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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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meine "Familie" bleibt Ihr doch der Gegenstand meiner Liebe
und Sorge; denn "die Familie" ist ein, heiliger Begriff, den
der Einzelne nie beleidigen darf. -- Und diese zu einem Ge¬
danken, einer Vorstellung, verinnerlichte und entsinnlichte Fa¬
milie gilt nun als das "Heilige", dessen Despotie noch, zehn¬
mal ärger ist, weil sie in meinem Gewissen rumort. Diese
Despotie wird nur gebrochen, wenn auch die vorgestellte
Familie Mir zu einem Nichts wird. Die christlichen Sätze¬
"Weib, was habe Ich mit Dir zu schaffen?" *)"Ich bin
kommen, den Menschen zu erregen wider seinen Vater und die
Tochter wider ihre Mutter" **)und andere werden von der
Verweisung auf die himmlische oder eigentliche Familie begleitet,
und bedeuten nicht mehr, als die Forderung des Staates,
bei einer Collision zwischen ihm und der Familie, seinen Ge¬
boten zu gehorchen.

Aehnlich, wie mit der Familie, verhält sich's mit der
Sittlichkeit. Von der Sitte sagt sich Mancher los, von der
Vorstellung "Sittlichkeit" sehr schwer. Die Sittlichkeit ist die
"Idee" der Sitte, ihre geistige Macht, ihre Macht über die
Gewissen: dagegen die Sitte zu materiell ist, um den Geist
zu beherrschen, und einen "geistigen" Menschen, einen soge¬
nannten Unabhängigen, einen "Freigeist" nicht fesselt.

Der Protestant mag es anstellen, wie er will, heilig bleibt
ihm doch die "heilige Schrift", das "Wort Gottes". Wem
dies nicht mehr "heilig" ist, der hat aufgehört ein -- Prote¬
stant zu sein. Hiermit bleibt ihm aber auch heilig, was in
ihr "verordnet" ist, die von Gott eingerichtete Obrigkeit u. s. w.

*) Joh. 2, 4.
**) Matth. 10, 35.

meine „Familie“ bleibt Ihr doch der Gegenſtand meiner Liebe
und Sorge; denn „die Familie“ iſt ein, heiliger Begriff, den
der Einzelne nie beleidigen darf. — Und dieſe zu einem Ge¬
danken, einer Vorſtellung, verinnerlichte und entſinnlichte Fa¬
milie gilt nun als das „Heilige“, deſſen Despotie noch, zehn¬
mal ärger iſt, weil ſie in meinem Gewiſſen rumort. Dieſe
Despotie wird nur gebrochen, wenn auch die vorgeſtellte
Familie Mir zu einem Nichts wird. Die chriſtlichen Sätze¬
„Weib, was habe Ich mit Dir zu ſchaffen?“ *)„Ich bin
kommen, den Menſchen zu erregen wider ſeinen Vater und die
Tochter wider ihre Mutter“ **)und andere werden von der
Verweiſung auf die himmliſche oder eigentliche Familie begleitet,
und bedeuten nicht mehr, als die Forderung des Staates,
bei einer Colliſion zwiſchen ihm und der Familie, ſeinen Ge¬
boten zu gehorchen.

Aehnlich, wie mit der Familie, verhält ſich's mit der
Sittlichkeit. Von der Sitte ſagt ſich Mancher los, von der
Vorſtellung „Sittlichkeit“ ſehr ſchwer. Die Sittlichkeit iſt die
„Idee“ der Sitte, ihre geiſtige Macht, ihre Macht über die
Gewiſſen: dagegen die Sitte zu materiell iſt, um den Geiſt
zu beherrſchen, und einen „geiſtigen“ Menſchen, einen ſoge¬
nannten Unabhängigen, einen „Freigeiſt“ nicht feſſelt.

Der Proteſtant mag es anſtellen, wie er will, heilig bleibt
ihm doch die „heilige Schrift“, das „Wort Gottes“. Wem
dies nicht mehr „heilig“ iſt, der hat aufgehört ein — Prote¬
ſtant zu ſein. Hiermit bleibt ihm aber auch heilig, was in
ihr „verordnet“ iſt, die von Gott eingerichtete Obrigkeit u. ſ. w.

*) Joh. 2, 4.
**) Matth. 10, 35.
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[116/0124] meine „Familie“ bleibt Ihr doch der Gegenſtand meiner Liebe und Sorge; denn „die Familie“ iſt ein, heiliger Begriff, den der Einzelne nie beleidigen darf. — Und dieſe zu einem Ge¬ danken, einer Vorſtellung, verinnerlichte und entſinnlichte Fa¬ milie gilt nun als das „Heilige“, deſſen Despotie noch, zehn¬ mal ärger iſt, weil ſie in meinem Gewiſſen rumort. Dieſe Despotie wird nur gebrochen, wenn auch die vorgeſtellte Familie Mir zu einem Nichts wird. Die chriſtlichen Sätze¬ „Weib, was habe Ich mit Dir zu ſchaffen?“ *)„Ich bin kommen, den Menſchen zu erregen wider ſeinen Vater und die Tochter wider ihre Mutter“ **)und andere werden von der Verweiſung auf die himmliſche oder eigentliche Familie begleitet, und bedeuten nicht mehr, als die Forderung des Staates, bei einer Colliſion zwiſchen ihm und der Familie, ſeinen Ge¬ boten zu gehorchen. Aehnlich, wie mit der Familie, verhält ſich's mit der Sittlichkeit. Von der Sitte ſagt ſich Mancher los, von der Vorſtellung „Sittlichkeit“ ſehr ſchwer. Die Sittlichkeit iſt die „Idee“ der Sitte, ihre geiſtige Macht, ihre Macht über die Gewiſſen: dagegen die Sitte zu materiell iſt, um den Geiſt zu beherrſchen, und einen „geiſtigen“ Menſchen, einen ſoge¬ nannten Unabhängigen, einen „Freigeiſt“ nicht feſſelt. Der Proteſtant mag es anſtellen, wie er will, heilig bleibt ihm doch die „heilige Schrift“, das „Wort Gottes“. Wem dies nicht mehr „heilig“ iſt, der hat aufgehört ein — Prote¬ ſtant zu ſein. Hiermit bleibt ihm aber auch heilig, was in ihr „verordnet“ iſt, die von Gott eingerichtete Obrigkeit u. ſ. w. *) Joh. 2, 4. **) Matth. 10, 35.

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/124>, abgerufen am 27.11.2024.