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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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gen. Man wendet sich jezt auch mit Ernst der Pflege
der einzelnen Zweige zu, statt wie früher immer auf
das Allgemeine zu gehen; und es wird daher auch eine
Zeit kommen, in der man dem Gegenstände eine Auf¬
merksamkeit schenken wird, von dem wir jezt gesprochen
haben. Wenn die Fruchtbarkeit, wie sie durch Jahr¬
zehende in der Naturwissenschaft gewesen ist, durch
Jahrhunderte anhält, so können wir gar nicht ahnen,
wie weit es kommen wird. Nur das eine wissen wir
jezt, daß das noch unbebaute Feld unendlich größer
ist als das bebaute."

"Ich habe gestern einige Arbeiter bemerkt," sagte
ich, "welche, obwohl der Himmel voll Wolken war,
doch Wasser pumpten, ihre Gießkannen füllten, und
die Gewächse begossen. Haben diese vielleicht auch
gewußt, daß kein Regen kommen werde, oder haben
sie blos eure Befehle vollzogen, wie die Mäher, die
an dem Meierhofe Gras abmähten."

"Das Leztere ist der Fall," erwiederte er. "Diese
Arbeiter glauben jedes Mal, daß ich mich irre, wenn
der äußere Anschein gegen mich ist, wie oft sie auch
durch den Erfolg belehrt worden sein mögen. Und so
werden sie gewiß auch gestern geglaubt haben, daß
Regen komme. Sie begossen die Gewächse, weil ich

gen. Man wendet ſich jezt auch mit Ernſt der Pflege
der einzelnen Zweige zu, ſtatt wie früher immer auf
das Allgemeine zu gehen; und es wird daher auch eine
Zeit kommen, in der man dem Gegenſtände eine Auf¬
merkſamkeit ſchenken wird, von dem wir jezt geſprochen
haben. Wenn die Fruchtbarkeit, wie ſie durch Jahr¬
zehende in der Naturwiſſenſchaft geweſen iſt, durch
Jahrhunderte anhält, ſo können wir gar nicht ahnen,
wie weit es kommen wird. Nur das eine wiſſen wir
jezt, daß das noch unbebaute Feld unendlich größer
iſt als das bebaute.“

„Ich habe geſtern einige Arbeiter bemerkt,“ ſagte
ich, „welche, obwohl der Himmel voll Wolken war,
doch Waſſer pumpten, ihre Gießkannen füllten, und
die Gewächſe begoſſen. Haben dieſe vielleicht auch
gewußt, daß kein Regen kommen werde, oder haben
ſie blos eure Befehle vollzogen, wie die Mäher, die
an dem Meierhofe Gras abmähten.“

„Das Leztere iſt der Fall,“ erwiederte er. „Dieſe
Arbeiter glauben jedes Mal, daß ich mich irre, wenn
der äußere Anſchein gegen mich iſt, wie oft ſie auch
durch den Erfolg belehrt worden ſein mögen. Und ſo
werden ſie gewiß auch geſtern geglaubt haben, daß
Regen komme. Sie begoſſen die Gewächſe, weil ich

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[185/0199] gen. Man wendet ſich jezt auch mit Ernſt der Pflege der einzelnen Zweige zu, ſtatt wie früher immer auf das Allgemeine zu gehen; und es wird daher auch eine Zeit kommen, in der man dem Gegenſtände eine Auf¬ merkſamkeit ſchenken wird, von dem wir jezt geſprochen haben. Wenn die Fruchtbarkeit, wie ſie durch Jahr¬ zehende in der Naturwiſſenſchaft geweſen iſt, durch Jahrhunderte anhält, ſo können wir gar nicht ahnen, wie weit es kommen wird. Nur das eine wiſſen wir jezt, daß das noch unbebaute Feld unendlich größer iſt als das bebaute.“ „Ich habe geſtern einige Arbeiter bemerkt,“ ſagte ich, „welche, obwohl der Himmel voll Wolken war, doch Waſſer pumpten, ihre Gießkannen füllten, und die Gewächſe begoſſen. Haben dieſe vielleicht auch gewußt, daß kein Regen kommen werde, oder haben ſie blos eure Befehle vollzogen, wie die Mäher, die an dem Meierhofe Gras abmähten.“ „Das Leztere iſt der Fall,“ erwiederte er. „Dieſe Arbeiter glauben jedes Mal, daß ich mich irre, wenn der äußere Anſchein gegen mich iſt, wie oft ſie auch durch den Erfolg belehrt worden ſein mögen. Und ſo werden ſie gewiß auch geſtern geglaubt haben, daß Regen komme. Sie begoſſen die Gewächſe, weil ich

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/199>, abgerufen am 22.11.2024.