Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

sehen. Einige bükten sich und waren bemüht, ihre
Schuhe und Strümpfe wieder anzuziehen, andere
hielten sie noch in den Händen, sahen zu mir auf,
und redeten mit mir.

Ich fragte sie, woher sie kämen, und erhielt zur
Antwort, daß sie aus den Karhäusern und Steinhäu¬
sern seien, und daß sie in die Schule in das Kar
gehen.

Als ich sie fragte, warum sie auf dem Stege zu¬
sammen gewartet hätten, und nicht einzeln wie sie ge¬
kommen wären, in das Wasser gestiegen seien, sagten
sie, weil die Eltern befohlen hätten, sie sollten sehr
vorsichtig sein, und nicht allein sondern alle zusammen
in das Wasser gehen, wenn ein solches jenseits des
Steges auf der Zirderwiese sei.

"Wenn aber das Wasser auf der Wiese so tief
wäre, daß es über das Haupt eines großen Menschen
hinaus ginge?" fragte ich.

"So kehren wir wieder um," antworteten sie.

"Wenn aber erst das Wasser mit Gewalt daher
käme, wenn ihr bereits über den Steg gegangen wä¬
ret, und euch auf der Wiese befändet, was thätet
ihr dann?"

"Das wissen wir nicht."

Ich fragte sie, wie lange sie von den Steinhäusern

ſehen. Einige bükten ſich und waren bemüht, ihre
Schuhe und Strümpfe wieder anzuziehen, andere
hielten ſie noch in den Händen, ſahen zu mir auf,
und redeten mit mir.

Ich fragte ſie, woher ſie kämen, und erhielt zur
Antwort, daß ſie aus den Karhäuſern und Steinhäu¬
ſern ſeien, und daß ſie in die Schule in das Kar
gehen.

Als ich ſie fragte, warum ſie auf dem Stege zu¬
ſammen gewartet hätten, und nicht einzeln wie ſie ge¬
kommen wären, in das Waſſer geſtiegen ſeien, ſagten
ſie, weil die Eltern befohlen hätten, ſie ſollten ſehr
vorſichtig ſein, und nicht allein ſondern alle zuſammen
in das Waſſer gehen, wenn ein ſolches jenſeits des
Steges auf der Zirderwieſe ſei.

„Wenn aber das Waſſer auf der Wieſe ſo tief
wäre, daß es über das Haupt eines großen Menſchen
hinaus ginge?“ fragte ich.

„So kehren wir wieder um,“ antworteten ſie.

„Wenn aber erſt das Waſſer mit Gewalt daher
käme, wenn ihr bereits über den Steg gegangen wä¬
ret, und euch auf der Wieſe befändet, was thätet
ihr dann?“

„Das wiſſen wir nicht.“

Ich fragte ſie, wie lange ſie von den Steinhäuſern

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0139" n="126"/>
&#x017F;ehen. Einige bükten &#x017F;ich und waren bemüht, ihre<lb/>
Schuhe und Strümpfe wieder anzuziehen, andere<lb/>
hielten &#x017F;ie noch in den Händen, &#x017F;ahen zu mir auf,<lb/>
und redeten mit mir.</p><lb/>
        <p>Ich fragte &#x017F;ie, woher &#x017F;ie kämen, und erhielt zur<lb/>
Antwort, daß &#x017F;ie aus den Karhäu&#x017F;ern und Steinhäu¬<lb/>
&#x017F;ern &#x017F;eien, und daß &#x017F;ie in die Schule in das Kar<lb/>
gehen.</p><lb/>
        <p>Als ich &#x017F;ie fragte, warum &#x017F;ie auf dem Stege zu¬<lb/>
&#x017F;ammen gewartet hätten, und nicht einzeln wie &#x017F;ie ge¬<lb/>
kommen wären, in das Wa&#x017F;&#x017F;er ge&#x017F;tiegen &#x017F;eien, &#x017F;agten<lb/>
&#x017F;ie, weil die Eltern befohlen hätten, &#x017F;ie &#x017F;ollten &#x017F;ehr<lb/>
vor&#x017F;ichtig &#x017F;ein, und nicht allein &#x017F;ondern alle zu&#x017F;ammen<lb/>
in das Wa&#x017F;&#x017F;er gehen, wenn ein &#x017F;olches jen&#x017F;eits des<lb/>
Steges auf der Zirderwie&#x017F;e &#x017F;ei.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn aber das Wa&#x017F;&#x017F;er auf der Wie&#x017F;e &#x017F;o tief<lb/>
wäre, daß es über das Haupt eines großen Men&#x017F;chen<lb/>
hinaus ginge?&#x201C; fragte ich.</p><lb/>
        <p>&#x201E;So kehren wir wieder um,&#x201C; antworteten &#x017F;ie.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn aber er&#x017F;t das Wa&#x017F;&#x017F;er mit Gewalt daher<lb/>
käme, wenn ihr bereits über den Steg gegangen wä¬<lb/>
ret, und euch auf der Wie&#x017F;e befändet, was thätet<lb/>
ihr dann?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das wi&#x017F;&#x017F;en wir nicht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Ich fragte &#x017F;ie, wie lange &#x017F;ie von den Steinhäu&#x017F;ern<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0139] ſehen. Einige bükten ſich und waren bemüht, ihre Schuhe und Strümpfe wieder anzuziehen, andere hielten ſie noch in den Händen, ſahen zu mir auf, und redeten mit mir. Ich fragte ſie, woher ſie kämen, und erhielt zur Antwort, daß ſie aus den Karhäuſern und Steinhäu¬ ſern ſeien, und daß ſie in die Schule in das Kar gehen. Als ich ſie fragte, warum ſie auf dem Stege zu¬ ſammen gewartet hätten, und nicht einzeln wie ſie ge¬ kommen wären, in das Waſſer geſtiegen ſeien, ſagten ſie, weil die Eltern befohlen hätten, ſie ſollten ſehr vorſichtig ſein, und nicht allein ſondern alle zuſammen in das Waſſer gehen, wenn ein ſolches jenſeits des Steges auf der Zirderwieſe ſei. „Wenn aber das Waſſer auf der Wieſe ſo tief wäre, daß es über das Haupt eines großen Menſchen hinaus ginge?“ fragte ich. „So kehren wir wieder um,“ antworteten ſie. „Wenn aber erſt das Waſſer mit Gewalt daher käme, wenn ihr bereits über den Steg gegangen wä¬ ret, und euch auf der Wieſe befändet, was thätet ihr dann?“ „Das wiſſen wir nicht.“ Ich fragte ſie, wie lange ſie von den Steinhäuſern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/139
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/139>, abgerufen am 05.05.2024.