Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

zweige so dicht, daß man keinen Stein und kaum einen
Uferrand sehen kann, sondern die Zweige aus dem
Wasser zu ragen scheinen. Die Bäume, die da stehen,
sind eines Theils Nadelholz, das mit seinem Ernste
sich in die Heiterkeit mischt, die auf den Ästen Blät¬
tern und Wipfeln der Laubbäume ruht, die den vor¬
herrschenden Theil bilden. Vorzugsweise ist die Erle
der Ahorn die Buche die Birke und die Esche vorhan¬
den. Zwischen den Stämmen ist reichliches Wucher¬
gestrippe. Der Bach in der Erlenwiese meines Gast¬
freundes verdankt dem See sein Dasein; aber da
dieser aus Quellzuflüssen lebt, so ist der ausflie¬
ßende Bach oft so trocken, daß man, ohne sich die
Sohle zu nezen, über seine hervorragenden Steine
gehen kann. Wo er aus dem See geht, ist eine kleine
Hütte erbaut, die den Hauptzweck hat, daß die, welche
in dem See sich baden wollen, in ihr sich entkleiden
können. Der Seegrund geht mit seinen schönen Kie¬
seln so sachte in die Tiefe, daß man ziemlich weit vor¬
wärts gehen, und das wallende Wasser genießen
kann, ohne den Grund zu verlieren. Auch zum Ler¬
nen des Schwimmens ist dieser Theil sehr geeignet,
weil man an allen Stellen Grund findet, und sich
unbefangener den Übungen hingeben kann. Weiter

zweige ſo dicht, daß man keinen Stein und kaum einen
Uferrand ſehen kann, ſondern die Zweige aus dem
Waſſer zu ragen ſcheinen. Die Bäume, die da ſtehen,
ſind eines Theils Nadelholz, das mit ſeinem Ernſte
ſich in die Heiterkeit miſcht, die auf den Äſten Blät¬
tern und Wipfeln der Laubbäume ruht, die den vor¬
herrſchenden Theil bilden. Vorzugsweiſe iſt die Erle
der Ahorn die Buche die Birke und die Eſche vorhan¬
den. Zwiſchen den Stämmen iſt reichliches Wucher¬
geſtrippe. Der Bach in der Erlenwieſe meines Gaſt¬
freundes verdankt dem See ſein Daſein; aber da
dieſer aus Quellzuflüſſen lebt, ſo iſt der ausflie¬
ßende Bach oft ſo trocken, daß man, ohne ſich die
Sohle zu nezen, über ſeine hervorragenden Steine
gehen kann. Wo er aus dem See geht, iſt eine kleine
Hütte erbaut, die den Hauptzweck hat, daß die, welche
in dem See ſich baden wollen, in ihr ſich entkleiden
können. Der Seegrund geht mit ſeinen ſchönen Kie¬
ſeln ſo ſachte in die Tiefe, daß man ziemlich weit vor¬
wärts gehen, und das wallende Waſſer genießen
kann, ohne den Grund zu verlieren. Auch zum Ler¬
nen des Schwimmens iſt dieſer Theil ſehr geeignet,
weil man an allen Stellen Grund findet, und ſich
unbefangener den Übungen hingeben kann. Weiter

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0109" n="95"/>
zweige &#x017F;o dicht, daß man keinen Stein und kaum einen<lb/>
Uferrand &#x017F;ehen kann, &#x017F;ondern die Zweige aus dem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er zu ragen &#x017F;cheinen. Die Bäume, die da &#x017F;tehen,<lb/>
&#x017F;ind eines Theils Nadelholz, das mit &#x017F;einem Ern&#x017F;te<lb/>
&#x017F;ich in die Heiterkeit mi&#x017F;cht, die auf den Ä&#x017F;ten Blät¬<lb/>
tern und Wipfeln der Laubbäume ruht, die den vor¬<lb/>
herr&#x017F;chenden Theil bilden. Vorzugswei&#x017F;e i&#x017F;t die Erle<lb/>
der Ahorn die Buche die Birke und die E&#x017F;che vorhan¬<lb/>
den. Zwi&#x017F;chen den Stämmen i&#x017F;t reichliches Wucher¬<lb/>
ge&#x017F;trippe. Der Bach in der Erlenwie&#x017F;e meines Ga&#x017F;<lb/>
freundes verdankt dem See &#x017F;ein Da&#x017F;ein; aber da<lb/>
die&#x017F;er aus Quellzuflü&#x017F;&#x017F;en lebt, &#x017F;o i&#x017F;t der ausflie¬<lb/>
ßende Bach oft &#x017F;o trocken, daß man, ohne &#x017F;ich die<lb/>
Sohle zu nezen, über &#x017F;eine hervorragenden Steine<lb/>
gehen kann. Wo er aus dem See geht, i&#x017F;t eine kleine<lb/>
Hütte erbaut, die den Hauptzweck hat, daß die, welche<lb/>
in dem See &#x017F;ich baden wollen, in ihr &#x017F;ich entkleiden<lb/>
können. Der Seegrund geht mit &#x017F;einen &#x017F;chönen Kie¬<lb/>
&#x017F;eln &#x017F;o &#x017F;achte in die Tiefe, daß man ziemlich weit vor¬<lb/>
wärts gehen, und das wallende Wa&#x017F;&#x017F;er genießen<lb/>
kann, ohne den Grund zu verlieren. Auch zum Ler¬<lb/>
nen des Schwimmens i&#x017F;t die&#x017F;er Theil &#x017F;ehr geeignet,<lb/>
weil man an allen Stellen Grund findet, und &#x017F;ich<lb/>
unbefangener den Übungen hingeben kann. Weiter<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0109] zweige ſo dicht, daß man keinen Stein und kaum einen Uferrand ſehen kann, ſondern die Zweige aus dem Waſſer zu ragen ſcheinen. Die Bäume, die da ſtehen, ſind eines Theils Nadelholz, das mit ſeinem Ernſte ſich in die Heiterkeit miſcht, die auf den Äſten Blät¬ tern und Wipfeln der Laubbäume ruht, die den vor¬ herrſchenden Theil bilden. Vorzugsweiſe iſt die Erle der Ahorn die Buche die Birke und die Eſche vorhan¬ den. Zwiſchen den Stämmen iſt reichliches Wucher¬ geſtrippe. Der Bach in der Erlenwieſe meines Gaſt¬ freundes verdankt dem See ſein Daſein; aber da dieſer aus Quellzuflüſſen lebt, ſo iſt der ausflie¬ ßende Bach oft ſo trocken, daß man, ohne ſich die Sohle zu nezen, über ſeine hervorragenden Steine gehen kann. Wo er aus dem See geht, iſt eine kleine Hütte erbaut, die den Hauptzweck hat, daß die, welche in dem See ſich baden wollen, in ihr ſich entkleiden können. Der Seegrund geht mit ſeinen ſchönen Kie¬ ſeln ſo ſachte in die Tiefe, daß man ziemlich weit vor¬ wärts gehen, und das wallende Waſſer genießen kann, ohne den Grund zu verlieren. Auch zum Ler¬ nen des Schwimmens iſt dieſer Theil ſehr geeignet, weil man an allen Stellen Grund findet, und ſich unbefangener den Übungen hingeben kann. Weiter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/109
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/109>, abgerufen am 05.05.2024.