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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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Ich hatte den Ausbruch desselben, als ich den
Hügel zu dem weißen Hause empor stieg, um eine
Unterkunft zu suchen, in kurzer Zeit erwartet; und
nun waren Stunden vergangen, und es war noch
immer nicht ausgebrochen. Über den ganzen Himmel
stand es unbeweglich. Die Wolkendecke war an man¬
chen Stellen fast finster geworden und Blize zuckten
aus diesen Stellen bald höher bald tiefer hervor. Der
Donner folgte in ruhigem schwerem Rollen auf diese
Blize; aber in der Wolkendecke zeigte sich kein Zusam¬
mensammeln zu einem einzigen Gewitterballen, und
es war kein Anschicken zu einem Regen.

Ich sagte endlich zu meinem Nachbar, indem ich
auf die Männer zeigte, welche weiter unten in der
Niederung, in welcher die Wirthschaftsgebäude lagen,
Gras machten: "Diese scheinen auch auf kein Gewitter
und auf kein gewöhnliches Nachregnen für den morgi¬
gen Tag zu rechnen, weil sie jezt Gras mähen, das
ihnen in der Nacht ein tüchtiger Regen durchnässen,
oder morgen eine kräftige Sonne zu Heu trocknen
kann."

"Diese wissen gar nichts von dem Wetter," sagte
mein Begleiter, "und sie mähen das Gras nur, weil
ich es so angeordnet habe."

Ich hatte den Ausbruch desſelben, als ich den
Hügel zu dem weißen Hauſe empor ſtieg, um eine
Unterkunft zu ſuchen, in kurzer Zeit erwartet; und
nun waren Stunden vergangen, und es war noch
immer nicht ausgebrochen. Über den ganzen Himmel
ſtand es unbeweglich. Die Wolkendecke war an man¬
chen Stellen faſt finſter geworden und Blize zuckten
aus dieſen Stellen bald höher bald tiefer hervor. Der
Donner folgte in ruhigem ſchwerem Rollen auf dieſe
Blize; aber in der Wolkendecke zeigte ſich kein Zuſam¬
menſammeln zu einem einzigen Gewitterballen, und
es war kein Anſchicken zu einem Regen.

Ich ſagte endlich zu meinem Nachbar, indem ich
auf die Männer zeigte, welche weiter unten in der
Niederung, in welcher die Wirthſchaftsgebäude lagen,
Gras machten: „Dieſe ſcheinen auch auf kein Gewitter
und auf kein gewöhnliches Nachregnen für den morgi¬
gen Tag zu rechnen, weil ſie jezt Gras mähen, das
ihnen in der Nacht ein tüchtiger Regen durchnäſſen,
oder morgen eine kräftige Sonne zu Heu trocknen
kann.“

„Dieſe wiſſen gar nichts von dem Wetter,“ ſagte
mein Begleiter, „und ſie mähen das Gras nur, weil
ich es ſo angeordnet habe.“

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[106/0120] Ich hatte den Ausbruch desſelben, als ich den Hügel zu dem weißen Hauſe empor ſtieg, um eine Unterkunft zu ſuchen, in kurzer Zeit erwartet; und nun waren Stunden vergangen, und es war noch immer nicht ausgebrochen. Über den ganzen Himmel ſtand es unbeweglich. Die Wolkendecke war an man¬ chen Stellen faſt finſter geworden und Blize zuckten aus dieſen Stellen bald höher bald tiefer hervor. Der Donner folgte in ruhigem ſchwerem Rollen auf dieſe Blize; aber in der Wolkendecke zeigte ſich kein Zuſam¬ menſammeln zu einem einzigen Gewitterballen, und es war kein Anſchicken zu einem Regen. Ich ſagte endlich zu meinem Nachbar, indem ich auf die Männer zeigte, welche weiter unten in der Niederung, in welcher die Wirthſchaftsgebäude lagen, Gras machten: „Dieſe ſcheinen auch auf kein Gewitter und auf kein gewöhnliches Nachregnen für den morgi¬ gen Tag zu rechnen, weil ſie jezt Gras mähen, das ihnen in der Nacht ein tüchtiger Regen durchnäſſen, oder morgen eine kräftige Sonne zu Heu trocknen kann.“ „Dieſe wiſſen gar nichts von dem Wetter,“ ſagte mein Begleiter, „und ſie mähen das Gras nur, weil ich es ſo angeordnet habe.“

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/120>, abgerufen am 24.11.2024.