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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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Sicherste bleiben immer die Heerden der kleinen Thiere.
Das habt ihr gewiß schon gehört, daß die Spinnen
Wetterverkündiger sind, und daß die Ameisen den Re¬
gen vorher sagen. Man muß das Leben dieser kleinen
Dinge betrachten, ihre häuslichen Einrichtungen an¬
schauen, oft zu ihnen kommen, sehen, wie sie ihre Zeit
hinbringen, erforschen, welche Grenzen ihre Gebiethe
haben, welche die Bedingungen ihres Glückes sind,
und wie sie denselben nachkommen. Darum wissen
Jäger Holzhauer und Menschen, welche einsam sind,
und zur Betrachtung dieses abgesonderten Lebens auf¬
gefordert werden, das Meiste von diesen Dingen, und
wie aus dem Benehmen von Thieren das Wetter vor¬
herzusagen ist. Es gehört aber wie zu allem auch
Liebe dazu."

"Hier ist der Siz," unterbrach er sich, "von wel¬
chem ich früher gesprochen habe. Hier ist die schönste
Linde meines Gartens, ich habe einen bessern Ruhe¬
plaz unter ihr anbringen lassen, und gehe selten vor¬
über, ohne mich eine Weile nieder zu sezen, um mich
an dem Summen in ihren Ästen zu ergözen. Wollen
wir uns sezen?"

Ich willigte ein, wir sezten uns, das Summen
war wirklich über unsern Häuptern zu hören, und ich

Sicherſte bleiben immer die Heerden der kleinen Thiere.
Das habt ihr gewiß ſchon gehört, daß die Spinnen
Wetterverkündiger ſind, und daß die Ameiſen den Re¬
gen vorher ſagen. Man muß das Leben dieſer kleinen
Dinge betrachten, ihre häuslichen Einrichtungen an¬
ſchauen, oft zu ihnen kommen, ſehen, wie ſie ihre Zeit
hinbringen, erforſchen, welche Grenzen ihre Gebiethe
haben, welche die Bedingungen ihres Glückes ſind,
und wie ſie denſelben nachkommen. Darum wiſſen
Jäger Holzhauer und Menſchen, welche einſam ſind,
und zur Betrachtung dieſes abgeſonderten Lebens auf¬
gefordert werden, das Meiſte von dieſen Dingen, und
wie aus dem Benehmen von Thieren das Wetter vor¬
herzuſagen iſt. Es gehört aber wie zu allem auch
Liebe dazu.“

„Hier iſt der Siz,“ unterbrach er ſich, „von wel¬
chem ich früher geſprochen habe. Hier iſt die ſchönſte
Linde meines Gartens, ich habe einen beſſern Ruhe¬
plaz unter ihr anbringen laſſen, und gehe ſelten vor¬
über, ohne mich eine Weile nieder zu ſezen, um mich
an dem Summen in ihren Äſten zu ergözen. Wollen
wir uns ſezen?“

Ich willigte ein, wir ſezten uns, das Summen
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[181/0195] Sicherſte bleiben immer die Heerden der kleinen Thiere. Das habt ihr gewiß ſchon gehört, daß die Spinnen Wetterverkündiger ſind, und daß die Ameiſen den Re¬ gen vorher ſagen. Man muß das Leben dieſer kleinen Dinge betrachten, ihre häuslichen Einrichtungen an¬ ſchauen, oft zu ihnen kommen, ſehen, wie ſie ihre Zeit hinbringen, erforſchen, welche Grenzen ihre Gebiethe haben, welche die Bedingungen ihres Glückes ſind, und wie ſie denſelben nachkommen. Darum wiſſen Jäger Holzhauer und Menſchen, welche einſam ſind, und zur Betrachtung dieſes abgeſonderten Lebens auf¬ gefordert werden, das Meiſte von dieſen Dingen, und wie aus dem Benehmen von Thieren das Wetter vor¬ herzuſagen iſt. Es gehört aber wie zu allem auch Liebe dazu.“ „Hier iſt der Siz,“ unterbrach er ſich, „von wel¬ chem ich früher geſprochen habe. Hier iſt die ſchönſte Linde meines Gartens, ich habe einen beſſern Ruhe¬ plaz unter ihr anbringen laſſen, und gehe ſelten vor¬ über, ohne mich eine Weile nieder zu ſezen, um mich an dem Summen in ihren Äſten zu ergözen. Wollen wir uns ſezen?“ Ich willigte ein, wir ſezten uns, das Summen war wirklich über unſern Häuptern zu hören, und ich

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/195>, abgerufen am 22.11.2024.