Es verdoppelte beinahe seine kleinen Schritte, um mit denen des dahinschreitenden Knaben gleich bleiben zu können.
Sie gingen nun rüstig in den Windungen fort, jezt von Abend nach Morgen, jezt von Morgen nach Abend. Der von der Großmutter vorausgesagte Wind stellte sich nicht ein, im Gegentheile war es so stille, daß sich nicht ein Ästchen oder Zweig rührte, ja sogar es schien im Walde wärmer, wie es in lokeren Kör¬ pern, dergleichen ein Wald auch ist, immer im Winter zu sein pflegt, und die Schneefloken fielen stets reich¬ licher, so daß der ganze Boden schon weiß war, daß der Wald sich grau zu bestäuben anfing, und daß auf dem Hute und den Kleidern des Knaben so wie auf denen des Mädchens der Schnee lag.
Die Freude der Kinder war sehr groß. Sie traten auf den weichen Flaum, suchten mit dem Fuße absicht¬ lich solche Stellen, wo er dichter zu liegen schien, um dorthin zu treten, und sich den Anschein zu geben, als wateten sie bereits. Sie schüttelten den Schnee nicht von den Kleidern ab.
Es war große Ruhe eingetreten. Von den Vö¬ geln, deren doch manche auch zuweilen im Winter in dem Walde hin und her fliegen, und von denen die Kinder im Herübergehen sogar mehrere zwitschern ge¬
Es verdoppelte beinahe ſeine kleinen Schritte, um mit denen des dahinſchreitenden Knaben gleich bleiben zu können.
Sie gingen nun rüſtig in den Windungen fort, jezt von Abend nach Morgen, jezt von Morgen nach Abend. Der von der Großmutter vorausgeſagte Wind ſtellte ſich nicht ein, im Gegentheile war es ſo ſtille, daß ſich nicht ein Äſtchen oder Zweig rührte, ja ſogar es ſchien im Walde wärmer, wie es in lokeren Kör¬ pern, dergleichen ein Wald auch iſt, immer im Winter zu ſein pflegt, und die Schneefloken fielen ſtets reich¬ licher, ſo daß der ganze Boden ſchon weiß war, daß der Wald ſich grau zu beſtäuben anfing, und daß auf dem Hute und den Kleidern des Knaben ſo wie auf denen des Mädchens der Schnee lag.
Die Freude der Kinder war ſehr groß. Sie traten auf den weichen Flaum, ſuchten mit dem Fuße abſicht¬ lich ſolche Stellen, wo er dichter zu liegen ſchien, um dorthin zu treten, und ſich den Anſchein zu geben, als wateten ſie bereits. Sie ſchüttelten den Schnee nicht von den Kleidern ab.
Es war große Ruhe eingetreten. Von den Vö¬ geln, deren doch manche auch zuweilen im Winter in dem Walde hin und her fliegen, und von denen die Kinder im Herübergehen ſogar mehrere zwitſchern ge¬
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Es verdoppelte beinahe ſeine kleinen Schritte, um
mit denen des dahinſchreitenden Knaben gleich bleiben
zu können.
Sie gingen nun rüſtig in den Windungen fort,
jezt von Abend nach Morgen, jezt von Morgen nach
Abend. Der von der Großmutter vorausgeſagte Wind
ſtellte ſich nicht ein, im Gegentheile war es ſo ſtille,
daß ſich nicht ein Äſtchen oder Zweig rührte, ja ſogar
es ſchien im Walde wärmer, wie es in lokeren Kör¬
pern, dergleichen ein Wald auch iſt, immer im Winter
zu ſein pflegt, und die Schneefloken fielen ſtets reich¬
licher, ſo daß der ganze Boden ſchon weiß war, daß
der Wald ſich grau zu beſtäuben anfing, und daß auf
dem Hute und den Kleidern des Knaben ſo wie auf
denen des Mädchens der Schnee lag.
Die Freude der Kinder war ſehr groß. Sie traten
auf den weichen Flaum, ſuchten mit dem Fuße abſicht¬
lich ſolche Stellen, wo er dichter zu liegen ſchien, um
dorthin zu treten, und ſich den Anſchein zu geben, als
wateten ſie bereits. Sie ſchüttelten den Schnee nicht
von den Kleidern ab.
Es war große Ruhe eingetreten. Von den Vö¬
geln, deren doch manche auch zuweilen im Winter in
dem Walde hin und her fliegen, und von denen die
Kinder im Herübergehen ſogar mehrere zwitſchern ge¬
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/56>, abgerufen am 22.07.2024.
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