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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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schien dieses Gefühl am tiefsten zu hegen, und die
Mutter freute sich dessen ungemein. Wir blieben hier
so lange, und vervollständigten unsere Vorbereitun¬
gen, daß wir zwei Tage vor der Vermählung in dem
Asperhofe eintreffen konnten. Mathilde und Natalie
waren schon anwesend, da wir ankamen. Wir be¬
grüßten uns herzlich. Alles war in einer gewissen
Spannung der Vorbereitungen. Ich konnte Natalien
oft nur auf einige Augenblicke sehen. Klotilde wurde
auch sofort hineingezogen. Botschaften kamen und
gingen ab, Gäste und Trauzeugen trafen ein. Ich
selber war in einer Art Beklemmung.

Am Nachmittage des ersten Tages fand ich ein¬
mal Mathilden meinen Gastfreund und Gustav im
Lindengange auf und ab wandeln. Ich gesellte mich
zu ihnen. Gustav verließ uns bald.

"Wir sprachen eben davon, daß mein Sohn sich
nun bald von hier entfernen, und in die Welt gehen
müsse," sagte Mathilde, "habt ihr ihn nach eurer Reise
nicht auch verändert gefunden?"

"Er ist ein vollkommner Jüngling geworden,"
erwiederte ich, "ich habe auf meinen Reisen keinen
gesehen, der ihm gleich wäre. Er war ein sehr kraft¬
voller Knabe, und ist auch ein solcher Jüngling ge¬

ſchien dieſes Gefühl am tiefſten zu hegen, und die
Mutter freute ſich deſſen ungemein. Wir blieben hier
ſo lange, und vervollſtändigten unſere Vorbereitun¬
gen, daß wir zwei Tage vor der Vermählung in dem
Asperhofe eintreffen konnten. Mathilde und Natalie
waren ſchon anweſend, da wir ankamen. Wir be¬
grüßten uns herzlich. Alles war in einer gewiſſen
Spannung der Vorbereitungen. Ich konnte Natalien
oft nur auf einige Augenblicke ſehen. Klotilde wurde
auch ſofort hineingezogen. Botſchaften kamen und
gingen ab, Gäſte und Trauzeugen trafen ein. Ich
ſelber war in einer Art Beklemmung.

Am Nachmittage des erſten Tages fand ich ein¬
mal Mathilden meinen Gaſtfreund und Guſtav im
Lindengange auf und ab wandeln. Ich geſellte mich
zu ihnen. Guſtav verließ uns bald.

„Wir ſprachen eben davon, daß mein Sohn ſich
nun bald von hier entfernen, und in die Welt gehen
müſſe,“ ſagte Mathilde, „habt ihr ihn nach eurer Reiſe
nicht auch verändert gefunden?“

„Er iſt ein vollkommner Jüngling geworden,“
erwiederte ich, „ich habe auf meinen Reiſen keinen
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[405/0419] ſchien dieſes Gefühl am tiefſten zu hegen, und die Mutter freute ſich deſſen ungemein. Wir blieben hier ſo lange, und vervollſtändigten unſere Vorbereitun¬ gen, daß wir zwei Tage vor der Vermählung in dem Asperhofe eintreffen konnten. Mathilde und Natalie waren ſchon anweſend, da wir ankamen. Wir be¬ grüßten uns herzlich. Alles war in einer gewiſſen Spannung der Vorbereitungen. Ich konnte Natalien oft nur auf einige Augenblicke ſehen. Klotilde wurde auch ſofort hineingezogen. Botſchaften kamen und gingen ab, Gäſte und Trauzeugen trafen ein. Ich ſelber war in einer Art Beklemmung. Am Nachmittage des erſten Tages fand ich ein¬ mal Mathilden meinen Gaſtfreund und Guſtav im Lindengange auf und ab wandeln. Ich geſellte mich zu ihnen. Guſtav verließ uns bald. „Wir ſprachen eben davon, daß mein Sohn ſich nun bald von hier entfernen, und in die Welt gehen müſſe,“ ſagte Mathilde, „habt ihr ihn nach eurer Reiſe nicht auch verändert gefunden?“ „Er iſt ein vollkommner Jüngling geworden,“ erwiederte ich, „ich habe auf meinen Reiſen keinen geſehen, der ihm gleich wäre. Er war ein ſehr kraft¬ voller Knabe, und iſt auch ein ſolcher Jüngling ge¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/419>, abgerufen am 24.11.2024.