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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794.

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ne Gabe zu beobachten, aufzuwiegen suchte.
So entstand ein früherer Versuch, der auf
seiner Reise zum Druckorte verloren gieng,
und den die berichtigte Einsicht des Ver-
fassers seinem unbekannten Schicksale mit
einer Gelassenheit überließ, die sich an den
rege gewordnen Wunsch kettete, etwas bes-
sers zu leisten. Drey Jahre unausgesetz-
ter Beobachtung waren dem ersten Versuch
gewidmet gewesen; ein ähnlicher Zeitraum
ist jetzt über der Vollendung des zweyten
verstrichen; und wenn die Horazische For-
derung bey der Erscheinung dieses Werks
noch nicht erfüllt wird, so ist das Uebel
weniger dem guten Willen des Verfassers,
als dem Ueberdruß zuzuschreiben, welcher
ihm natürlich aus einer so einförmigen Be-
schäfftigung entstehen mußte.

Der Verfasser könnte hier schweigen
und das Schicksal seines Buchs der alles
richtenden Zeit überlassen, die früh oder
spät ihr immer gerechtes Urtheil fällt.
Aber unter allen Vorwürfen die man den

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ne Gabe zu beobachten, aufzuwiegen ſuchte.
So entſtand ein fruͤherer Verſuch, der auf
ſeiner Reiſe zum Druckorte verloren gieng,
und den die berichtigte Einſicht des Ver-
faſſers ſeinem unbekannten Schickſale mit
einer Gelaſſenheit uͤberließ, die ſich an den
rege gewordnen Wunſch kettete, etwas beſ-
ſers zu leiſten. Drey Jahre unausgeſetz-
ter Beobachtung waren dem erſten Verſuch
gewidmet geweſen; ein aͤhnlicher Zeitraum
iſt jetzt uͤber der Vollendung des zweyten
verſtrichen; und wenn die Horaziſche For-
derung bey der Erſcheinung dieſes Werks
noch nicht erfuͤllt wird, ſo iſt das Uebel
weniger dem guten Willen des Verfaſſers,
als dem Ueberdruß zuzuſchreiben, welcher
ihm natuͤrlich aus einer ſo einfoͤrmigen Be-
ſchaͤfftigung entſtehen mußte.

Der Verfaſſer koͤnnte hier ſchweigen
und das Schickſal ſeines Buchs der alles
richtenden Zeit uͤberlaſſen, die fruͤh oder
ſpaͤt ihr immer gerechtes Urtheil faͤllt.
Aber unter allen Vorwuͤrfen die man den

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[IX/0019] ne Gabe zu beobachten, aufzuwiegen ſuchte. So entſtand ein fruͤherer Verſuch, der auf ſeiner Reiſe zum Druckorte verloren gieng, und den die berichtigte Einſicht des Ver- faſſers ſeinem unbekannten Schickſale mit einer Gelaſſenheit uͤberließ, die ſich an den rege gewordnen Wunſch kettete, etwas beſ- ſers zu leiſten. Drey Jahre unausgeſetz- ter Beobachtung waren dem erſten Verſuch gewidmet geweſen; ein aͤhnlicher Zeitraum iſt jetzt uͤber der Vollendung des zweyten verſtrichen; und wenn die Horaziſche For- derung bey der Erſcheinung dieſes Werks noch nicht erfuͤllt wird, ſo iſt das Uebel weniger dem guten Willen des Verfaſſers, als dem Ueberdruß zuzuſchreiben, welcher ihm natuͤrlich aus einer ſo einfoͤrmigen Be- ſchaͤfftigung entſtehen mußte. Der Verfaſſer koͤnnte hier ſchweigen und das Schickſal ſeines Buchs der alles richtenden Zeit uͤberlaſſen, die fruͤh oder ſpaͤt ihr immer gerechtes Urtheil faͤllt. Aber unter allen Vorwuͤrfen die man den * 5

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/19>, abgerufen am 28.03.2024.