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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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bar lange Jahre in der schlechten Hülle stecken müssen.
Wir fingen nun auf dem Wirbel des Hauptes an,
den Gips nach und nach zu beseitigen. Theils und
zwar im Roheren geschah es mit dem Messer, theils
und zwar gegen das Ende wurden Pinsel und das
auflösende Mittel des Wassers angewendet. Wir
rückten so von dem Haupte über die Gestalt hinunter,
und alles und jedes war Marmor. Durch den Gips
war der Marmor vor den Unbilden folgender Zeiten
geschüzt worden, daß er nicht das trübe Wasser der
Erde oder sonstige Unreinigkeiten einsaugen mußte,
und er war reiner, als ich je Marmore aus der alten
Zeit gesehen habe, ja er war so weiß, als sei die Ge¬
stalt vor nicht gar langer Zeit erst gemacht worden.
Da aller Gips beseitigt war, wurde die Oberfläche,
welche doch durch die feinsten zurückgebliebenen Theile
des Überzuges rauh war, durch weiche wollene Tücher
so lange geglättet, bis sich der glänzende Marmor
zeigte, und durch Licht und Schatten die feinste und
zartest empfundene Schwingung sichtbar wurde. Jezt
war die Gestalt erst noch viel schöner, als sie sich in
Gips dargestellt hatte, und Eustach und ich waren
von Bewunderung ergriffen. Daß sie nicht aus neuer
Zeit stamme, sondern dem alten Volke der Griechen

bar lange Jahre in der ſchlechten Hülle ſtecken müſſen.
Wir fingen nun auf dem Wirbel des Hauptes an,
den Gips nach und nach zu beſeitigen. Theils und
zwar im Roheren geſchah es mit dem Meſſer, theils
und zwar gegen das Ende wurden Pinſel und das
auflöſende Mittel des Waſſers angewendet. Wir
rückten ſo von dem Haupte über die Geſtalt hinunter,
und alles und jedes war Marmor. Durch den Gips
war der Marmor vor den Unbilden folgender Zeiten
geſchüzt worden, daß er nicht das trübe Waſſer der
Erde oder ſonſtige Unreinigkeiten einſaugen mußte,
und er war reiner, als ich je Marmore aus der alten
Zeit geſehen habe, ja er war ſo weiß, als ſei die Ge¬
ſtalt vor nicht gar langer Zeit erſt gemacht worden.
Da aller Gips beſeitigt war, wurde die Oberfläche,
welche doch durch die feinſten zurückgebliebenen Theile
des Überzuges rauh war, durch weiche wollene Tücher
ſo lange geglättet, bis ſich der glänzende Marmor
zeigte, und durch Licht und Schatten die feinſte und
zarteſt empfundene Schwingung ſichtbar wurde. Jezt
war die Geſtalt erſt noch viel ſchöner, als ſie ſich in
Gips dargeſtellt hatte, und Euſtach und ich waren
von Bewunderung ergriffen. Daß ſie nicht aus neuer
Zeit ſtamme, ſondern dem alten Volke der Griechen

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[118/0132] bar lange Jahre in der ſchlechten Hülle ſtecken müſſen. Wir fingen nun auf dem Wirbel des Hauptes an, den Gips nach und nach zu beſeitigen. Theils und zwar im Roheren geſchah es mit dem Meſſer, theils und zwar gegen das Ende wurden Pinſel und das auflöſende Mittel des Waſſers angewendet. Wir rückten ſo von dem Haupte über die Geſtalt hinunter, und alles und jedes war Marmor. Durch den Gips war der Marmor vor den Unbilden folgender Zeiten geſchüzt worden, daß er nicht das trübe Waſſer der Erde oder ſonſtige Unreinigkeiten einſaugen mußte, und er war reiner, als ich je Marmore aus der alten Zeit geſehen habe, ja er war ſo weiß, als ſei die Ge¬ ſtalt vor nicht gar langer Zeit erſt gemacht worden. Da aller Gips beſeitigt war, wurde die Oberfläche, welche doch durch die feinſten zurückgebliebenen Theile des Überzuges rauh war, durch weiche wollene Tücher ſo lange geglättet, bis ſich der glänzende Marmor zeigte, und durch Licht und Schatten die feinſte und zarteſt empfundene Schwingung ſichtbar wurde. Jezt war die Geſtalt erſt noch viel ſchöner, als ſie ſich in Gips dargeſtellt hatte, und Euſtach und ich waren von Bewunderung ergriffen. Daß ſie nicht aus neuer Zeit ſtamme, ſondern dem alten Volke der Griechen

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/132>, abgerufen am 22.11.2024.