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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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entzwei geschnitten, das Kästchen geöffnet, und auf
weißem Sammt lag ein außerordentlich schöner
Schmuck von Smaragden. Ein allgemeiner Ruf der
Verwunderung machte sich hörbar. Nicht nur waren
die Steine an sich, obwohl nicht zu den größten ihrer
Art gehörend, sehr schön, sondern die Fassung, die
Steine nicht drückend, war doch so leicht und so schön,
daß das Ganze wie ein zusammengehöriges in einan¬
der gewachsenes Werk wie ein wirkliches Kunstwerk
erschien. Selbst Eustach und Roland sprachen ihre
Bewunderung aus, und vollends Risach. Sie ver¬
sicherten, daß sie keine neue Arbeit gesehen hätten,
die dieser gliche.

"Dein Freund, mein Heinrich, hat diesen Schmuck
fertigen lassen," sagte mein Vater, "wir haben Sma¬
ragde gewählt, weil er eben sehr schöne und in erfor¬
derlicher Anzahl hatte, weil Smaragde unter allen
farbigen Steinen den Ton des weiblichen Halses und
Angesichtes am sanftesten heben, und weil du tief ge¬
färbte und reine Smaragde so liebst. Und alle hier sind
tief und rein. Wir haben gesucht, nach deinen Grund¬
säzen die Steine fassen zu lassen. Es sind viele Zeich¬
nungen gemacht gewählt verworfen und wieder ge¬
wählt worden. Es dürfte der beste Zeichner unserer

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entzwei geſchnitten, das Käſtchen geöffnet, und auf
weißem Sammt lag ein außerordentlich ſchöner
Schmuck von Smaragden. Ein allgemeiner Ruf der
Verwunderung machte ſich hörbar. Nicht nur waren
die Steine an ſich, obwohl nicht zu den größten ihrer
Art gehörend, ſehr ſchön, ſondern die Faſſung, die
Steine nicht drückend, war doch ſo leicht und ſo ſchön,
daß das Ganze wie ein zuſammengehöriges in einan¬
der gewachſenes Werk wie ein wirkliches Kunſtwerk
erſchien. Selbſt Euſtach und Roland ſprachen ihre
Bewunderung aus, und vollends Riſach. Sie ver¬
ſicherten, daß ſie keine neue Arbeit geſehen hätten,
die dieſer gliche.

„Dein Freund, mein Heinrich, hat dieſen Schmuck
fertigen laſſen,“ ſagte mein Vater, „wir haben Sma¬
ragde gewählt, weil er eben ſehr ſchöne und in erfor¬
derlicher Anzahl hatte, weil Smaragde unter allen
farbigen Steinen den Ton des weiblichen Halſes und
Angeſichtes am ſanfteſten heben, und weil du tief ge¬
färbte und reine Smaragde ſo liebſt. Und alle hier ſind
tief und rein. Wir haben geſucht, nach deinen Grund¬
ſäzen die Steine faſſen zu laſſen. Es ſind viele Zeich¬
nungen gemacht gewählt verworfen und wieder ge¬
wählt worden. Es dürfte der beſte Zeichner unſerer

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[419/0433] entzwei geſchnitten, das Käſtchen geöffnet, und auf weißem Sammt lag ein außerordentlich ſchöner Schmuck von Smaragden. Ein allgemeiner Ruf der Verwunderung machte ſich hörbar. Nicht nur waren die Steine an ſich, obwohl nicht zu den größten ihrer Art gehörend, ſehr ſchön, ſondern die Faſſung, die Steine nicht drückend, war doch ſo leicht und ſo ſchön, daß das Ganze wie ein zuſammengehöriges in einan¬ der gewachſenes Werk wie ein wirkliches Kunſtwerk erſchien. Selbſt Euſtach und Roland ſprachen ihre Bewunderung aus, und vollends Riſach. Sie ver¬ ſicherten, daß ſie keine neue Arbeit geſehen hätten, die dieſer gliche. „Dein Freund, mein Heinrich, hat dieſen Schmuck fertigen laſſen,“ ſagte mein Vater, „wir haben Sma¬ ragde gewählt, weil er eben ſehr ſchöne und in erfor¬ derlicher Anzahl hatte, weil Smaragde unter allen farbigen Steinen den Ton des weiblichen Halſes und Angeſichtes am ſanfteſten heben, und weil du tief ge¬ färbte und reine Smaragde ſo liebſt. Und alle hier ſind tief und rein. Wir haben geſucht, nach deinen Grund¬ ſäzen die Steine faſſen zu laſſen. Es ſind viele Zeich¬ nungen gemacht gewählt verworfen und wieder ge¬ wählt worden. Es dürfte der beſte Zeichner unſerer 27 *

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/433>, abgerufen am 25.11.2024.