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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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übrig geblieben, die anderen geraden Theile sind ver¬
kommen, oder sogar muthwillig zerschlagen oder ver¬
brannt worden.

Gleich in den ersten Tagen meines Aufenthaltes
ging ich auch mit meinem Jägersmanne von dem
Ahornhause über das Echergebirge in das Echerthal,
wo der Meister wohnte, von dem der Jäger die Zither
für mich gekauft hatte, und von dem ich auch eine für
meine Schwester kaufen wollte. Dieser Mann verfer¬
tigte Zithern für das ganze umliegende Gebirge und
zur Versendung. Er hatte noch zwei mit der meinigen
ganz gleiche. Ich wählte eine davon, da in der Ar¬
beit und in dem Tone gar keine Verschiedenheit wahr¬
genommen werden konnte. Der Meister sagte, er
habe lange keine so guten Zithern gemacht, und werde
lange keine solchen mehr machen. Sie seien alle drei
von gleichem Holze, er habe es mit vieler Mühe ge¬
sucht und mit vielen Schwierigkeiten gefunden. Er
werde vielleicht auch nie mehr ein solches finden.
Auch werde er kaum mehr so kostbare Zithern machen,
da seine entfernten Abnehmer nur oberflächliche Waare
verlangten, und auch die Gebirgsleute, die wohl
die Güte verstehen, doch nicht gerne theure Zithern
kauften.

Stifter, Nachsommer. II. 2

übrig geblieben, die anderen geraden Theile ſind ver¬
kommen, oder ſogar muthwillig zerſchlagen oder ver¬
brannt worden.

Gleich in den erſten Tagen meines Aufenthaltes
ging ich auch mit meinem Jägersmanne von dem
Ahornhauſe über das Echergebirge in das Echerthal,
wo der Meiſter wohnte, von dem der Jäger die Zither
für mich gekauft hatte, und von dem ich auch eine für
meine Schweſter kaufen wollte. Dieſer Mann verfer¬
tigte Zithern für das ganze umliegende Gebirge und
zur Verſendung. Er hatte noch zwei mit der meinigen
ganz gleiche. Ich wählte eine davon, da in der Ar¬
beit und in dem Tone gar keine Verſchiedenheit wahr¬
genommen werden konnte. Der Meiſter ſagte, er
habe lange keine ſo guten Zithern gemacht, und werde
lange keine ſolchen mehr machen. Sie ſeien alle drei
von gleichem Holze, er habe es mit vieler Mühe ge¬
ſucht und mit vielen Schwierigkeiten gefunden. Er
werde vielleicht auch nie mehr ein ſolches finden.
Auch werde er kaum mehr ſo koſtbare Zithern machen,
da ſeine entfernten Abnehmer nur oberflächliche Waare
verlangten, und auch die Gebirgsleute, die wohl
die Güte verſtehen, doch nicht gerne theure Zithern
kauften.

Stifter, Nachſommer. II. 2
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[17/0031] übrig geblieben, die anderen geraden Theile ſind ver¬ kommen, oder ſogar muthwillig zerſchlagen oder ver¬ brannt worden. Gleich in den erſten Tagen meines Aufenthaltes ging ich auch mit meinem Jägersmanne von dem Ahornhauſe über das Echergebirge in das Echerthal, wo der Meiſter wohnte, von dem der Jäger die Zither für mich gekauft hatte, und von dem ich auch eine für meine Schweſter kaufen wollte. Dieſer Mann verfer¬ tigte Zithern für das ganze umliegende Gebirge und zur Verſendung. Er hatte noch zwei mit der meinigen ganz gleiche. Ich wählte eine davon, da in der Ar¬ beit und in dem Tone gar keine Verſchiedenheit wahr¬ genommen werden konnte. Der Meiſter ſagte, er habe lange keine ſo guten Zithern gemacht, und werde lange keine ſolchen mehr machen. Sie ſeien alle drei von gleichem Holze, er habe es mit vieler Mühe ge¬ ſucht und mit vielen Schwierigkeiten gefunden. Er werde vielleicht auch nie mehr ein ſolches finden. Auch werde er kaum mehr ſo koſtbare Zithern machen, da ſeine entfernten Abnehmer nur oberflächliche Waare verlangten, und auch die Gebirgsleute, die wohl die Güte verſtehen, doch nicht gerne theure Zithern kauften. Stifter, Nachſommer. II. 2

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/31>, abgerufen am 29.03.2024.