Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

gekommen waren, dukten sie sich nieder, gleichsam
wie ein Schwarm Vögel, der durch die Luft geflogen
kömmt, und an einer kleinen Stelle einfällt, und ich
konnte unschwer wahrnehmen, daß sie sämmtlich
damit beschäftiget waren, Schuhe und Strümpfe aus¬
zuziehen.

Als sie damit fertig waren, ging ein Knabe über
den Steg herab, und behutsam in das Wasser. Ihm
folgten die andern. Sie nahmen auf ihre Höschen
keine Rüksicht, sondern gingen damit tief in das Was¬
ser, und die Rökchen der Mädchen schwammen um
ihre Füsse in dem Wasser herum. Zu meinem Erstau¬
nen erblikte ich jezt auch mitten im Wasser eine grö¬
ßere schwarze Gestalt, die niemand anderer als der
arme Pfarrer im Kar war. Er stand fast bis auf die
Hüften im Wasser. Ich hatte ihn früher nicht gese¬
hen, und auch nicht wahrgenommen, wie er hinein
gekommen war, weil ich mit meinen Augen immer
weiterhin gegen den Steg geblikt hatte, und sie erst
jezt mehr nach vorn richtete, wie die Kinder gegen
meinen Standpunkt heran schritten. Alle Kinder gin¬
gen gegen den Pfarrer zu, und nachdem sie eine Weile
bei ihm verweilt und mit ihm gesprochen hatten, tra¬
ten sie den Weg gegen das Ufer an, an dem ich stand.
Da sie ungleich vorsichtig auftraten, so zerstreuten sie

gekommen waren, dukten ſie ſich nieder, gleichſam
wie ein Schwarm Vögel, der durch die Luft geflogen
kömmt, und an einer kleinen Stelle einfällt, und ich
konnte unſchwer wahrnehmen, daß ſie ſämmtlich
damit beſchäftiget waren, Schuhe und Strümpfe aus¬
zuziehen.

Als ſie damit fertig waren, ging ein Knabe über
den Steg herab, und behutſam in das Waſſer. Ihm
folgten die andern. Sie nahmen auf ihre Höschen
keine Rükſicht, ſondern gingen damit tief in das Waſ¬
ſer, und die Rökchen der Mädchen ſchwammen um
ihre Füſſe in dem Waſſer herum. Zu meinem Erſtau¬
nen erblikte ich jezt auch mitten im Waſſer eine grö¬
ßere ſchwarze Geſtalt, die niemand anderer als der
arme Pfarrer im Kar war. Er ſtand faſt bis auf die
Hüften im Waſſer. Ich hatte ihn früher nicht geſe¬
hen, und auch nicht wahrgenommen, wie er hinein
gekommen war, weil ich mit meinen Augen immer
weiterhin gegen den Steg geblikt hatte, und ſie erſt
jezt mehr nach vorn richtete, wie die Kinder gegen
meinen Standpunkt heran ſchritten. Alle Kinder gin¬
gen gegen den Pfarrer zu, und nachdem ſie eine Weile
bei ihm verweilt und mit ihm geſprochen hatten, tra¬
ten ſie den Weg gegen das Ufer an, an dem ich ſtand.
Da ſie ungleich vorſichtig auftraten, ſo zerſtreuten ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0137" n="124"/>
gekommen waren, dukten &#x017F;ie &#x017F;ich nieder, gleich&#x017F;am<lb/>
wie ein Schwarm Vögel, der durch die Luft geflogen<lb/>
kömmt, und an einer kleinen Stelle einfällt, und ich<lb/>
konnte un&#x017F;chwer wahrnehmen, daß &#x017F;ie &#x017F;ämmtlich<lb/>
damit be&#x017F;chäftiget waren, Schuhe und Strümpfe aus¬<lb/>
zuziehen.</p><lb/>
        <p>Als &#x017F;ie damit fertig waren, ging ein Knabe über<lb/>
den Steg herab, und behut&#x017F;am in das Wa&#x017F;&#x017F;er. Ihm<lb/>
folgten die andern. Sie nahmen auf ihre Höschen<lb/>
keine Rük&#x017F;icht, &#x017F;ondern gingen damit tief in das Wa&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;er, und die Rökchen der Mädchen &#x017F;chwammen um<lb/>
ihre Fü&#x017F;&#x017F;e in dem Wa&#x017F;&#x017F;er herum. Zu meinem Er&#x017F;tau¬<lb/>
nen erblikte ich jezt auch mitten im Wa&#x017F;&#x017F;er eine grö¬<lb/>
ßere &#x017F;chwarze Ge&#x017F;talt, die niemand anderer als der<lb/>
arme Pfarrer im Kar war. Er &#x017F;tand fa&#x017F;t bis auf die<lb/>
Hüften im Wa&#x017F;&#x017F;er. Ich hatte ihn früher nicht ge&#x017F;<lb/>
hen, und auch nicht wahrgenommen, wie er hinein<lb/>
gekommen war, weil ich mit meinen Augen immer<lb/>
weiterhin gegen den Steg geblikt hatte, und &#x017F;ie er&#x017F;t<lb/>
jezt mehr nach vorn richtete, wie die Kinder gegen<lb/>
meinen Standpunkt heran &#x017F;chritten. Alle Kinder gin¬<lb/>
gen gegen den Pfarrer zu, und nachdem &#x017F;ie eine Weile<lb/>
bei ihm verweilt und mit ihm ge&#x017F;prochen hatten, tra¬<lb/>
ten &#x017F;ie den Weg gegen das Ufer an, an dem ich &#x017F;tand.<lb/>
Da &#x017F;ie ungleich vor&#x017F;ichtig auftraten, &#x017F;o zer&#x017F;treuten &#x017F;ie<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0137] gekommen waren, dukten ſie ſich nieder, gleichſam wie ein Schwarm Vögel, der durch die Luft geflogen kömmt, und an einer kleinen Stelle einfällt, und ich konnte unſchwer wahrnehmen, daß ſie ſämmtlich damit beſchäftiget waren, Schuhe und Strümpfe aus¬ zuziehen. Als ſie damit fertig waren, ging ein Knabe über den Steg herab, und behutſam in das Waſſer. Ihm folgten die andern. Sie nahmen auf ihre Höschen keine Rükſicht, ſondern gingen damit tief in das Waſ¬ ſer, und die Rökchen der Mädchen ſchwammen um ihre Füſſe in dem Waſſer herum. Zu meinem Erſtau¬ nen erblikte ich jezt auch mitten im Waſſer eine grö¬ ßere ſchwarze Geſtalt, die niemand anderer als der arme Pfarrer im Kar war. Er ſtand faſt bis auf die Hüften im Waſſer. Ich hatte ihn früher nicht geſe¬ hen, und auch nicht wahrgenommen, wie er hinein gekommen war, weil ich mit meinen Augen immer weiterhin gegen den Steg geblikt hatte, und ſie erſt jezt mehr nach vorn richtete, wie die Kinder gegen meinen Standpunkt heran ſchritten. Alle Kinder gin¬ gen gegen den Pfarrer zu, und nachdem ſie eine Weile bei ihm verweilt und mit ihm geſprochen hatten, tra¬ ten ſie den Weg gegen das Ufer an, an dem ich ſtand. Da ſie ungleich vorſichtig auftraten, ſo zerſtreuten ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/137
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/137>, abgerufen am 04.05.2024.