unermeßliche Anstrengung, von der die Kinder nicht einmal gewußt hatten, wie groß sie gewesen sei, ließ ihnen das Sizen süß unsäglich süß erscheinen, und sie gaben sich hin.
Jezt machte sich aber auch der Hunger gelten. Beide nahmen fast zu gleicher Zeit ihre Brode aus den Taschen, und aßen sie. Sie aßen auch die Dinge -- kleine Stükchen Kuchen Mandeln und Nüsse und andere Kleinigkeiten -- die die Großmutter ihnen in die Tasche gestekt hatte.
"Sanna, jezt müssen wir aber auch den Schnee von unsern Kleidern thun," sagte der Knabe, "daß wir nicht naß werden."
"Ja, Konrad," erwiederte Sanna.
Die Kinder gingen aus ihrem Häuschen, und zuerst reinigte Konrad das Schwesterlein von Schnee. Er nahm die Kleiderzipfel, schüttelte sie, nahm ihr den Hut ab, den er ihr aufgesezt hatte, entleerte ihn von Schnee, und was noch zurük geblieben war, das stäubte er mit einem Tuche ab. Dann entledigte er auch sich, so gut es ging, des auf ihm liegenden Schnees.
Der Schneefall hatte zu dieser Stunde ganz auf¬ gehört. Die Kinder spürten keine Floke.
Sie gingen wieder in die Steinhütte. und sezten
Stifter, Jugendschriften, II. 5
unermeßliche Anſtrengung, von der die Kinder nicht einmal gewußt hatten, wie groß ſie geweſen ſei, ließ ihnen das Sizen ſüß unſäglich ſüß erſcheinen, und ſie gaben ſich hin.
Jezt machte ſich aber auch der Hunger gelten. Beide nahmen faſt zu gleicher Zeit ihre Brode aus den Taſchen, und aßen ſie. Sie aßen auch die Dinge — kleine Stükchen Kuchen Mandeln und Nüſſe und andere Kleinigkeiten — die die Großmutter ihnen in die Taſche geſtekt hatte.
„Sanna, jezt müſſen wir aber auch den Schnee von unsern Kleidern thun,“ ſagte der Knabe, „daß wir nicht naß werden.“
„Ja, Konrad,“ erwiederte Sanna.
Die Kinder gingen aus ihrem Häuschen, und zuerſt reinigte Konrad das Schweſterlein von Schnee. Er nahm die Kleiderzipfel, ſchüttelte ſie, nahm ihr den Hut ab, den er ihr aufgeſezt hatte, entleerte ihn von Schnee, und was noch zurük geblieben war, das ſtäubte er mit einem Tuche ab. Dann entledigte er auch ſich, ſo gut es ging, des auf ihm liegenden Schnees.
Der Schneefall hatte zu dieſer Stunde ganz auf¬ gehört. Die Kinder ſpürten keine Floke.
Sie gingen wieder in die Steinhütte. und ſezten
Stifter, Jugendſchriften, II. 5
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unermeßliche Anſtrengung, von der die Kinder nicht
einmal gewußt hatten, wie groß ſie geweſen ſei, ließ
ihnen das Sizen ſüß unſäglich ſüß erſcheinen, und ſie
gaben ſich hin.
Jezt machte ſich aber auch der Hunger gelten.
Beide nahmen faſt zu gleicher Zeit ihre Brode aus
den Taſchen, und aßen ſie. Sie aßen auch die Dinge
— kleine Stükchen Kuchen Mandeln und Nüſſe und
andere Kleinigkeiten — die die Großmutter ihnen in
die Taſche geſtekt hatte.
„Sanna, jezt müſſen wir aber auch den Schnee
von unsern Kleidern thun,“ ſagte der Knabe, „daß wir
nicht naß werden.“
„Ja, Konrad,“ erwiederte Sanna.
Die Kinder gingen aus ihrem Häuschen, und
zuerſt reinigte Konrad das Schweſterlein von Schnee.
Er nahm die Kleiderzipfel, ſchüttelte ſie, nahm ihr
den Hut ab, den er ihr aufgeſezt hatte, entleerte ihn
von Schnee, und was noch zurük geblieben war, das
ſtäubte er mit einem Tuche ab. Dann entledigte er
auch ſich, ſo gut es ging, des auf ihm liegenden
Schnees.
Der Schneefall hatte zu dieſer Stunde ganz auf¬
gehört. Die Kinder ſpürten keine Floke.
Sie gingen wieder in die Steinhütte. und ſezten
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/76>, abgerufen am 22.07.2024.
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