Stolberg-Stolberg, Christian zu; Stolberg-Stolberg, Friedrich Leopold zu: Gedichte. Leipzig, 1779.Ach, die Blume des Liedes welkt Jn dem Kranze des Ruhms, wenn sie ein Sterb- licher Mit unheiligen Händen pflückt! Pflücket ihr sie für mich, daß nicht der silberne Sonnenstralende Morgenthau Jhr entträufle, sie nicht hangend gekräuselte Blätter senke der Erde zu! Euch soll künftig ein Hain blühender Stauden, euch Meine Quelle geweihet sein, Euch mein moosiges Dach, und die Bewohner der Stillen Hütte geweihet sein! Suchet ihr mir, und bald, unter den freundlichen Töchtern Deutschlands ein Mädchen aus, Blau die Augen, ihr Haar golden, und schlank ihr Wuchs, Sanft die Seele, den Augen gleich, Daß sie Priesterin sei eurem Altare, früh, Wenn ihr röthend die Sonne winkt, Jhr im leichten Gewand flattert die Morgenluft, Und im wallenden Schleierflor! Ach, die Blume des Liedes welkt Jn dem Kranze des Ruhms, wenn ſie ein Sterb- licher Mit unheiligen Haͤnden pfluͤckt! Pfluͤcket ihr ſie fuͤr mich, daß nicht der ſilberne Sonnenſtralende Morgenthau Jhr enttraͤufle, ſie nicht hangend gekraͤuſelte Blaͤtter ſenke der Erde zu! Euch ſoll kuͤnftig ein Hain bluͤhender Stauden, euch Meine Quelle geweihet ſein, Euch mein mooſiges Dach, und die Bewohner der Stillen Huͤtte geweihet ſein! Suchet ihr mir, und bald, unter den freundlichen Toͤchtern Deutſchlands ein Maͤdchen aus, Blau die Augen, ihr Haar golden, und ſchlank ihr Wuchs, Sanft die Seele, den Augen gleich, Daß ſie Prieſterin ſei eurem Altare, fruͤh, Wenn ihr roͤthend die Sonne winkt, Jhr im leichten Gewand flattert die Morgenluft, Und im wallenden Schleierflor! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0158" n="148"/> <l>Ach, die Blume des Liedes welkt</l><lb/> <l>Jn dem Kranze des Ruhms, wenn ſie ein Sterb-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">licher</hi> </l><lb/> <l>Mit unheiligen Haͤnden pfluͤckt!</l><lb/> <l>Pfluͤcket ihr ſie fuͤr mich, daß nicht der ſilberne</l><lb/> <l>Sonnenſtralende Morgenthau</l><lb/> <l>Jhr enttraͤufle, ſie nicht hangend gekraͤuſelte</l><lb/> <l>Blaͤtter ſenke der Erde zu!</l><lb/> <l>Euch ſoll kuͤnftig ein Hain bluͤhender Stauden,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">euch</hi> </l><lb/> <l>Meine Quelle geweihet ſein,</l><lb/> <l>Euch mein mooſiges Dach, und die Bewohner</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">der</hi> </l><lb/> <l>Stillen Huͤtte geweihet ſein!</l><lb/> <l>Suchet ihr mir, und bald, unter den freundlichen</l><lb/> <l>Toͤchtern Deutſchlands ein Maͤdchen aus,</l><lb/> <l>Blau die Augen, ihr Haar golden, und ſchlank</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ihr Wuchs,</hi> </l><lb/> <l>Sanft die Seele, den Augen gleich,</l><lb/> <l>Daß ſie Prieſterin ſei eurem Altare, fruͤh,</l><lb/> <l>Wenn ihr roͤthend die Sonne winkt,</l><lb/> <l>Jhr im leichten Gewand flattert die Morgenluft,</l><lb/> <l>Und im wallenden Schleierflor!</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [148/0158]
Ach, die Blume des Liedes welkt
Jn dem Kranze des Ruhms, wenn ſie ein Sterb-
licher
Mit unheiligen Haͤnden pfluͤckt!
Pfluͤcket ihr ſie fuͤr mich, daß nicht der ſilberne
Sonnenſtralende Morgenthau
Jhr enttraͤufle, ſie nicht hangend gekraͤuſelte
Blaͤtter ſenke der Erde zu!
Euch ſoll kuͤnftig ein Hain bluͤhender Stauden,
euch
Meine Quelle geweihet ſein,
Euch mein mooſiges Dach, und die Bewohner
der
Stillen Huͤtte geweihet ſein!
Suchet ihr mir, und bald, unter den freundlichen
Toͤchtern Deutſchlands ein Maͤdchen aus,
Blau die Augen, ihr Haar golden, und ſchlank
ihr Wuchs,
Sanft die Seele, den Augen gleich,
Daß ſie Prieſterin ſei eurem Altare, fruͤh,
Wenn ihr roͤthend die Sonne winkt,
Jhr im leichten Gewand flattert die Morgenluft,
Und im wallenden Schleierflor!
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