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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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Haupt gelegt, sah mich an, und in seinen Augen stan¬
den Thränen.

Ich hatte nie im Verkehre mit mir die Augen die¬
ses Greises naß werden gesehen; ich war daher sehr
erschüttert, und sagte: "So erlaubt mir, daß ich in
dieser ernsten Stunde auch meinen Dank für das aus¬
spreche, was ich in diesem Hause geworden bin; denn
wenn ich irgend etwas bin, so bin ich es hier gewor¬
den, und gewährt mir in dieser Stunde auch eine
Bitte, die mir sehr am Herzen liegt: erlaubt, daß ich
eure ehrwürdige Hand küsse."

"Nun, nur dieses eine Mal," erwiederte er, "oder
höchstens noch einmal, wenn du mit Natalien, die
ein Kleinod meines Herzens ist, von dem Altare
gehst."

Ich faßte seine Hand und drückte sie an meine
Lippen; er legte aber die andere um meinen Nacken,
und drückte mich an sein Herz. Ich konnte vor Rüh¬
rung nicht sprechen.

"Bleibe noch eine Weile in diesem Hause," sagte
er später, "dann gehe zu den Deinigen und leiste ihnen
Gesellschaft. Dein Vater bedarf deiner Person auch."

"Darf ich den Meinigen eure Mittheilung erzäh¬
len?" fragte ich.

Haupt gelegt, ſah mich an, und in ſeinen Augen ſtan¬
den Thränen.

Ich hatte nie im Verkehre mit mir die Augen die¬
ſes Greiſes naß werden geſehen; ich war daher ſehr
erſchüttert, und ſagte: „So erlaubt mir, daß ich in
dieſer ernſten Stunde auch meinen Dank für das aus¬
ſpreche, was ich in dieſem Hauſe geworden bin; denn
wenn ich irgend etwas bin, ſo bin ich es hier gewor¬
den, und gewährt mir in dieſer Stunde auch eine
Bitte, die mir ſehr am Herzen liegt: erlaubt, daß ich
eure ehrwürdige Hand küſſe.“

„Nun, nur dieſes eine Mal,“ erwiederte er, „oder
höchſtens noch einmal, wenn du mit Natalien, die
ein Kleinod meines Herzens iſt, von dem Altare
gehſt.“

Ich faßte ſeine Hand und drückte ſie an meine
Lippen; er legte aber die andere um meinen Nacken,
und drückte mich an ſein Herz. Ich konnte vor Rüh¬
rung nicht ſprechen.

„Bleibe noch eine Weile in dieſem Hauſe,“ ſagte
er ſpäter, „dann gehe zu den Deinigen und leiſte ihnen
Geſellſchaft. Dein Vater bedarf deiner Perſon auch.“

„Darf ich den Meinigen eure Mittheilung erzäh¬
len?“ fragte ich.

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[360/0374] Haupt gelegt, ſah mich an, und in ſeinen Augen ſtan¬ den Thränen. Ich hatte nie im Verkehre mit mir die Augen die¬ ſes Greiſes naß werden geſehen; ich war daher ſehr erſchüttert, und ſagte: „So erlaubt mir, daß ich in dieſer ernſten Stunde auch meinen Dank für das aus¬ ſpreche, was ich in dieſem Hauſe geworden bin; denn wenn ich irgend etwas bin, ſo bin ich es hier gewor¬ den, und gewährt mir in dieſer Stunde auch eine Bitte, die mir ſehr am Herzen liegt: erlaubt, daß ich eure ehrwürdige Hand küſſe.“ „Nun, nur dieſes eine Mal,“ erwiederte er, „oder höchſtens noch einmal, wenn du mit Natalien, die ein Kleinod meines Herzens iſt, von dem Altare gehſt.“ Ich faßte ſeine Hand und drückte ſie an meine Lippen; er legte aber die andere um meinen Nacken, und drückte mich an ſein Herz. Ich konnte vor Rüh¬ rung nicht ſprechen. „Bleibe noch eine Weile in dieſem Hauſe,“ ſagte er ſpäter, „dann gehe zu den Deinigen und leiſte ihnen Geſellſchaft. Dein Vater bedarf deiner Perſon auch.“ „Darf ich den Meinigen eure Mittheilung erzäh¬ len?“ fragte ich.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/374>, abgerufen am 25.11.2024.