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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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achtet sogar der Schandschriften nicht, mit
welchen namenlose, durch den Partheygeist er-
hitzte Schriftsteller eine Administration herab-
zuwürdigen suchen, von deren Triebwerk sie
keinen Begriff haben *); still und groß schwebt
Katharinens Geist über dem Urtheil ihres
Zeitalters und blickt nach der Unsterblichkeit
auf, die ihr Selbstgefühl und die Nachwelt ihr
sichern.


*) Es ist zu bedauren, daß selbst achtungswürdige
Schriftsteller sich zuweiten durch den Kitzel, etwas Auf-
fallendes zu sagen, verführen, oder durch falsche Autori-
täten blenden lassen, Nachrichten ins große Publikum zu
bringen, deren Ungrund und Seichtigkeit den redlichen
Wahrheitsfreund empören und bey Suchkundigen Mit-
leid erregen. Unter mehrern Beyspielen, welche die neue-
sten deutschen Meßprodukte für diese Behauptung liefern,
sey es an zweyen genug. In einem der vorigjährigen
Hefte der Minerva findet sich ein Aussatz von einem
gewissen Herrn von Ruthieres, der an Seichtigkeit,
Abgeschmacktheit und Verläumdungssucht schwerlich von
irgend einem noch so armseligen Pasquill aus der Fabrik
ihrer sach- und sprachkenntnißlosen voyageurs übertroffen
werden kann; und doch giebt Herr von Archenholz
dieses Bruchstück als eine Probe von dem größern Werke
desselben Verfassers, auf welches er das Publikum durch
dieses -- in seinen Augen, wie es scheint, wohlgerathene
-- Fragment aufmerksam machen will. Es ist hier

achtet ſogar der Schandſchriften nicht, mit
welchen namenloſe, durch den Partheygeiſt er-
hitzte Schriftſteller eine Adminiſtration herab-
zuwuͤrdigen ſuchen, von deren Triebwerk ſie
keinen Begriff haben *); ſtill und groß ſchwebt
Katharinens Geiſt uͤber dem Urtheil ihres
Zeitalters und blickt nach der Unſterblichkeit
auf, die ihr Selbſtgefuͤhl und die Nachwelt ihr
ſichern.


*) Es iſt zu bedauren, daß ſelbſt achtungswürdige
Schriftſteller ſich zuweiten durch den Kitzel, etwas Auf-
fallendes zu ſagen, verführen, oder durch falſche Autori-
täten blenden laſſen, Nachrichten ins große Publikum zu
bringen, deren Ungrund und Seichtigkeit den redlichen
Wahrheitsfreund empören und bey Suchkundigen Mit-
leid erregen. Unter mehrern Beyſpielen, welche die neue-
ſten deutſchen Meßprodukte für dieſe Behauptung liefern,
ſey es an zweyen genug. In einem der vorigjährigen
Hefte der Minerva findet ſich ein Auſſatz von einem
gewiſſen Herrn von Ruthieres, der an Seichtigkeit,
Abgeſchmacktheit und Verläumdungsſucht ſchwerlich von
irgend einem noch ſo armſeligen Pasquill aus der Fabrik
ihrer ſach- und ſprachkenntnißloſen voyageurs übertroffen
werden kann; und doch giebt Herr von Archenholz
dieſes Bruchſtück als eine Probe von dem größern Werke
deſſelben Verfaſſers, auf welches er das Publikum durch
dieſes — in ſeinen Augen, wie es ſcheint, wohlgerathene
— Fragment aufmerkſam machen will. Es iſt hier
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[157/0173] achtet ſogar der Schandſchriften nicht, mit welchen namenloſe, durch den Partheygeiſt er- hitzte Schriftſteller eine Adminiſtration herab- zuwuͤrdigen ſuchen, von deren Triebwerk ſie keinen Begriff haben *); ſtill und groß ſchwebt Katharinens Geiſt uͤber dem Urtheil ihres Zeitalters und blickt nach der Unſterblichkeit auf, die ihr Selbſtgefuͤhl und die Nachwelt ihr ſichern. *) Es iſt zu bedauren, daß ſelbſt achtungswürdige Schriftſteller ſich zuweiten durch den Kitzel, etwas Auf- fallendes zu ſagen, verführen, oder durch falſche Autori- täten blenden laſſen, Nachrichten ins große Publikum zu bringen, deren Ungrund und Seichtigkeit den redlichen Wahrheitsfreund empören und bey Suchkundigen Mit- leid erregen. Unter mehrern Beyſpielen, welche die neue- ſten deutſchen Meßprodukte für dieſe Behauptung liefern, ſey es an zweyen genug. In einem der vorigjährigen Hefte der Minerva findet ſich ein Auſſatz von einem gewiſſen Herrn von Ruthieres, der an Seichtigkeit, Abgeſchmacktheit und Verläumdungsſucht ſchwerlich von irgend einem noch ſo armſeligen Pasquill aus der Fabrik ihrer ſach- und ſprachkenntnißloſen voyageurs übertroffen werden kann; und doch giebt Herr von Archenholz dieſes Bruchſtück als eine Probe von dem größern Werke deſſelben Verfaſſers, auf welches er das Publikum durch dieſes — in ſeinen Augen, wie es ſcheint, wohlgerathene — Fragment aufmerkſam machen will. Es iſt hier

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/173>, abgerufen am 27.04.2024.