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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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aber das edle Vertrauen auf die Menschheit,
mit welcher sie dies bewilligte, ward, wie über-
all, gemißbraucht, und der Erfolg bewies, daß
der verschiedene Gang der Völker zur Ausbil-
dung auch unterschiedene Maaßregeln zu seiner
Leitung bedürfe. Eine Nation, bey welcher
das Gefühl ihrer Kräfte erwacht, und die in
den ersten Bestrebungen, diese zu brauchen,
leicht irre geführt werden kann, mag einer vor-
bildlichen Richtung nicht entbehren, mit deren
Hülfe sie leisen festen Tritts und ohne gewalt-
same Konvulsionen zum Ziele gelangt.

Jetzt sind alle Schriften die in freyen oder
Privatdruckereyen gedruckt werden, der Cen-
sur unterworfen, welche das Polizeyamt be-
sorgt. Die Vorschrift, nach welcher man sich,
so viel bekannt ist, richtet, schränkt sich auf

sten Privatdruckerey in St. Petersburg zur Sprache ge-
bracht (denn die mit Staatsdepartements oder wissen-
schaftlichen Instituten verbundenen Druckereyen haben
Censoren aus ihrem eigenen Mittel und damals dahin
entschieden, daß es keiner Censur bedürfe, daß aber Ver-
fasser und Drucker, wie sich's gehört, für etwannige Ue-
bertretungen der Landesgesetze verantwortlich seyn soll-
ten.

aber das edle Vertrauen auf die Menſchheit,
mit welcher ſie dies bewilligte, ward, wie uͤber-
all, gemißbraucht, und der Erfolg bewies, daß
der verſchiedene Gang der Voͤlker zur Ausbil-
dung auch unterſchiedene Maaßregeln zu ſeiner
Leitung beduͤrfe. Eine Nation, bey welcher
das Gefuͤhl ihrer Kraͤfte erwacht, und die in
den erſten Beſtrebungen, dieſe zu brauchen,
leicht irre gefuͤhrt werden kann, mag einer vor-
bildlichen Richtung nicht entbehren, mit deren
Huͤlfe ſie leiſen feſten Tritts und ohne gewalt-
ſame Konvulſionen zum Ziele gelangt.

Jetzt ſind alle Schriften die in freyen oder
Privatdruckereyen gedruckt werden, der Cen-
ſur unterworfen, welche das Polizeyamt be-
ſorgt. Die Vorſchrift, nach welcher man ſich,
ſo viel bekannt iſt, richtet, ſchraͤnkt ſich auf

ſten Privatdruckerey in St. Petersburg zur Sprache ge-
bracht (denn die mit Staatsdepartements oder wiſſen-
ſchaftlichen Inſtituten verbundenen Druckereyen haben
Cenſoren aus ihrem eigenen Mittel und damals dahin
entſchieden, daß es keiner Cenſur bedürfe, daß aber Ver-
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[154/0170] aber das edle Vertrauen auf die Menſchheit, mit welcher ſie dies bewilligte, ward, wie uͤber- all, gemißbraucht, und der Erfolg bewies, daß der verſchiedene Gang der Voͤlker zur Ausbil- dung auch unterſchiedene Maaßregeln zu ſeiner Leitung beduͤrfe. Eine Nation, bey welcher das Gefuͤhl ihrer Kraͤfte erwacht, und die in den erſten Beſtrebungen, dieſe zu brauchen, leicht irre gefuͤhrt werden kann, mag einer vor- bildlichen Richtung nicht entbehren, mit deren Huͤlfe ſie leiſen feſten Tritts und ohne gewalt- ſame Konvulſionen zum Ziele gelangt. Jetzt ſind alle Schriften die in freyen oder Privatdruckereyen gedruckt werden, der Cen- ſur unterworfen, welche das Polizeyamt be- ſorgt. Die Vorſchrift, nach welcher man ſich, ſo viel bekannt iſt, richtet, ſchraͤnkt ſich auf *) *) ſten Privatdruckerey in St. Petersburg zur Sprache ge- bracht (denn die mit Staatsdepartements oder wiſſen- ſchaftlichen Inſtituten verbundenen Druckereyen haben Cenſoren aus ihrem eigenen Mittel und damals dahin entſchieden, daß es keiner Cenſur bedürfe, daß aber Ver- faſſer und Drucker, wie ſich’s gehört, für etwannige Ue- bertretungen der Landesgeſetze verantwortlich ſeyn ſoll- ten.

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/170>, abgerufen am 27.04.2024.