Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

welche von ihrem Standboden längere Zeit gezehrt
haben, werden mit einer Erneuerung betheilt. Ent¬
weder wird die Erde oberhalb ihrer Wurzeln wegge¬
than, und ihnen neue gegeben, oder sie werden ganz
ausgehoben, und ihr Standpunkt durchaus mit fri¬
scher Erde erfüllt. Es ist auffällig sichtbar, wie sich
Blatt und Blume an dieser Gabe erfreuen. Aber troz
der Erde und der Luft und der Sonne und der Feuch¬
tigkeit würdet ihr die Rosen hier nicht so schön sehen,
als ihr sie seht, wenn nicht noch andre Sorgfalt an¬
gewendet würde; denn immer entstehen manche Übel
aus Ursachen, die wir nicht ergründen können, oder
die, wenn sie auch ergründet sind, wir nicht zu verei¬
teln vermögen. Endlich trift ja die Gewächse wie alles
Lebende der natürliche Tod. Kranke Pflanzen werden
nun bei uns sogleich ausgehoben, in den Garten,
gleichsam in das Rosenhospital gethan, und durch
andere aus der Schule ersezt. Abgestorbene Bäum¬
chen kommen hier nicht leicht vor, weil sie schon in
der Zeit des Absterbens weggethan werden. Tödtet
aber eine Ursache eines schnell, so wird es ohne Ver¬
zug entfernt. Eben so werden Theile, die erkranken
oder zu Grunde gehen, von dem Gitter getrennt. Die
beste Zeit ist der Frühling, wo die Zweige blos liegen.

welche von ihrem Standboden längere Zeit gezehrt
haben, werden mit einer Erneuerung betheilt. Ent¬
weder wird die Erde oberhalb ihrer Wurzeln wegge¬
than, und ihnen neue gegeben, oder ſie werden ganz
ausgehoben, und ihr Standpunkt durchaus mit fri¬
ſcher Erde erfüllt. Es iſt auffällig ſichtbar, wie ſich
Blatt und Blume an dieſer Gabe erfreuen. Aber troz
der Erde und der Luft und der Sonne und der Feuch¬
tigkeit würdet ihr die Roſen hier nicht ſo ſchön ſehen,
als ihr ſie ſeht, wenn nicht noch andre Sorgfalt an¬
gewendet würde; denn immer entſtehen manche Übel
aus Urſachen, die wir nicht ergründen können, oder
die, wenn ſie auch ergründet ſind, wir nicht zu verei¬
teln vermögen. Endlich trift ja die Gewächſe wie alles
Lebende der natürliche Tod. Kranke Pflanzen werden
nun bei uns ſogleich ausgehoben, in den Garten,
gleichſam in das Roſenhospital gethan, und durch
andere aus der Schule erſezt. Abgeſtorbene Bäum¬
chen kommen hier nicht leicht vor, weil ſie ſchon in
der Zeit des Abſterbens weggethan werden. Tödtet
aber eine Urſache eines ſchnell, ſo wird es ohne Ver¬
zug entfernt. Eben ſo werden Theile, die erkranken
oder zu Grunde gehen, von dem Gitter getrennt. Die
beſte Zeit iſt der Frühling, wo die Zweige blos liegen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0234" n="220"/>
welche von ihrem Standboden längere Zeit gezehrt<lb/>
haben, werden mit einer Erneuerung betheilt. Ent¬<lb/>
weder wird die Erde oberhalb ihrer Wurzeln wegge¬<lb/>
than, und ihnen neue gegeben, oder &#x017F;ie werden ganz<lb/>
ausgehoben, und ihr Standpunkt durchaus mit fri¬<lb/>
&#x017F;cher Erde erfüllt. Es i&#x017F;t auffällig &#x017F;ichtbar, wie &#x017F;ich<lb/>
Blatt und Blume an die&#x017F;er Gabe erfreuen. Aber troz<lb/>
der Erde und der Luft und der Sonne und der Feuch¬<lb/>
tigkeit würdet ihr die Ro&#x017F;en hier nicht &#x017F;o &#x017F;chön &#x017F;ehen,<lb/>
als ihr &#x017F;ie &#x017F;eht, wenn nicht noch andre Sorgfalt an¬<lb/>
gewendet würde; denn immer ent&#x017F;tehen manche Übel<lb/>
aus Ur&#x017F;achen, die wir nicht ergründen können, oder<lb/>
die, wenn &#x017F;ie auch ergründet &#x017F;ind, wir nicht zu verei¬<lb/>
teln vermögen. Endlich trift ja die Gewäch&#x017F;e wie alles<lb/>
Lebende der natürliche Tod. Kranke Pflanzen werden<lb/>
nun bei uns &#x017F;ogleich ausgehoben, in den Garten,<lb/>
gleich&#x017F;am in das Ro&#x017F;enhospital gethan, und durch<lb/>
andere aus der Schule er&#x017F;ezt. Abge&#x017F;torbene Bäum¬<lb/>
chen kommen hier nicht leicht vor, weil &#x017F;ie &#x017F;chon in<lb/>
der Zeit des Ab&#x017F;terbens weggethan werden. Tödtet<lb/>
aber eine Ur&#x017F;ache eines &#x017F;chnell, &#x017F;o wird es ohne Ver¬<lb/>
zug entfernt. Eben &#x017F;o werden Theile, die erkranken<lb/>
oder zu Grunde gehen, von dem Gitter getrennt. Die<lb/>
be&#x017F;te Zeit i&#x017F;t der Frühling, wo die Zweige blos liegen.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0234] welche von ihrem Standboden längere Zeit gezehrt haben, werden mit einer Erneuerung betheilt. Ent¬ weder wird die Erde oberhalb ihrer Wurzeln wegge¬ than, und ihnen neue gegeben, oder ſie werden ganz ausgehoben, und ihr Standpunkt durchaus mit fri¬ ſcher Erde erfüllt. Es iſt auffällig ſichtbar, wie ſich Blatt und Blume an dieſer Gabe erfreuen. Aber troz der Erde und der Luft und der Sonne und der Feuch¬ tigkeit würdet ihr die Roſen hier nicht ſo ſchön ſehen, als ihr ſie ſeht, wenn nicht noch andre Sorgfalt an¬ gewendet würde; denn immer entſtehen manche Übel aus Urſachen, die wir nicht ergründen können, oder die, wenn ſie auch ergründet ſind, wir nicht zu verei¬ teln vermögen. Endlich trift ja die Gewächſe wie alles Lebende der natürliche Tod. Kranke Pflanzen werden nun bei uns ſogleich ausgehoben, in den Garten, gleichſam in das Roſenhospital gethan, und durch andere aus der Schule erſezt. Abgeſtorbene Bäum¬ chen kommen hier nicht leicht vor, weil ſie ſchon in der Zeit des Abſterbens weggethan werden. Tödtet aber eine Urſache eines ſchnell, ſo wird es ohne Ver¬ zug entfernt. Eben ſo werden Theile, die erkranken oder zu Grunde gehen, von dem Gitter getrennt. Die beſte Zeit iſt der Frühling, wo die Zweige blos liegen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/234
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/234>, abgerufen am 24.11.2024.