auf dasselbe hinaus, nämlich auf die Natur, welche Mir ein Recht giebt, d.h. auf die Geburt (und weiter die Erb¬ schaft u. s. w.). Ich bin als Mensch geboren ist gleich: Ich bin als Königssohn geboren. Der natürliche Mensch hat nur ein natürliches Recht, weil Macht, und natürliche Ansprüche: er hat Geburtsrecht und Geburtsansprüche. Die Natur aber kann Mich zu dem nicht berechtigen, d. h. befähigen oder ge¬ waltig machen, wozu Mich nur meine That berechtigt. Daß das Königskind sich über andere Kinder stellt, das ist schon seine That, die ihm den Vorzug sichert, und daß die anderen Kinder diese That billigen und anerkennen, das ist ihre That, die sie würdig macht -- Unterthanen zu sein.
Ob Mir die Natur ein Recht giebt, oder Gott, die Volks¬ wahl u. s. w., das ist Alles dasselbe fremde Recht, ist ein Recht, das Ich Mir nicht gebe oder nehme.
So sagen die Communisten: die gleiche Arbeit berechtige die Menschen zu gleichem Genusse. Früher warf man die Frage auf, ob nicht der "Tugendhafte" auf Erden "glücklich" sein müsse. Die Juden folgerten auch wirklich so: "Auf daß Dir's wohlgehe auf Erben." Nein, die gleiche Arbeit berech¬ tigt Dich nicht dazu, sondern der gleiche Genuß allein berech¬ tigt Dich zum gleichen Genuß. Genieße, so bist Du zum Genuß berechtigt. Hast Du aber gearbeitet und lässest Dir den Genuß entziehen, so -- "geschieht Dir Recht".
Wenn Ihr den Genuß nehmt, so ist er euer Recht; schmachtet Ihr hingegen nur darnach, ohne zuzugreifen, so bleibt er nach wie vor ein "wohlerworbenes Recht" derer, welche für den Genuß privilegirt sind. Er ist ihr Recht, wie er durch Zugreifen euer Recht würde.
auf daſſelbe hinaus, nämlich auf die Natur, welche Mir ein Recht giebt, d.h. auf die Geburt (und weiter die Erb¬ ſchaft u. ſ. w.). Ich bin als Menſch geboren iſt gleich: Ich bin als Königsſohn geboren. Der natürliche Menſch hat nur ein natürliches Recht, weil Macht, und natürliche Anſprüche: er hat Geburtsrecht und Geburtsanſprüche. Die Natur aber kann Mich zu dem nicht berechtigen, d. h. befähigen oder ge¬ waltig machen, wozu Mich nur meine That berechtigt. Daß das Königskind ſich über andere Kinder ſtellt, das iſt ſchon ſeine That, die ihm den Vorzug ſichert, und daß die anderen Kinder dieſe That billigen und anerkennen, das iſt ihre That, die ſie würdig macht — Unterthanen zu ſein.
Ob Mir die Natur ein Recht giebt, oder Gott, die Volks¬ wahl u. ſ. w., das iſt Alles daſſelbe fremde Recht, iſt ein Recht, das Ich Mir nicht gebe oder nehme.
So ſagen die Communiſten: die gleiche Arbeit berechtige die Menſchen zu gleichem Genuſſe. Früher warf man die Frage auf, ob nicht der „Tugendhafte“ auf Erden „glücklich“ ſein müſſe. Die Juden folgerten auch wirklich ſo: „Auf daß Dir's wohlgehe auf Erben.“ Nein, die gleiche Arbeit berech¬ tigt Dich nicht dazu, ſondern der gleiche Genuß allein berech¬ tigt Dich zum gleichen Genuß. Genieße, ſo biſt Du zum Genuß berechtigt. Haſt Du aber gearbeitet und läſſeſt Dir den Genuß entziehen, ſo — „geſchieht Dir Recht“.
Wenn Ihr den Genuß nehmt, ſo iſt er euer Recht; ſchmachtet Ihr hingegen nur darnach, ohne zuzugreifen, ſo bleibt er nach wie vor ein „wohlerworbenes Recht“ derer, welche für den Genuß privilegirt ſind. Er iſt ihr Recht, wie er durch Zugreifen euer Recht würde.
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auf daſſelbe hinaus, nämlich auf die Natur, welche Mir ein
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ſchaft u. ſ. w.). Ich bin als Menſch geboren iſt gleich: Ich
bin als Königsſohn geboren. Der natürliche Menſch hat nur
ein natürliches Recht, weil Macht, und natürliche Anſprüche:
er hat Geburtsrecht und Geburtsanſprüche. Die Natur aber
kann Mich zu dem nicht berechtigen, d. h. befähigen oder ge¬
waltig machen, wozu Mich nur meine That berechtigt. Daß
das Königskind ſich über andere Kinder ſtellt, das iſt ſchon
ſeine That, die ihm den Vorzug ſichert, und daß die anderen
Kinder dieſe That billigen und anerkennen, das iſt ihre That,
die ſie würdig macht — Unterthanen zu ſein.
Ob Mir die Natur ein Recht giebt, oder Gott, die Volks¬
wahl u. ſ. w., das iſt Alles daſſelbe fremde Recht, iſt ein
Recht, das Ich Mir nicht gebe oder nehme.
So ſagen die Communiſten: die gleiche Arbeit berechtige
die Menſchen zu gleichem Genuſſe. Früher warf man die
Frage auf, ob nicht der „Tugendhafte“ auf Erden „glücklich“
ſein müſſe. Die Juden folgerten auch wirklich ſo: „Auf daß
Dir's wohlgehe auf Erben.“ Nein, die gleiche Arbeit berech¬
tigt Dich nicht dazu, ſondern der gleiche Genuß allein berech¬
tigt Dich zum gleichen Genuß. Genieße, ſo biſt Du zum
Genuß berechtigt. Haſt Du aber gearbeitet und läſſeſt Dir
den Genuß entziehen, ſo — „geſchieht Dir Recht“.
Wenn Ihr den Genuß nehmt, ſo iſt er euer Recht;
ſchmachtet Ihr hingegen nur darnach, ohne zuzugreifen, ſo
bleibt er nach wie vor ein „wohlerworbenes Recht“ derer,
welche für den Genuß privilegirt ſind. Er iſt ihr Recht, wie
er durch Zugreifen euer Recht würde.
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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/258>, abgerufen am 30.11.2024.
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