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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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Vermuthung aus, daß er seiner Sprache nach zu ur¬
theilen aus unserer Stadt sein könnte. Mein Vater
ging seine Erinnerungen durch, konnte aber auf kei¬
nen Mann kommen, der dem von mir beschriebenen
ähnlich wäre. Die Stadt ist groß, meinte er, es könn¬
ten da viele Leute gelebt haben, ohne daß er sie hätte
kennen lernen können. Die Schwester meinte, vielleicht
hätte ich ihn auch der Umgebung zu Folge, in welcher
ich ihn gefunden habe, schon in einem anderen und
besonderen Lichte gesehen, und in solchem dargestellt,
woraus er schwerer zu erkennen sei. Ich entgegnete,
daß ich gar nichts gesagt habe, als was ich gesehen
hätte, und was so deutlich sei, daß ich es, wenn ich
mit Farben besser umzugehen wüßte, sogar malen
könnte. Man meinte, die Zeit werde die Sache wohl
aufklären, da er mich auf einen zweiten Besuch einge¬
laden habe, und ich gewiß nicht anstehen werde, den¬
selben abzustatten. Daß ich ihn nicht geradezu um
seinen Namen gefragt habe, billigten alle meine An¬
gehörigen, da er weit mehr gethan, nehmlich mich
aufgenommen und beherbergt habe, ohne um meinen
Namen oder um meine Herkunft zu forschen.

Der Vater erkundigte sich im Laufe des Gespräches
genauer nach manchen Gegenständen in dem Hause

Vermuthung aus, daß er ſeiner Sprache nach zu ur¬
theilen aus unſerer Stadt ſein könnte. Mein Vater
ging ſeine Erinnerungen durch, konnte aber auf kei¬
nen Mann kommen, der dem von mir beſchriebenen
ähnlich wäre. Die Stadt iſt groß, meinte er, es könn¬
ten da viele Leute gelebt haben, ohne daß er ſie hätte
kennen lernen können. Die Schweſter meinte, vielleicht
hätte ich ihn auch der Umgebung zu Folge, in welcher
ich ihn gefunden habe, ſchon in einem anderen und
beſonderen Lichte geſehen, und in ſolchem dargeſtellt,
woraus er ſchwerer zu erkennen ſei. Ich entgegnete,
daß ich gar nichts geſagt habe, als was ich geſehen
hätte, und was ſo deutlich ſei, daß ich es, wenn ich
mit Farben beſſer umzugehen wüßte, ſogar malen
könnte. Man meinte, die Zeit werde die Sache wohl
aufklären, da er mich auf einen zweiten Beſuch einge¬
laden habe, und ich gewiß nicht anſtehen werde, den¬
ſelben abzuſtatten. Daß ich ihn nicht geradezu um
ſeinen Namen gefragt habe, billigten alle meine An¬
gehörigen, da er weit mehr gethan, nehmlich mich
aufgenommen und beherbergt habe, ohne um meinen
Namen oder um meine Herkunft zu forſchen.

Der Vater erkundigte ſich im Laufe des Geſpräches
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[282/0296] Vermuthung aus, daß er ſeiner Sprache nach zu ur¬ theilen aus unſerer Stadt ſein könnte. Mein Vater ging ſeine Erinnerungen durch, konnte aber auf kei¬ nen Mann kommen, der dem von mir beſchriebenen ähnlich wäre. Die Stadt iſt groß, meinte er, es könn¬ ten da viele Leute gelebt haben, ohne daß er ſie hätte kennen lernen können. Die Schweſter meinte, vielleicht hätte ich ihn auch der Umgebung zu Folge, in welcher ich ihn gefunden habe, ſchon in einem anderen und beſonderen Lichte geſehen, und in ſolchem dargeſtellt, woraus er ſchwerer zu erkennen ſei. Ich entgegnete, daß ich gar nichts geſagt habe, als was ich geſehen hätte, und was ſo deutlich ſei, daß ich es, wenn ich mit Farben beſſer umzugehen wüßte, ſogar malen könnte. Man meinte, die Zeit werde die Sache wohl aufklären, da er mich auf einen zweiten Beſuch einge¬ laden habe, und ich gewiß nicht anſtehen werde, den¬ ſelben abzuſtatten. Daß ich ihn nicht geradezu um ſeinen Namen gefragt habe, billigten alle meine An¬ gehörigen, da er weit mehr gethan, nehmlich mich aufgenommen und beherbergt habe, ohne um meinen Namen oder um meine Herkunft zu forſchen. Der Vater erkundigte ſich im Laufe des Geſpräches genauer nach manchen Gegenſtänden in dem Hauſe

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/296>, abgerufen am 22.11.2024.