Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

stehen, verdient die Angriffe der Communisten und Proud'hons:
es ist unhaltbar, weil der bürgerliche Eigenthümer wahrhaft
nichts als ein Eigenthumsloser, ein überall Ausgeschlossener
ist. Statt daß ihm die Welt gehören könnte, gehört ihm nicht
einmal der armselige Punkt, auf welchem er sich herumdreht.
Proud'hon will nicht den proprietaire, sondern den pos¬
sesseur
oder usufruitier. *)Was heißt das? Er will, daß
der Boden nicht Einem gehöre; aber der Nutzen desselben --
und gestände man ihm auch nur den hundertsten Theil dieses
Nutzens, dieser Frucht, zu -- der ist ja doch sein Eigenthum,
mit welchem er nach Belieben schalten kann. Wer nur den
Nutzen eines Ackers hat, ist allerdings nicht der Eigenthümer
desselben; noch weniger, wer, wie Proud'hon will, von diesem
Nutzen so viel abgeben muß, als zu seinem Bedarf nicht noth¬
wendig erfordert wird; allein er ist der Eigenthümer des ihm
verbleibenden Antheils. Also negirt Proud'hon nur dieß und
jenes Eigenthum, nicht das Eigenthum. Wenn Wir den
Grundeigenthümern den Grund nicht länger lassen, sondern
Uns zueignen wollen, so vereinigen Wir Uns zu diesem Zwecke,
bilden einen Verein, eine societe, die sich zur Eigenthümerin
macht; glückt es Uns, so hören jene auf, Grundeigenthümer
zu sein. Und wie von Grund und Boden, so können Wir sie
noch aus manchem andern Eigenthum hinausjagen, um es zu
unserm Eigenthum zu machen, zum Eigenthum der --
Erobernden. Die Erobernden bilden eine Societät, die
man sich so groß denken kann, daß sie nach und nach die ganze
Menschheit umfaßt; aber auch die sogenannte Menschheit ist
als solche nur ein Gedanke (Spuk); ihre Wirklichkeit sind die

*) Z. B. Qu'est ce que propriete, p. 83.

ſtehen, verdient die Angriffe der Communiſten und Proud'hons:
es iſt unhaltbar, weil der bürgerliche Eigenthümer wahrhaft
nichts als ein Eigenthumsloſer, ein überall Ausgeſchloſſener
iſt. Statt daß ihm die Welt gehören könnte, gehört ihm nicht
einmal der armſelige Punkt, auf welchem er ſich herumdreht.
Proud'hon will nicht den propriétaire, ſondern den pos¬
sesseur
oder usufruitier. *)Was heißt das? Er will, daß
der Boden nicht Einem gehöre; aber der Nutzen deſſelben —
und geſtände man ihm auch nur den hundertſten Theil dieſes
Nutzens, dieſer Frucht, zu — der iſt ja doch ſein Eigenthum,
mit welchem er nach Belieben ſchalten kann. Wer nur den
Nutzen eines Ackers hat, iſt allerdings nicht der Eigenthümer
deſſelben; noch weniger, wer, wie Proud'hon will, von dieſem
Nutzen ſo viel abgeben muß, als zu ſeinem Bedarf nicht noth¬
wendig erfordert wird; allein er iſt der Eigenthümer des ihm
verbleibenden Antheils. Alſo negirt Proud'hon nur dieß und
jenes Eigenthum, nicht das Eigenthum. Wenn Wir den
Grundeigenthümern den Grund nicht länger laſſen, ſondern
Uns zueignen wollen, ſo vereinigen Wir Uns zu dieſem Zwecke,
bilden einen Verein, eine société, die ſich zur Eigenthümerin
macht; glückt es Uns, ſo hören jene auf, Grundeigenthümer
zu ſein. Und wie von Grund und Boden, ſo können Wir ſie
noch aus manchem andern Eigenthum hinausjagen, um es zu
unſerm Eigenthum zu machen, zum Eigenthum der —
Erobernden. Die Erobernden bilden eine Societät, die
man ſich ſo groß denken kann, daß ſie nach und nach die ganze
Menſchheit umfaßt; aber auch die ſogenannte Menſchheit iſt
als ſolche nur ein Gedanke (Spuk); ihre Wirklichkeit ſind die

