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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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nur hie und da von etwas größeren Ebenen unter¬
brochen immer weiter nach Sonnenuntergang fort,
bis sie endlich in höher gelegenes noch hügligeres
Land das sogenannte Oberland übergehen. In der
Nähe der Stadt sind die Hügel mehrfach von Land¬
häusern besezt und mit Gärten und Anlagen ge¬
schmückt, in weiterer Entfernung werden sie ländlicher.
Sie tragen Weinreben oder Felder auf ihren Seiten,
auch Wiesen sind zu treffen, und die Gipfel oder auch
manche Rückenstrecken sind mit laubigen mehr busch-
als baumartigen Wäldern besezt. Die Bäche und
sonstigen Gewässer sind nicht gar häufig, und oft traf
ich im Sommer zwischen den Hügeln, wenn mich
Durst oder Zufall hinab führte, das ausgetrocknete
mit weißen Steinen gefüllte Bett eines Baches. In
diesem Hügellande war mein Aufenthalt, und in dem¬
selben rückte ich immer weiter gegen Sonnenuntergang
vor. Ich streifte weit und breit herum, und war oft
mehrere Tage von meiner Wohnung abwesend. Ich ging
die einsamen Pfade, welche zwischen den Feldern oder
Weingeländen hinliefen, und sich von Dorf zu Dorf
von Ort zu Ort zogen, und manche Meilen ja Tage¬
reisen in sich begriffen. Ich ging auf den abgelegenen
Waldpfaden, die in Stammholz oder Gebüschen ver¬

nur hie und da von etwas größeren Ebenen unter¬
brochen immer weiter nach Sonnenuntergang fort,
bis ſie endlich in höher gelegenes noch hügligeres
Land das ſogenannte Oberland übergehen. In der
Nähe der Stadt ſind die Hügel mehrfach von Land¬
häuſern beſezt und mit Gärten und Anlagen ge¬
ſchmückt, in weiterer Entfernung werden ſie ländlicher.
Sie tragen Weinreben oder Felder auf ihren Seiten,
auch Wieſen ſind zu treffen, und die Gipfel oder auch
manche Rückenſtrecken ſind mit laubigen mehr buſch-
als baumartigen Wäldern beſezt. Die Bäche und
ſonſtigen Gewäſſer ſind nicht gar häufig, und oft traf
ich im Sommer zwiſchen den Hügeln, wenn mich
Durſt oder Zufall hinab führte, das ausgetrocknete
mit weißen Steinen gefüllte Bett eines Baches. In
dieſem Hügellande war mein Aufenthalt, und in dem¬
ſelben rückte ich immer weiter gegen Sonnenuntergang
vor. Ich ſtreifte weit und breit herum, und war oft
mehrere Tage von meiner Wohnung abweſend. Ich ging
die einſamen Pfade, welche zwiſchen den Feldern oder
Weingeländen hinliefen, und ſich von Dorf zu Dorf
von Ort zu Ort zogen, und manche Meilen ja Tage¬
reiſen in ſich begriffen. Ich ging auf den abgelegenen
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[40/0054] nur hie und da von etwas größeren Ebenen unter¬ brochen immer weiter nach Sonnenuntergang fort, bis ſie endlich in höher gelegenes noch hügligeres Land das ſogenannte Oberland übergehen. In der Nähe der Stadt ſind die Hügel mehrfach von Land¬ häuſern beſezt und mit Gärten und Anlagen ge¬ ſchmückt, in weiterer Entfernung werden ſie ländlicher. Sie tragen Weinreben oder Felder auf ihren Seiten, auch Wieſen ſind zu treffen, und die Gipfel oder auch manche Rückenſtrecken ſind mit laubigen mehr buſch- als baumartigen Wäldern beſezt. Die Bäche und ſonſtigen Gewäſſer ſind nicht gar häufig, und oft traf ich im Sommer zwiſchen den Hügeln, wenn mich Durſt oder Zufall hinab führte, das ausgetrocknete mit weißen Steinen gefüllte Bett eines Baches. In dieſem Hügellande war mein Aufenthalt, und in dem¬ ſelben rückte ich immer weiter gegen Sonnenuntergang vor. Ich ſtreifte weit und breit herum, und war oft mehrere Tage von meiner Wohnung abweſend. Ich ging die einſamen Pfade, welche zwiſchen den Feldern oder Weingeländen hinliefen, und ſich von Dorf zu Dorf von Ort zu Ort zogen, und manche Meilen ja Tage¬ reiſen in ſich begriffen. Ich ging auf den abgelegenen Waldpfaden, die in Stammholz oder Gebüſchen ver¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/54>, abgerufen am 24.11.2024.