Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.und der markigten Substanz, in denen Ruysch *) Um seine anatomischen, wirklichen oder vermeyn-
ten, Entdeckungen zu bewähren, sah sich Ruysch genö- thigt, die höchste Kunst bei seinen Präparationen anzu- wenden. Diese Bemühung führte ihn immer weiter und brachte ihn auch auf die Erfindung einer neuen und voll- kommnern Art, todte Körper einzubalsamiren. Die Auf- opferungen, die ihm diese unbeschreiblich mühsamen und gefährlichen Arbeiten gekostet haben, schildert er selbst in einem Briefe, den er in Betreff des Verkaufs seiner Sammlung nach Rußland schrieb. "Glauben Sie nicht, sagt er darinn, daß ich das alles so leicht entdeckt habe. Ich bin alle Morgen um vier Uhr aufgestanden, ich habe alle meine Einkünfte darauf verwendet, und oft verzwei- felte ich, damit zu Stande zu kommen. Ich habe einige tausend Kadaver bearbeitet, und nicht nur frische, son- dern auch solche die schon von Würmern gefressen wur- den, wodurch ich mir gefährliche Krankheiten zugezogen habe. Fast mein ganzes Leben ist diesen Untersuchungen aufgeopfert gewesen, an den Freuden der Welt habe ich keinen Theil genommen, und noch jetzt arbeite ich Tag und Nacht." Bacmeister, essai sur la bibliotheque &c. p. 151. -- Das Beispiel dieses Mannes beweißt, zu wel- chen Aufopferungen die Liebe zu den Wissenschaften ver- mögen kann; ein Veweis, der unter den Zeitgenossen von Tage zu Tage seltner zu werden anfängt. und der markigten Subſtanz, in denen Ruyſch *) Um ſeine anatomiſchen, wirklichen oder vermeyn-
ten, Entdeckungen zu bewähren, ſah ſich Ruyſch genö- thigt, die höchſte Kunſt bei ſeinen Präparationen anzu- wenden. Dieſe Bemühung führte ihn immer weiter und brachte ihn auch auf die Erfindung einer neuen und voll- kommnern Art, todte Körper einzubalſamiren. Die Auf- opferungen, die ihm dieſe unbeſchreiblich mühſamen und gefährlichen Arbeiten gekoſtet haben, ſchildert er ſelbſt in einem Briefe, den er in Betreff des Verkaufs ſeiner Sammlung nach Rußland ſchrieb. „Glauben Sie nicht, ſagt er darinn, daß ich das alles ſo leicht entdeckt habe. Ich bin alle Morgen um vier Uhr aufgeſtanden, ich habe alle meine Einkünfte darauf verwendet, und oft verzwei- felte ich, damit zu Stande zu kommen. Ich habe einige tauſend Kadaver bearbeitet, und nicht nur friſche, ſon- dern auch ſolche die ſchon von Würmern gefreſſen wur- den, wodurch ich mir gefährliche Krankheiten zugezogen habe. Faſt mein ganzes Leben iſt dieſen Unterſuchungen aufgeopfert geweſen, an den Freuden der Welt habe ich keinen Theil genommen, und noch jetzt arbeite ich Tag und Nacht.“ Bacmeister, essai sur la bibliotheque &c. p. 151. — Das Beiſpiel dieſes Mannes beweißt, zu wel- chen Aufopferungen die Liebe zu den Wiſſenſchaften ver- mögen kann; ein Veweis, der unter den Zeitgenoſſen von Tage zu Tage ſeltner zu werden anfängt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0140" n="124"/> und der markigten Subſtanz, in denen <hi rendition="#g">Ruyſch</hi><lb/> die Kunſt der Injektion zu der erſtaunenswuͤr-<lb/> digſten Vollkommenheit gebracht hat <note place="foot" n="*)">Um