nicht mehr zurük gelangt sein, und niemand weiß, wohin sie gerathen sind."
"Aber," sagte die Mutter, "wenn es schon unter den Völkern festgesezt ist, daß die Kriege durch die Armeen ausgefochten werden, so sollten die Bevöl¬ kerungen sich ruhig verhalten, und die Sache in die Hände des Heeres legen. Einen einzelnen Feind, der sich harmlos nähert, zu erschlagen, scheint mir ein sündlicher Mord zu sein."
"Sie nahen sich aber nicht harmlos," sagte der Schloßherr, "wie haben sie nur in ihrem eigenen Lande gewirthschaftet, sie haben ihre Landsleute er¬ würgt ersäuft erschossen enthauptet, weil sie ihnen verdächtig waren, oder den König liebten, und dann sind sie heraus gegangen, und wollten es bei uns auch so machen. Wir sollten gegen einander sein, und das Land in Zerwürfniß bringen daraus es kaum ent¬ rinnen könnte. Darum sollen wir sie verfolgen, ausrot¬ ten, vertilgen, wie wir nur können; und wenn sie dar¬ über zornig werden, und wüthen, so ist es nur desto bes¬ ser, damit die Menschen es nicht mehr ertragen können, sich zusammen thun, und sie aus dem Lande jagen, daß kein Huf und kein Helmbusch von ihnen mehr bei uns ist. Wenn morgen die Franzosen nachkommen können Dinge geschehen -- wer weiß, was geschieht."
nicht mehr zurük gelangt ſein, und niemand weiß, wohin ſie gerathen ſind.“
„Aber,“ ſagte die Mutter, „wenn es ſchon unter den Völkern feſtgeſezt iſt, daß die Kriege durch die Armeen ausgefochten werden, ſo ſollten die Bevöl¬ kerungen ſich ruhig verhalten, und die Sache in die Hände des Heeres legen. Einen einzelnen Feind, der ſich harmlos nähert, zu erſchlagen, ſcheint mir ein ſündlicher Mord zu ſein.“
„Sie nahen ſich aber nicht harmlos,“ ſagte der Schloßherr, „wie haben ſie nur in ihrem eigenen Lande gewirthſchaftet, ſie haben ihre Landsleute er¬ würgt erſäuft erſchoſſen enthauptet, weil ſie ihnen verdächtig waren, oder den König liebten, und dann ſind ſie heraus gegangen, und wollten es bei uns auch ſo machen. Wir ſollten gegen einander ſein, und das Land in Zerwürfniß bringen daraus es kaum ent¬ rinnen könnte. Darum ſollen wir ſie verfolgen, ausrot¬ ten, vertilgen, wie wir nur können; und wenn ſie dar¬ über zornig werden, und wüthen, ſo iſt es nur deſto beſ¬ ſer, damit die Menſchen es nicht mehr ertragen können, ſich zuſammen thun, und ſie aus dem Lande jagen, daß kein Huf und kein Helmbuſch von ihnen mehr bei uns iſt. Wenn morgen die Franzoſen nachkommen können Dinge geſchehen — wer weiß, was geſchieht.“
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nicht mehr zurük gelangt ſein, und niemand weiß,
wohin ſie gerathen ſind.“
„Aber,“ ſagte die Mutter, „wenn es ſchon unter
den Völkern feſtgeſezt iſt, daß die Kriege durch die
Armeen ausgefochten werden, ſo ſollten die Bevöl¬
kerungen ſich ruhig verhalten, und die Sache in die
Hände des Heeres legen. Einen einzelnen Feind, der
ſich harmlos nähert, zu erſchlagen, ſcheint mir ein
ſündlicher Mord zu ſein.“
„Sie nahen ſich aber nicht harmlos,“ ſagte der
Schloßherr, „wie haben ſie nur in ihrem eigenen
Lande gewirthſchaftet, ſie haben ihre Landsleute er¬
würgt erſäuft erſchoſſen enthauptet, weil ſie ihnen
verdächtig waren, oder den König liebten, und dann
ſind ſie heraus gegangen, und wollten es bei uns
auch ſo machen. Wir ſollten gegen einander ſein, und
das Land in Zerwürfniß bringen daraus es kaum ent¬
rinnen könnte. Darum ſollen wir ſie verfolgen, ausrot¬
ten, vertilgen, wie wir nur können; und wenn ſie dar¬
über zornig werden, und wüthen, ſo iſt es nur deſto beſ¬
ſer, damit die Menſchen es nicht mehr ertragen können,
ſich zuſammen thun, und ſie aus dem Lande jagen,
daß kein Huf und kein Helmbuſch von ihnen mehr bei
uns iſt. Wenn morgen die Franzoſen nachkommen
können Dinge geſchehen — wer weiß, was geſchieht.“
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/249>, abgerufen am 16.07.2024.
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