als sie sonst im Sommer hatten, that selbst wärmere Gewänder an, und führte sie auf den hohen Nußberg. Sie hatten ihre Haselruthen mit den Haken nicht mit, wie sie dieselben überhaupt nie mit nahmen, als wenn die Nüsse reif waren. Sie trugen nur ihre Körbchen am Arme. Sie gingen über die Sandlehne empor, sie gingen durch die Felsen und den Wald. Als sie über die graue Haide gingen, lief ihnen das braune Mädchen von weitem entgegen. Sie freuten sich, sie jubelten, sie liebkos'ten sich, und Braunköpf¬ chen schlang seine zwei Ärmlein um den Naken des braunen Mädchens, und hielt ihn fest.
Aber nicht blos an den Kindern war, während sie abwesend gewesen waren, eine Veränderung vorge¬ gangen, sondern auch das braune Mädchen hatte sich verändert. So wie man bei ihnen die Säume der Kleider hatte auflassen müssen, daß sie ihnen wieder recht wären, so waren dem braunen Mädchen seine grünen Höschen zu kurz geworden; es war größer und schlanker geworden, und ließ seine nakten Arme dicht an seinem Körper hinab hängen. Die vielen schwarzen Haare, die ihm immer abgeschoren waren, trug es jezt nicht mehr so, sondern es hatte auch Loken bis auf den Naken hinab, wie sie die Kinder bisher gehabt hatten.
als ſie ſonſt im Sommer hatten, that ſelbſt wärmere Gewänder an, und führte ſie auf den hohen Nußberg. Sie hatten ihre Haſelruthen mit den Haken nicht mit, wie ſie dieſelben überhaupt nie mit nahmen, als wenn die Nüſſe reif waren. Sie trugen nur ihre Körbchen am Arme. Sie gingen über die Sandlehne empor, ſie gingen durch die Felſen und den Wald. Als ſie über die graue Haide gingen, lief ihnen das braune Mädchen von weitem entgegen. Sie freuten ſich, ſie jubelten, ſie liebkoſ’ten ſich, und Braunköpf¬ chen ſchlang ſeine zwei Ärmlein um den Naken des braunen Mädchens, und hielt ihn feſt.
Aber nicht blos an den Kindern war, während ſie abweſend geweſen waren, eine Veränderung vorge¬ gangen, ſondern auch das braune Mädchen hatte ſich verändert. So wie man bei ihnen die Säume der Kleider hatte auflaſſen müſſen, daß ſie ihnen wieder recht wären, ſo waren dem braunen Mädchen ſeine grünen Höschen zu kurz geworden; es war größer und ſchlanker geworden, und ließ ſeine nakten Arme dicht an ſeinem Körper hinab hängen. Die vielen ſchwarzen Haare, die ihm immer abgeſchoren waren, trug es jezt nicht mehr ſo, ſondern es hatte auch Loken bis auf den Naken hinab, wie ſie die Kinder bisher gehabt hatten.
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als ſie ſonſt im Sommer hatten, that ſelbſt wärmere
Gewänder an, und führte ſie auf den hohen Nußberg.
Sie hatten ihre Haſelruthen mit den Haken nicht
mit, wie ſie dieſelben überhaupt nie mit nahmen, als
wenn die Nüſſe reif waren. Sie trugen nur ihre
Körbchen am Arme. Sie gingen über die Sandlehne
empor, ſie gingen durch die Felſen und den Wald.
Als ſie über die graue Haide gingen, lief ihnen das
braune Mädchen von weitem entgegen. Sie freuten
ſich, ſie jubelten, ſie liebkoſ’ten ſich, und Braunköpf¬
chen ſchlang ſeine zwei Ärmlein um den Naken des
braunen Mädchens, und hielt ihn feſt.
Aber nicht blos an den Kindern war, während ſie
abweſend geweſen waren, eine Veränderung vorge¬
gangen, ſondern auch das braune Mädchen hatte ſich
verändert. So wie man bei ihnen die Säume der
Kleider hatte auflaſſen müſſen, daß ſie ihnen wieder
recht wären, ſo waren dem braunen Mädchen ſeine
grünen Höschen zu kurz geworden; es war größer
und ſchlanker geworden, und ließ ſeine nakten Arme
dicht an ſeinem Körper hinab hängen. Die vielen
ſchwarzen Haare, die ihm immer abgeſchoren waren,
trug es jezt nicht mehr ſo, ſondern es hatte auch Loken
bis auf den Naken hinab, wie ſie die Kinder bisher
gehabt hatten.
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/173>, abgerufen am 13.05.2024.
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