ſeine anatomiſchen, wirklichen oder vermeyn-<lb/> ten, Entdeckungen zu bewähren, ſah ſich <hi rendition="#g">Ruyſch</hi> genö-<lb/> thigt, die höchſte Kunſt bei ſeinen Präparationen anzu-<lb/> wenden. Dieſe Bemühung führte ihn immer weiter und<lb/> brachte ihn auch auf die Erfindung einer neuen und voll-<lb/> kommnern Art, todte Körper einzubalſamiren. Die Auf-<lb/> opferungen, die ihm dieſe unbeſchreiblich mühſamen und<lb/> gefährlichen Arbeiten gekoſtet haben, ſchildert er ſelbſt<lb/> in einem Briefe, den er in Betreff des Verkaufs ſeiner<lb/> Sammlung nach Rußland ſchrieb. „Glauben Sie nicht,<lb/> ſagt er darinn, daß ich das alles ſo leicht entdeckt habe.<lb/> Ich bin alle Morgen um vier Uhr aufgeſtanden, ich habe<lb/> alle meine Einkünfte darauf verwendet, und oft verzwei-<lb/> felte ich, damit zu Stande zu kommen. Ich habe einige<lb/> tauſend Kadaver bearbeitet, und nicht nur friſche, ſon-<lb/> dern auch ſolche die ſchon von Würmern gefreſſen wur-<lb/> den, wodurch ich mir gefährliche Krankheiten zugezogen<lb/> habe. Faſt mein ganzes Leben iſt dieſen Unterſuchungen<lb/> aufgeopfert geweſen, an den Freuden der Welt habe ich<lb/> keinen Theil genommen, und noch jetzt arbeite ich Tag<lb/> und Nacht.“ <hi rendition="#aq">Bacmeister, essai sur la bibliotheque &c.<lb/> p.</hi> 151. — Das Beiſpiel dieſes Mannes beweißt, zu wel-<lb/> chen Aufopferungen die Liebe zu den Wiſſenſchaften ver-<lb/> mögen kann; ein Veweis, der unter den Zeitgenoſſen von<lb/> Tage zu Tage ſeltner zu werden anfängt.</note>. Die<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0140]
und der markigten Subſtanz, in denen Ruyſch
die Kunſt der Injektion zu der erſtaunenswuͤr-
digſten Vollkommenheit gebracht hat *). Die
*) Um ſeine anatomiſchen, wirklichen oder vermeyn-
ten, Entdeckungen zu bewähren, ſah ſich Ruyſch genö-
thigt, die höchſte Kunſt bei ſeinen Präparationen anzu-
wenden. Dieſe Bemühung führte ihn immer weiter und
brachte ihn auch auf die Erfindung einer neuen und voll-
kommnern Art, todte Körper einzubalſamiren. Die Auf-
opferungen, die ihm dieſe unbeſchreiblich mühſamen und
gefährlichen Arbeiten gekoſtet haben, ſchildert er ſelbſt
in einem Briefe, den er in Betreff des Verkaufs ſeiner
Sammlung nach Rußland ſchrieb. „Glauben Sie nicht,
ſagt er darinn, daß ich das alles ſo leicht entdeckt habe.
Ich bin alle Morgen um vier Uhr aufgeſtanden, ich habe
alle meine Einkünfte darauf verwendet, und oft verzwei-
felte ich, damit zu Stande zu kommen. Ich habe einige
tauſend Kadaver bearbeitet, und nicht nur friſche, ſon-
dern auch ſolche die ſchon von Würmern gefreſſen wur-
den, wodurch ich mir gefährliche Krankheiten zugezogen
habe. Faſt mein ganzes Leben iſt dieſen Unterſuchungen
aufgeopfert geweſen, an den Freuden der Welt habe ich
keinen Theil genommen, und noch jetzt arbeite ich Tag
und Nacht.“ Bacmeister, essai sur la bibliotheque &c.
p. 151. — Das Beiſpiel dieſes Mannes beweißt, zu wel-
chen Aufopferungen die Liebe zu den Wiſſenſchaften ver-
mögen kann; ein Veweis, der unter den Zeitgenoſſen von
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