterdrückten Parthey zu
treten; einzelne unangenehme Erfahrungen die-
ser Art haben die höhern Stände behutsam
gemacht, und manchem Usurpatoren unter den-
selben Achtung für Menschenwerth durch die
Schärfe des Gesetzes gepredigt.

In keinem Lande ist der Abstand in der
Lebensart der untersten Volksklasse und des
geringern Mittelstandes so groß als in Ruß-
land. Wenn jene noch ganz nach alter Natio-

gemeinſte Bauer nicht, darf anders als vor
Gericht mit Schlaͤgen behandelt werden.
Wenn einzelne Menſchen ein ſolches widerrecht-
liches Verfahren an ſich erdulden, ſo iſt Klein-
muth, gewohnter Sklavenſinn, oder Unbekannt-
ſchaft ihrer Rechte Schuld daran; aber der
bey weitem zahlreichere Theil des Poͤbels der
Reſidenz kennt ſeinen Schutz und weiß ihn
geltend zu machen. In einem ſolchen Fall
wird es dem Beklagten nicht ſelten ſchwer,
ſich zu rechtfertigen, oder Genugthuung zu er-
halten, wenn er ſich berechtigt glaubt, dieſe
zu fordern. Die Polizey, das gewoͤhnliche
Tribunal ſolcher Vorfaͤlle, iſt nach der Lage
der Dinge natuͤrlich geneigt, immer eher auf
die Seite der bisher unterdruͤckten Parthey zu
treten; einzelne unangenehme Erfahrungen die-
ſer Art haben die hoͤhern Staͤnde behutſam
gemacht, und manchem Uſurpatoren unter den-
ſelben Achtung fuͤr Menſchenwerth durch die
Schaͤrfe des Geſetzes gepredigt.

In keinem Lande iſt der Abſtand in der
Lebensart der unterſten Volksklaſſe und des
geringern Mittelſtandes ſo groß als in Ruß-
land. Wenn jene noch ganz nach alter Natio-

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[381/0399] gemeinſte Bauer nicht, darf anders als vor Gericht mit Schlaͤgen behandelt werden. Wenn einzelne Menſchen ein ſolches widerrecht- liches Verfahren an ſich erdulden, ſo iſt Klein- muth, gewohnter Sklavenſinn, oder Unbekannt- ſchaft ihrer Rechte Schuld daran; aber der bey weitem zahlreichere Theil des Poͤbels der Reſidenz kennt ſeinen Schutz und weiß ihn geltend zu machen. In einem ſolchen Fall wird es dem Beklagten nicht ſelten ſchwer, ſich zu rechtfertigen, oder Genugthuung zu er- halten, wenn er ſich berechtigt glaubt, dieſe zu fordern. Die Polizey, das gewoͤhnliche Tribunal ſolcher Vorfaͤlle, iſt nach der Lage der Dinge natuͤrlich geneigt, immer eher auf die Seite der bisher unterdruͤckten Parthey zu treten; einzelne unangenehme Erfahrungen die- ſer Art haben die hoͤhern Staͤnde behutſam gemacht, und manchem Uſurpatoren unter den- ſelben Achtung fuͤr Menſchenwerth durch die Schaͤrfe des Geſetzes gepredigt. In keinem Lande iſt der Abſtand in der Lebensart der unterſten Volksklaſſe und des geringern Mittelſtandes ſo groß als in Ruß- land. Wenn jene noch ganz nach alter Natio-

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/399>, abgerufen am 22.11.2024.