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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794.

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Grundsätzen, die sehr genau befolgt werden,
giebt es fast kein Mittel, die Faulen, Wider-
spenstigen, Unempfindlichen zur Besserung zu
zwingen, deren doch unter einer so großen An-
zahl nicht wenige seyn können. Da die Auf-
seher, wie gesagt, sämmtlich Leute von gutem
moralischen Karakter und einer gewissen Aus-
bildung sind, so bleibt den Kadets fast keine
Gelegenheit zur Verführung übrig. Sie wer-
den nur selten, auf die besondere Erlaubniß
des Chefs, nie ohne Begleitung, und nur auf
wenige Stunden des Sonntags aus dem Hau-
se gelassen, um ihre Eltern und Verwandten
zu besuchen, die sie jedoch im Korps selbst zu
sehen und zu sprechen öftere Gelegenheit haben.
Den Winter hindurch ist monatlich an einem
Sonntage öffentliche Assemblee, wobey das
ganze anständige Publikum zugelassen wird.
Die Kadets treten nach der Ordnung der Al-
ter paarweise unter kriegerischer Musik in den
Saal, wo sie durch Schranken von den Zu-
schauern abgesondert sind, mit welchen sie sich
zwar unterhalten dürfen, aber ohne Geld
oder Geschenke anzunehmen. Um ihnen eine
anständige Dreistigkeit einzuflößen, werden sie

Grundſaͤtzen, die ſehr genau befolgt werden,
giebt es faſt kein Mittel, die Faulen, Wider-
ſpenſtigen, Unempfindlichen zur Beſſerung zu
zwingen, deren doch unter einer ſo großen An-
zahl nicht wenige ſeyn koͤnnen. Da die Auf-
ſeher, wie geſagt, ſaͤmmtlich Leute von gutem
moraliſchen Karakter und einer gewiſſen Aus-
bildung ſind, ſo bleibt den Kadets faſt keine
Gelegenheit zur Verfuͤhrung uͤbrig. Sie wer-
den nur ſelten, auf die beſondere Erlaubniß
des Chefs, nie ohne Begleitung, und nur auf
wenige Stunden des Sonntags aus dem Hau-
ſe gelaſſen, um ihre Eltern und Verwandten
zu beſuchen, die ſie jedoch im Korps ſelbſt zu
ſehen und zu ſprechen oͤftere Gelegenheit haben.
Den Winter hindurch iſt monatlich an einem
Sonntage oͤffentliche Aſſemblee, wobey das
ganze anſtaͤndige Publikum zugelaſſen wird.
Die Kadets treten nach der Ordnung der Al-
ter paarweiſe unter kriegeriſcher Muſik in den
Saal, wo ſie durch Schranken von den Zu-
ſchauern abgeſondert ſind, mit welchen ſie ſich
zwar unterhalten duͤrfen, aber ohne Geld
oder Geſchenke anzunehmen. Um ihnen eine
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[290/0326] Grundſaͤtzen, die ſehr genau befolgt werden, giebt es faſt kein Mittel, die Faulen, Wider- ſpenſtigen, Unempfindlichen zur Beſſerung zu zwingen, deren doch unter einer ſo großen An- zahl nicht wenige ſeyn koͤnnen. Da die Auf- ſeher, wie geſagt, ſaͤmmtlich Leute von gutem moraliſchen Karakter und einer gewiſſen Aus- bildung ſind, ſo bleibt den Kadets faſt keine Gelegenheit zur Verfuͤhrung uͤbrig. Sie wer- den nur ſelten, auf die beſondere Erlaubniß des Chefs, nie ohne Begleitung, und nur auf wenige Stunden des Sonntags aus dem Hau- ſe gelaſſen, um ihre Eltern und Verwandten zu beſuchen, die ſie jedoch im Korps ſelbſt zu ſehen und zu ſprechen oͤftere Gelegenheit haben. Den Winter hindurch iſt monatlich an einem Sonntage oͤffentliche Aſſemblee, wobey das ganze anſtaͤndige Publikum zugelaſſen wird. Die Kadets treten nach der Ordnung der Al- ter paarweiſe unter kriegeriſcher Muſik in den Saal, wo ſie durch Schranken von den Zu- ſchauern abgeſondert ſind, mit welchen ſie ſich zwar unterhalten duͤrfen, aber ohne Geld oder Geſchenke anzunehmen. Um ihnen eine anſtaͤndige Dreiſtigkeit einzufloͤßen, werden ſie

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/326>, abgerufen am 25.11.2024.