*) Z. B. Qu'est ce que propriété, p. 83.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0337" n="329"/>
&#x017F;tehen, verdient die Angriffe der Communi&#x017F;ten und Proud'hons:<lb/>
es i&#x017F;t unhaltbar, weil der bürgerliche Eigenthümer wahrhaft<lb/>
nichts als ein Eigenthumslo&#x017F;er, ein überall <hi rendition="#g">Ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ener</hi><lb/>
i&#x017F;t. Statt daß ihm die Welt gehören könnte, gehört ihm nicht<lb/>
einmal der arm&#x017F;elige Punkt, auf welchem er &#x017F;ich herumdreht.<lb/>
Proud'hon will nicht den <hi rendition="#aq">propriétaire</hi>, &#x017F;ondern den <hi rendition="#aq">pos¬<lb/>
sesseur</hi> oder <hi rendition="#aq">usufruitier</hi>. <note place="foot" n="*)"><lb/>
Z. B. <hi rendition="#aq">Qu'est ce que propriété</hi>, <hi rendition="#aq">p</hi>. 83.</note>Was heißt das? Er will, daß<lb/>
der Boden nicht Einem gehöre; aber der Nutzen de&#x017F;&#x017F;elben &#x2014;<lb/>
und ge&#x017F;tände man ihm auch nur den hundert&#x017F;ten Theil die&#x017F;es<lb/>
Nutzens, die&#x017F;er Frucht, zu &#x2014; der i&#x017F;t ja doch &#x017F;ein Eigenthum,<lb/>
mit welchem er nach Belieben &#x017F;chalten kann. Wer nur den<lb/>
Nutzen eines Ackers hat, i&#x017F;t allerdings nicht der Eigenthümer<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben; noch weniger, wer, wie Proud'hon will, von die&#x017F;em<lb/>
Nutzen &#x017F;o viel abgeben muß, als zu &#x017F;einem Bedarf nicht noth¬<lb/>
wendig erfordert wird; allein er i&#x017F;t der Eigenthümer des ihm<lb/>
verbleibenden Antheils. Al&#x017F;o negirt Proud'hon nur dieß und<lb/>
jenes Eigenthum, nicht <hi rendition="#g">das</hi> Eigenthum. Wenn Wir den<lb/>
Grundeigenthümern den Grund nicht länger la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ondern<lb/><hi rendition="#g">Uns</hi> zueignen wollen, &#x017F;o vereinigen Wir Uns zu die&#x017F;em Zwecke,<lb/>
bilden einen Verein, eine <hi rendition="#aq">société</hi>, die <hi rendition="#g">&#x017F;ich</hi> zur Eigenthümerin<lb/>
macht; glückt es Uns, &#x017F;o hören jene auf, Grundeigenthümer<lb/>
zu &#x017F;ein. Und wie von Grund und Boden, &#x017F;o können Wir &#x017F;ie<lb/>
noch aus manchem andern Eigenthum hinausjagen, um es zu<lb/><hi rendition="#g">un&#x017F;erm</hi> Eigenthum zu machen, zum Eigenthum der &#x2014;<lb/><hi rendition="#g">Erobernden</hi>. Die Erobernden bilden eine Societät, die<lb/>
man &#x017F;ich &#x017F;o groß denken kann, daß &#x017F;ie nach und nach die ganze<lb/>
Men&#x017F;chheit umfaßt; aber auch die &#x017F;ogenannte Men&#x017F;chheit i&#x017F;t<lb/>
als &#x017F;olche nur ein Gedanke (Spuk); ihre Wirklichkeit &#x017F;ind die<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0337] ſtehen, verdient die Angriffe der Communiſten und Proud'hons: es iſt unhaltbar, weil der bürgerliche Eigenthümer wahrhaft nichts als ein Eigenthumsloſer, ein überall Ausgeſchloſſener iſt. Statt daß ihm die Welt gehören könnte, gehört ihm nicht einmal der armſelige Punkt, auf welchem er ſich herumdreht. Proud'hon will nicht den propriétaire, ſondern den pos¬ sesseur oder usufruitier. *)Was heißt das? Er will, daß der Boden nicht Einem gehöre; aber der Nutzen deſſelben — und geſtände man ihm auch nur den hundertſten Theil dieſes Nutzens, dieſer Frucht, zu — der iſt ja doch ſein Eigenthum, mit welchem er nach Belieben ſchalten kann. Wer nur den Nutzen eines Ackers hat, iſt allerdings nicht der Eigenthümer deſſelben; noch weniger, wer, wie Proud'hon will, von dieſem Nutzen ſo viel abgeben muß, als zu ſeinem Bedarf nicht noth¬ wendig erfordert wird; allein er iſt der Eigenthümer des ihm verbleibenden Antheils. Alſo negirt Proud'hon nur dieß und jenes Eigenthum, nicht das Eigenthum. Wenn Wir den Grundeigenthümern den Grund nicht länger laſſen, ſondern Uns zueignen wollen, ſo vereinigen Wir Uns zu dieſem Zwecke, bilden einen Verein, eine société, die ſich zur Eigenthümerin macht; glückt es Uns, ſo hören jene auf, Grundeigenthümer zu ſein. Und wie von Grund und Boden, ſo können Wir ſie noch aus manchem andern Eigenthum hinausjagen, um es zu unſerm Eigenthum zu machen, zum Eigenthum der — Erobernden. Die Erobernden bilden eine Societät, die man ſich ſo groß denken kann, daß ſie nach und nach die ganze Menſchheit umfaßt; aber auch die ſogenannte Menſchheit iſt als ſolche nur ein Gedanke (Spuk); ihre Wirklichkeit ſind die *) Z. B. Qu'est ce que propriété, p. 83.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/337
Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/337>, abgerufen am 27.11.2024.