welche an diesem Unterricht Theil nehmen, werden auch besonders zur Handarbeit ange- führt. Die entlassenen Zöglinge aus dieser Klasse werden der Verbreitung einer gesitteten Lebensart in den untern Ständen sehr nützlich; sie verdrängen auch hier und da schon die Aus- länderinnen, welche bisher einzig und allein zur Erziehung in großen Häusern herbeygeru- fen wurden; aber ihr Schicksal ist ihnen nicht allemal günstig. Einer feinen Lebensart gewohnt, und durch ihre Ausbildung weit über ihre Angehörigen erhaben, können sie sich in dem Zirkel derselben nicht allemal glücklich fühlen; ein Umstand, der jedoch dadurch gemildert wird, daß sie, eben dieser Erziehung wegen, leichter verheyrathet werden. In diesem Fall erhalten sie von dem wohlthätigen Institut, welchem sie ihr moralisches Daseyn zu danken haben, eine Mitgabe von 100 Rubeln.
Die sechste und letzte Klasse der öffentli- chen Erziehungsanstalten begreift die Normal- und Volksschulen, deren Bestimmung durchaus allgemein ist. Die Residenz hatte im Jahr 1790 eine Oberschule, in wel- cher Physik, Naturgeschichte, Geometrie,
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welche an dieſem Unterricht Theil nehmen, werden auch beſonders zur Handarbeit ange- fuͤhrt. Die entlaſſenen Zoͤglinge aus dieſer Klaſſe werden der Verbreitung einer geſitteten Lebensart in den untern Staͤnden ſehr nuͤtzlich; ſie verdraͤngen auch hier und da ſchon die Aus- laͤnderinnen, welche bisher einzig und allein zur Erziehung in großen Haͤuſern herbeygeru- fen wurden; aber ihr Schickſal iſt ihnen nicht allemal guͤnſtig. Einer feinen Lebensart gewohnt, und durch ihre Ausbildung weit uͤber ihre Angehoͤrigen erhaben, koͤnnen ſie ſich in dem Zirkel derſelben nicht allemal gluͤcklich fuͤhlen; ein Umſtand, der jedoch dadurch gemildert wird, daß ſie, eben dieſer Erziehung wegen, leichter verheyrathet werden. In dieſem Fall erhalten ſie von dem wohlthaͤtigen Inſtitut, welchem ſie ihr moraliſches Daſeyn zu danken haben, eine Mitgabe von 100 Rubeln.
Die ſechſte und letzte Klaſſe der oͤffentli- chen Erziehungsanſtalten begreift die Normal- und Volksſchulen, deren Beſtimmung durchaus allgemein iſt. Die Reſidenz hatte im Jahr 1790 eine Oberſchule, in wel- cher Phyſik, Naturgeſchichte, Geometrie,
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welche an dieſem Unterricht Theil nehmen,
werden auch beſonders zur Handarbeit ange-
fuͤhrt. Die entlaſſenen Zoͤglinge aus dieſer
Klaſſe werden der Verbreitung einer geſitteten
Lebensart in den untern Staͤnden ſehr nuͤtzlich;
ſie verdraͤngen auch hier und da ſchon die Aus-
laͤnderinnen, welche bisher einzig und allein
zur Erziehung in großen Haͤuſern herbeygeru-
fen wurden; aber ihr Schickſal iſt ihnen nicht
allemal guͤnſtig. Einer feinen Lebensart gewohnt,
und durch ihre Ausbildung weit uͤber ihre
Angehoͤrigen erhaben, koͤnnen ſie ſich in dem
Zirkel derſelben nicht allemal gluͤcklich fuͤhlen;
ein Umſtand, der jedoch dadurch gemildert
wird, daß ſie, eben dieſer Erziehung wegen,
leichter verheyrathet werden. In dieſem Fall
erhalten ſie von dem wohlthaͤtigen Inſtitut,
welchem ſie ihr moraliſches Daſeyn zu danken
haben, eine Mitgabe von 100 Rubeln.
Die ſechſte und letzte Klaſſe der oͤffentli-
chen Erziehungsanſtalten begreift die Normal-
und Volksſchulen, deren Beſtimmung
durchaus allgemein iſt. Die Reſidenz hatte
im Jahr 1790 eine Oberſchule, in wel-
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/347>, abgerufen am 22.11.2024.
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