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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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großes Ungemach über sie gekommen. Mein Großva¬
ter, dein Ururgroßvater, der zu damaliger Zeit gelebt
hat, hat es uns oft erzählt. Es war einmal in einem
Frühlinge, da die Bäume kaum ausgeschlagen hatten,
da die Blüthenblätter kaum abgefallen waren, daß
eine schwere Krankheit über diese Gegend kam, und
in allen Ortschaften, die du gesehen hast, und auch in
jenen, die du wegen vorstehender Berge nicht hast sehen
können, ja sogar in den Wäldern, die du mir gezeigt
hast, ausgebrochen ist. Sie ist lange vorher in ent¬
fernten Ländern gewesen, und hat dort unglaublich
viele Menschen dahin gerast. Plözlich ist sie zu uns
herein gekommen. Man weiß nicht, wie sie gekommen
ist: haben sie die Menschen gebracht, ist sie in der mil¬
den Frühlingsluft gekommen, oder haben sie Winde
und Regenwolken daher getragen: genug sie ist ge¬
kommen, und hat sich über alle Orte ausgebreitet, die
um uns herum liegen. Über die weißen Blüthenblät¬
ter, die noch auf dem Wege lagen, trug man die Tod¬
ten dahin, und in dem Kämmerlein, in das die Früh¬
lingsblätter hinein schauten, lag ein Kranker, und
es pflegte ihn einer, der selbst schon krankte. Die
Seuche wurde die Pest geheißen, und in fünf bis sechs
Stunden war der Mensch gesund und todt, und selbst
die, welche von dem Übel genasen, waren nicht mehr

großes Ungemach über ſie gekommen. Mein Großva¬
ter, dein Ururgroßvater, der zu damaliger Zeit gelebt
hat, hat es uns oft erzählt. Es war einmal in einem
Frühlinge, da die Bäume kaum ausgeſchlagen hatten,
da die Blüthenblätter kaum abgefallen waren, daß
eine ſchwere Krankheit über dieſe Gegend kam, und
in allen Ortſchaften, die du geſehen haſt, und auch in
jenen, die du wegen vorſtehender Berge nicht haſt ſehen
können, ja ſogar in den Wäldern, die du mir gezeigt
haſt, ausgebrochen iſt. Sie iſt lange vorher in ent¬
fernten Ländern geweſen, und hat dort unglaublich
viele Menſchen dahin geraſt. Plözlich iſt ſie zu uns
herein gekommen. Man weiß nicht, wie ſie gekommen
iſt: haben ſie die Menſchen gebracht, iſt ſie in der mil¬
den Frühlingsluft gekommen, oder haben ſie Winde
und Regenwolken daher getragen: genug ſie iſt ge¬
kommen, und hat ſich über alle Orte ausgebreitet, die
um uns herum liegen. Über die weißen Blüthenblät¬
ter, die noch auf dem Wege lagen, trug man die Tod¬
ten dahin, und in dem Kämmerlein, in das die Früh¬
lingsblätter hinein ſchauten, lag ein Kranker, und
es pflegte ihn einer, der ſelbſt ſchon krankte. Die
Seuche wurde die Peſt geheißen, und in fünf bis ſechs
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[41/0054] großes Ungemach über ſie gekommen. Mein Großva¬ ter, dein Ururgroßvater, der zu damaliger Zeit gelebt hat, hat es uns oft erzählt. Es war einmal in einem Frühlinge, da die Bäume kaum ausgeſchlagen hatten, da die Blüthenblätter kaum abgefallen waren, daß eine ſchwere Krankheit über dieſe Gegend kam, und in allen Ortſchaften, die du geſehen haſt, und auch in jenen, die du wegen vorſtehender Berge nicht haſt ſehen können, ja ſogar in den Wäldern, die du mir gezeigt haſt, ausgebrochen iſt. Sie iſt lange vorher in ent¬ fernten Ländern geweſen, und hat dort unglaublich viele Menſchen dahin geraſt. Plözlich iſt ſie zu uns herein gekommen. Man weiß nicht, wie ſie gekommen iſt: haben ſie die Menſchen gebracht, iſt ſie in der mil¬ den Frühlingsluft gekommen, oder haben ſie Winde und Regenwolken daher getragen: genug ſie iſt ge¬ kommen, und hat ſich über alle Orte ausgebreitet, die um uns herum liegen. Über die weißen Blüthenblät¬ ter, die noch auf dem Wege lagen, trug man die Tod¬ ten dahin, und in dem Kämmerlein, in das die Früh¬ lingsblätter hinein ſchauten, lag ein Kranker, und es pflegte ihn einer, der ſelbſt ſchon krankte. Die Seuche wurde die Peſt geheißen, und in fünf bis ſechs Stunden war der Menſch geſund und todt, und ſelbſt die, welche von dem Übel genaſen, waren nicht mehr

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/54>, abgerufen am 22.11.2024.