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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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sagt ein Vierter; Wir kriegen dann nur einen neuen Herrn,
eine "herrschende Majorität"; vielmehr laßt Uns von der schreck¬
lichen Ungleichheit Uns befreien. -- O unselige Gleichheit,
höre Ich dein pöbelhaftes Gebrüll schon wieder! Wie hatte
Ich so schön noch eben von einem Paradiese der Freiheit
geträumt, und welche -- Frechheit und Zügellosigkeit erhebt
jetzt ihr wildes Geschrei! So klagt der Erste und rafft sich
auf, um das Schwert zu ergreifen gegen die "maßlose Frei¬
heit." Bald hören Wir nichts mehr als das Schwertergeklirr
der uneinigen Freiheitsträumer.

Der Freiheitsdrang lief zu jeder Zeit auf das Verlangen
nach einer bestimmten Freiheit hinaus, z. B. Glaubens¬
freiheit, d. h. der gläubige Mensch wollte frei und unabhängig
werden; wovon? etwa vom Glauben? nein! sondern von den
Glaubensinquisitoren. So jetzt "politische oder bürgerliche"
Freiheit. Der Bürger will frei werden, nicht vom Bürger¬
thum, sondern von Beamtenherrschaft, Fürstenwillkühr u. dergl.
Fürst Metternich sagte einmal, er habe "einen Weg gefunden,
der für alle Zukunft auf den Pfad der echten Freiheit zu lei¬
ten geeignet sei." Der Graf von Provence lief gerade zu der
Zeit aus Frankreich fort, als es sich dazu anließ, das "Reich
der Freiheit" zu stiften, und sagte: "Meine Gefangenschaft
war Mir unerträglich geworden, ich hatte nur Eine Leidenschaft:
das Verlangen nach -- Freiheit, Ich dachte nur an sie."

Der Drang nach einer bestimmten Freiheit schließt stets
die Absicht auf eine neue Herrschaft ein, wie denn die Re¬
volution zwar "ihren Vertheidigern das erhebende Gefühl geben
konnte, daß sie für die Freiheit kämpften", in Wahrheit aber
nur, weil man auf eine bestimmte Freiheit, darum auf eine
neue Herrschaft, die "Herrschaft des Gesetzes" ausging.

ſagt ein Vierter; Wir kriegen dann nur einen neuen Herrn,
eine „herrſchende Majorität“; vielmehr laßt Uns von der ſchreck¬
lichen Ungleichheit Uns befreien. — O unſelige Gleichheit,
höre Ich dein pöbelhaftes Gebrüll ſchon wieder! Wie hatte
Ich ſo ſchön noch eben von einem Paradieſe der Freiheit
geträumt, und welche — Frechheit und Zügelloſigkeit erhebt
jetzt ihr wildes Geſchrei! So klagt der Erſte und rafft ſich
auf, um das Schwert zu ergreifen gegen die „maßloſe Frei¬
heit.“ Bald hören Wir nichts mehr als das Schwertergeklirr
der uneinigen Freiheitsträumer.

Der Freiheitsdrang lief zu jeder Zeit auf das Verlangen
nach einer beſtimmten Freiheit hinaus, z. B. Glaubens¬
freiheit, d. h. der gläubige Menſch wollte frei und unabhängig
werden; wovon? etwa vom Glauben? nein! ſondern von den
Glaubensinquiſitoren. So jetzt „politiſche oder bürgerliche“
Freiheit. Der Bürger will frei werden, nicht vom Bürger¬
thum, ſondern von Beamtenherrſchaft, Fürſtenwillkühr u. dergl.
Fürſt Metternich ſagte einmal, er habe „einen Weg gefunden,
der für alle Zukunft auf den Pfad der echten Freiheit zu lei¬
ten geeignet ſei.“ Der Graf von Provence lief gerade zu der
Zeit aus Frankreich fort, als es ſich dazu anließ, das „Reich
der Freiheit“ zu ſtiften, und ſagte: „Meine Gefangenſchaft
war Mir unerträglich geworden, ich hatte nur Eine Leidenſchaft:
das Verlangen nach — Freiheit, Ich dachte nur an ſie.“

Der Drang nach einer beſtimmten Freiheit ſchließt ſtets
die Abſicht auf eine neue Herrſchaft ein, wie denn die Re¬
volution zwar „ihren Vertheidigern das erhebende Gefühl geben
konnte, daß ſie für die Freiheit kämpften“, in Wahrheit aber
nur, weil man auf eine beſtimmte Freiheit, darum auf eine
neue Herrſchaft, die „Herrſchaft des Geſetzes“ ausging.

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[210/0218] ſagt ein Vierter; Wir kriegen dann nur einen neuen Herrn, eine „herrſchende Majorität“; vielmehr laßt Uns von der ſchreck¬ lichen Ungleichheit Uns befreien. — O unſelige Gleichheit, höre Ich dein pöbelhaftes Gebrüll ſchon wieder! Wie hatte Ich ſo ſchön noch eben von einem Paradieſe der Freiheit geträumt, und welche — Frechheit und Zügelloſigkeit erhebt jetzt ihr wildes Geſchrei! So klagt der Erſte und rafft ſich auf, um das Schwert zu ergreifen gegen die „maßloſe Frei¬ heit.“ Bald hören Wir nichts mehr als das Schwertergeklirr der uneinigen Freiheitsträumer. Der Freiheitsdrang lief zu jeder Zeit auf das Verlangen nach einer beſtimmten Freiheit hinaus, z. B. Glaubens¬ freiheit, d. h. der gläubige Menſch wollte frei und unabhängig werden; wovon? etwa vom Glauben? nein! ſondern von den Glaubensinquiſitoren. So jetzt „politiſche oder bürgerliche“ Freiheit. Der Bürger will frei werden, nicht vom Bürger¬ thum, ſondern von Beamtenherrſchaft, Fürſtenwillkühr u. dergl. Fürſt Metternich ſagte einmal, er habe „einen Weg gefunden, der für alle Zukunft auf den Pfad der echten Freiheit zu lei¬ ten geeignet ſei.“ Der Graf von Provence lief gerade zu der Zeit aus Frankreich fort, als es ſich dazu anließ, das „Reich der Freiheit“ zu ſtiften, und ſagte: „Meine Gefangenſchaft war Mir unerträglich geworden, ich hatte nur Eine Leidenſchaft: das Verlangen nach — Freiheit, Ich dachte nur an ſie.“ Der Drang nach einer beſtimmten Freiheit ſchließt ſtets die Abſicht auf eine neue Herrſchaft ein, wie denn die Re¬ volution zwar „ihren Vertheidigern das erhebende Gefühl geben konnte, daß ſie für die Freiheit kämpften“, in Wahrheit aber nur, weil man auf eine beſtimmte Freiheit, darum auf eine neue Herrſchaft, die „Herrſchaft des Geſetzes“ ausging.

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/218>, abgerufen am 26.11.2024.