Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.Denn wenn ich eine Jungfer um einen Kuß will fragen, So wird sie höhnisch zu mir sagen: Geh hin und laß erst hobeln dich, Dann komm, dann bist du recht für mich. -- Den Namen möcht' ich werden los. -- Da merkt' ich gleich, was ihn verdroß, Und gab ihm darauf den Bescheid: Erwarte nur die rechte Zeit; Und weiter sprach ich von den Sachen, Laß dich zum ehrlichen Gesellen machen. Ich selbst will dazu behülflich seyn, Zum Ehrenstand Mit meiner Hand. Dieses ist der Eingang seiner Predigt, die er nun in drei Mich hat die böse Welt betrogen Und mir die Kleidung ausgezogen, Die Räuber haben mich erwischt Und mein schönes Geld gefischt. Ich liebe nicht die Schwelgereyen, Das Frauenzimmer thu' ich scheuen, Den Teufeleien bin ich feind, Von allen Spielen gar kein Freund, Das Einz'ge, was mich kann erquicken Ist, mir etwas an Geld zu schicken etc. Denn wenn ich eine Jungfer um einen Kuß will fragen, So wird ſie höhniſch zu mir ſagen: Geh hin und laß erſt hobeln dich, Dann komm, dann biſt du recht für mich. — Den Namen möcht’ ich werden los. — Da merkt’ ich gleich, was ihn verdroß, Und gab ihm darauf den Beſcheid: Erwarte nur die rechte Zeit; Und weiter ſprach ich von den Sachen, Laß dich zum ehrlichen Geſellen machen. Ich ſelbſt will dazu behülflich ſeyn, Zum Ehrenſtand Mit meiner Hand. Dieſes iſt der Eingang ſeiner Predigt, die er nun in drei Mich hat die böſe Welt betrogen Und mir die Kleidung ausgezogen, Die Räuber haben mich erwiſcht Und mein ſchönes Geld gefiſcht. Ich liebe nicht die Schwelgereyen, Das Frauenzimmer thu’ ich ſcheuen, Den Teufeleien bin ich feind, Von allen Spielen gar kein Freund, Das Einz’ge, was mich kann erquicken Iſt, mir etwas an Geld zu ſchicken ꝛc. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0035" n="25"/> <l>Denn wenn ich eine Jungfer um einen Kuß will fragen,</l><lb/> <l>So wird ſie höhniſch zu mir ſagen:</l><lb/> <l>Geh hin und laß erſt hobeln dich,</l><lb/> <l>Dann komm, dann biſt du recht für mich.</l><lb/> <l>— Den Namen möcht’ ich werden los. —</l><lb/> <l>Da merkt’ ich gleich, was ihn verdroß,</l><lb/> <l>Und gab ihm darauf den Beſcheid:</l><lb/> <l>Erwarte nur die rechte Zeit;</l><lb/> <l>Und weiter ſprach ich von den Sachen,</l><lb/> <l>Laß dich zum ehrlichen Geſellen machen.</l><lb/> <l>Ich ſelbſt will dazu behülflich ſeyn,</l><lb/> <l>Zum Ehrenſtand</l><lb/> <l>Mit meiner Hand.</l> </lg><lb/> <p>Dieſes iſt der Eingang ſeiner Predigt, die er nun in drei<lb/> Theilen vorträgt. Der erſte handelt von der Erfindung der Tiſch-<lb/> lerkunſt, wobei der Baukunſt im Allgemeinen gedacht wird, und<lb/> enthält in Verſen aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts inter-<lb/> eſſante Stellen, die ſich auf den Vitruv baſiren. Der zweite<lb/> erzählt die Wanderſchaft eines lockern Tiſchlergeſellen höchſt ergötz-<lb/> lich. Der Dichter läßt den Burſchen halb Europa, und Deutſch-<lb/> land vom Belt bis zum Rhein flüchtig durchlaufen. Bei neun-<lb/> zehn Meiſtern in einem Vierteljahr verſucht er ſein Glück, aber<lb/> bei keinem will es ihm gefallen; ſo viel er geſehen und gehört<lb/> hat, ſo wenig Heil hat es ihm gebracht. Aus dem Oeſterreichi-<lb/> ſchen klagt er endlich ſeinem Vater:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Mich hat die böſe Welt betrogen</l><lb/> <l>Und mir die Kleidung ausgezogen,</l><lb/> <l>Die Räuber haben mich erwiſcht</l><lb/> <l>Und mein ſchönes Geld gefiſcht.</l><lb/> <l>Ich liebe nicht die Schwelgereyen,</l><lb/> <l>Das Frauenzimmer thu’ ich ſcheuen,</l><lb/> <l>Den Teufeleien bin ich feind,</l><lb/> <l>Von allen Spielen gar kein Freund,</l><lb/> <l>Das Einz’ge, was mich kann erquicken</l><lb/> <l>Iſt, mir etwas an Geld zu ſchicken ꝛc.</l> </lg><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0035]
Denn wenn ich eine Jungfer um einen Kuß will fragen,
So wird ſie höhniſch zu mir ſagen:
Geh hin und laß erſt hobeln dich,
Dann komm, dann biſt du recht für mich.
— Den Namen möcht’ ich werden los. —
Da merkt’ ich gleich, was ihn verdroß,
Und gab ihm darauf den Beſcheid:
Erwarte nur die rechte Zeit;
Und weiter ſprach ich von den Sachen,
Laß dich zum ehrlichen Geſellen machen.
Ich ſelbſt will dazu behülflich ſeyn,
Zum Ehrenſtand
Mit meiner Hand.
Dieſes iſt der Eingang ſeiner Predigt, die er nun in drei
Theilen vorträgt. Der erſte handelt von der Erfindung der Tiſch-
lerkunſt, wobei der Baukunſt im Allgemeinen gedacht wird, und
enthält in Verſen aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts inter-
eſſante Stellen, die ſich auf den Vitruv baſiren. Der zweite
erzählt die Wanderſchaft eines lockern Tiſchlergeſellen höchſt ergötz-
lich. Der Dichter läßt den Burſchen halb Europa, und Deutſch-
land vom Belt bis zum Rhein flüchtig durchlaufen. Bei neun-
zehn Meiſtern in einem Vierteljahr verſucht er ſein Glück, aber
bei keinem will es ihm gefallen; ſo viel er geſehen und gehört
hat, ſo wenig Heil hat es ihm gebracht. Aus dem Oeſterreichi-
ſchen klagt er endlich ſeinem Vater:
Mich hat die böſe Welt betrogen
Und mir die Kleidung ausgezogen,
Die Räuber haben mich erwiſcht
Und mein ſchönes Geld gefiſcht.
Ich liebe nicht die Schwelgereyen,
Das Frauenzimmer thu’ ich ſcheuen,
Den Teufeleien bin ich feind,
Von allen Spielen gar kein Freund,
Das Einz’ge, was mich kann erquicken
Iſt, mir etwas an Geld zu ſchicken ꝛc.
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Zitationshilfe: | Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844/35>, abgerufen am 16.07.2024. |