Wir antworteten nichts auf diese Rede, weil uns ihr Inhalt so natürlich war, und folgten der Mutter aus dem Zimmer.
Der Vater harrte schon unser in dem Speisege¬ mache, und da jezt die Ursache meiner unvermutheten Nachhausekunft allen bekannt war, und keines sich dagegen erklärte, so sprachen wir nun unverholen gemeinschaftlich von der Angelegenheit. Die Eltern hegten die besten Erwartungen von dem neuen Bunde, und freuten sich der Übereinstimmung zwischen mir und der Schwester. Ich mußte ihnen nun, wie ich es schon gegen Klotilde gethan hatte, noch mehreres von Natalien erzählen, wie sie sei, was sie thue, wohin sich ihre Bildung neige, und wie sie ihre Jugend könne zugebracht haben. Auch von Mathilden und dem Sternenhofe so wie von dem Asperhofe und meinem Gastfreunde mußte ich noch Manches nachholen, was das Bild ergänzen sollte, welches sich die Meinigen von den dortigen Verhältnissen machten. Ich sagte ihnen auch, daß ein günstiges Geschick hier walte, da gerade Natalie jenes Mädchen gewesen sei, welches einmal bei der Aufführung des "König Lear" in einer Loge neben mir so ergriffen gewesen sei, welches mir großen Antheil eingeflößt, und mich, der ich den
Wir antworteten nichts auf dieſe Rede, weil uns ihr Inhalt ſo natürlich war, und folgten der Mutter aus dem Zimmer.
Der Vater harrte ſchon unſer in dem Speiſege¬ mache, und da jezt die Urſache meiner unvermutheten Nachhauſekunft allen bekannt war, und keines ſich dagegen erklärte, ſo ſprachen wir nun unverholen gemeinſchaftlich von der Angelegenheit. Die Eltern hegten die beſten Erwartungen von dem neuen Bunde, und freuten ſich der Übereinſtimmung zwiſchen mir und der Schweſter. Ich mußte ihnen nun, wie ich es ſchon gegen Klotilde gethan hatte, noch mehreres von Natalien erzählen, wie ſie ſei, was ſie thue, wohin ſich ihre Bildung neige, und wie ſie ihre Jugend könne zugebracht haben. Auch von Mathilden und dem Sternenhofe ſo wie von dem Asperhofe und meinem Gaſtfreunde mußte ich noch Manches nachholen, was das Bild ergänzen ſollte, welches ſich die Meinigen von den dortigen Verhältniſſen machten. Ich ſagte ihnen auch, daß ein günſtiges Geſchick hier walte, da gerade Natalie jenes Mädchen geweſen ſei, welches einmal bei der Aufführung des „König Lear“ in einer Loge neben mir ſo ergriffen geweſen ſei, welches mir großen Antheil eingeflößt, und mich, der ich den
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0066"n="52"/><p>Wir antworteten nichts auf dieſe Rede, weil uns<lb/>
ihr Inhalt ſo natürlich war, und folgten der Mutter<lb/>
aus dem Zimmer.</p><lb/><p>Der Vater harrte ſchon unſer in dem Speiſege¬<lb/>
mache, und da jezt die Urſache meiner unvermutheten<lb/>
Nachhauſekunft allen bekannt war, und keines ſich<lb/>
dagegen erklärte, ſo ſprachen wir nun unverholen<lb/>
gemeinſchaftlich von der Angelegenheit. Die Eltern<lb/>
hegten die beſten Erwartungen von dem neuen Bunde,<lb/>
und freuten ſich der Übereinſtimmung zwiſchen mir<lb/>
und der Schweſter. Ich mußte ihnen nun, wie ich es<lb/>ſchon gegen Klotilde gethan hatte, noch mehreres von<lb/>
Natalien erzählen, wie ſie ſei, was ſie thue, wohin<lb/>ſich ihre Bildung neige, und wie ſie ihre Jugend<lb/>
könne zugebracht haben. Auch von Mathilden und dem<lb/>
Sternenhofe ſo wie von dem Asperhofe und meinem<lb/>
Gaſtfreunde mußte ich noch Manches nachholen, was<lb/>
das Bild ergänzen ſollte, welches ſich die Meinigen<lb/>
von den dortigen Verhältniſſen machten. Ich ſagte<lb/>
ihnen auch, daß ein günſtiges Geſchick hier walte, da<lb/>
gerade Natalie jenes Mädchen geweſen ſei, welches<lb/>
einmal bei der Aufführung des „König Lear“ in einer<lb/>
Loge neben mir ſo ergriffen geweſen ſei, welches mir<lb/>
großen Antheil eingeflößt, und mich, der ich den<lb/></p></div></body></text></TEI>
[52/0066]
Wir antworteten nichts auf dieſe Rede, weil uns
ihr Inhalt ſo natürlich war, und folgten der Mutter
aus dem Zimmer.
Der Vater harrte ſchon unſer in dem Speiſege¬
mache, und da jezt die Urſache meiner unvermutheten
Nachhauſekunft allen bekannt war, und keines ſich
dagegen erklärte, ſo ſprachen wir nun unverholen
gemeinſchaftlich von der Angelegenheit. Die Eltern
hegten die beſten Erwartungen von dem neuen Bunde,
und freuten ſich der Übereinſtimmung zwiſchen mir
und der Schweſter. Ich mußte ihnen nun, wie ich es
ſchon gegen Klotilde gethan hatte, noch mehreres von
Natalien erzählen, wie ſie ſei, was ſie thue, wohin
ſich ihre Bildung neige, und wie ſie ihre Jugend
könne zugebracht haben. Auch von Mathilden und dem
Sternenhofe ſo wie von dem Asperhofe und meinem
Gaſtfreunde mußte ich noch Manches nachholen, was
das Bild ergänzen ſollte, welches ſich die Meinigen
von den dortigen Verhältniſſen machten. Ich ſagte
ihnen auch, daß ein günſtiges Geſchick hier walte, da
gerade Natalie jenes Mädchen geweſen ſei, welches
einmal bei der Aufführung des „König Lear“ in einer
Loge neben mir ſo ergriffen geweſen ſei, welches mir
großen Antheil eingeflößt, und mich, der ich den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/66>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.