mich sehr gefreut hatte, und von denen ich mit dem Vater hatte reden wollen, und ohne auf meinen dies¬ jährigen Sommeraufenthalt näher einzugehen, ließ ich den Rest des Tages verfließen, und erwartete mit Ungeduld den Morgen. Nur gelegentliche Fragen des Vaters beantwortete ich, und hörte zu, wenn er wie¬ der von dem sprach, was in diesem Sommer ein Ereigniß für ihn gewesen war. Vor dem Schlafen¬ gehen nahmen wir Abschied, und ich begab mich auf meine Zimmer.
Um drei Uhr des Morgens war ein leichter Leder¬ koffer gepackt, und eine halbe Stunde später stand ich in guten Reisekleidern da. In dem Speisezimmer, in welchem noch ein Frühstück für mich bereit stand, er¬ wartete mich die Mutter und die Schwester. Der Vater, sagten sie, schlummere noch sehr sanft. Das Frühmahl war eingenommen, die Pferde standen vor dem Hausthore, die Mutter verabschiedete sich von mir, die Schwester begleitete mich zu dem Wagen, küßte mich dort auf das Innigste und Freudigste, ich stieg ein, und der Wagen fuhr in der noch überall dicht herrschenden Finsterniß davon.
Ich war nie mit eigenen Postpferden gefahren, weil ich die Auslage für Verschwendung hielt. Jezt
mich ſehr gefreut hatte, und von denen ich mit dem Vater hatte reden wollen, und ohne auf meinen dies¬ jährigen Sommeraufenthalt näher einzugehen, ließ ich den Reſt des Tages verfließen, und erwartete mit Ungeduld den Morgen. Nur gelegentliche Fragen des Vaters beantwortete ich, und hörte zu, wenn er wie¬ der von dem ſprach, was in dieſem Sommer ein Ereigniß für ihn geweſen war. Vor dem Schlafen¬ gehen nahmen wir Abſchied, und ich begab mich auf meine Zimmer.
Um drei Uhr des Morgens war ein leichter Leder¬ koffer gepackt, und eine halbe Stunde ſpäter ſtand ich in guten Reiſekleidern da. In dem Speiſezimmer, in welchem noch ein Frühſtück für mich bereit ſtand, er¬ wartete mich die Mutter und die Schweſter. Der Vater, ſagten ſie, ſchlummere noch ſehr ſanft. Das Frühmahl war eingenommen, die Pferde ſtanden vor dem Hausthore, die Mutter verabſchiedete ſich von mir, die Schweſter begleitete mich zu dem Wagen, küßte mich dort auf das Innigſte und Freudigſte, ich ſtieg ein, und der Wagen fuhr in der noch überall dicht herrſchenden Finſterniß davon.
Ich war nie mit eigenen Poſtpferden gefahren, weil ich die Auslage für Verſchwendung hielt. Jezt
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0213"n="199"/>
mich ſehr gefreut hatte, und von denen ich mit dem<lb/>
Vater hatte reden wollen, und ohne auf meinen dies¬<lb/>
jährigen Sommeraufenthalt näher einzugehen, ließ<lb/>
ich den Reſt des Tages verfließen, und erwartete mit<lb/>
Ungeduld den Morgen. Nur gelegentliche Fragen des<lb/>
Vaters beantwortete ich, und hörte zu, wenn er wie¬<lb/>
der von dem ſprach, was in dieſem Sommer ein<lb/>
Ereigniß für ihn geweſen war. Vor dem Schlafen¬<lb/>
gehen nahmen wir Abſchied, und ich begab mich auf<lb/>
meine Zimmer.</p><lb/><p>Um drei Uhr des Morgens war ein leichter Leder¬<lb/>
koffer gepackt, und eine halbe Stunde ſpäter ſtand ich<lb/>
in guten Reiſekleidern da. In dem Speiſezimmer, in<lb/>
welchem noch ein Frühſtück für mich bereit ſtand, er¬<lb/>
wartete mich die Mutter und die Schweſter. Der<lb/>
Vater, ſagten ſie, ſchlummere noch ſehr ſanft. Das<lb/>
Frühmahl war eingenommen, die Pferde ſtanden vor<lb/>
dem Hausthore, die Mutter verabſchiedete ſich von<lb/>
mir, die Schweſter begleitete mich zu dem Wagen,<lb/>
küßte mich dort auf das Innigſte und Freudigſte, ich<lb/>ſtieg ein, und der Wagen fuhr in der noch überall<lb/>
dicht herrſchenden Finſterniß davon.</p><lb/><p>Ich war nie mit eigenen Poſtpferden gefahren,<lb/>
weil ich die Auslage für Verſchwendung hielt. Jezt<lb/></p></div></body></text></TEI>
[199/0213]
mich ſehr gefreut hatte, und von denen ich mit dem
Vater hatte reden wollen, und ohne auf meinen dies¬
jährigen Sommeraufenthalt näher einzugehen, ließ
ich den Reſt des Tages verfließen, und erwartete mit
Ungeduld den Morgen. Nur gelegentliche Fragen des
Vaters beantwortete ich, und hörte zu, wenn er wie¬
der von dem ſprach, was in dieſem Sommer ein
Ereigniß für ihn geweſen war. Vor dem Schlafen¬
gehen nahmen wir Abſchied, und ich begab mich auf
meine Zimmer.
Um drei Uhr des Morgens war ein leichter Leder¬
koffer gepackt, und eine halbe Stunde ſpäter ſtand ich
in guten Reiſekleidern da. In dem Speiſezimmer, in
welchem noch ein Frühſtück für mich bereit ſtand, er¬
wartete mich die Mutter und die Schweſter. Der
Vater, ſagten ſie, ſchlummere noch ſehr ſanft. Das
Frühmahl war eingenommen, die Pferde ſtanden vor
dem Hausthore, die Mutter verabſchiedete ſich von
mir, die Schweſter begleitete mich zu dem Wagen,
küßte mich dort auf das Innigſte und Freudigſte, ich
ſtieg ein, und der Wagen fuhr in der noch überall
dicht herrſchenden Finſterniß davon.
Ich war nie mit eigenen Poſtpferden gefahren,
weil ich die Auslage für Verſchwendung hielt. Jezt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/213>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.