Ich hatte den Ausbruch desselben, als ich den Hügel zu dem weißen Hause empor stieg, um eine Unterkunft zu suchen, in kurzer Zeit erwartet; und nun waren Stunden vergangen, und es war noch immer nicht ausgebrochen. Über den ganzen Himmel stand es unbeweglich. Die Wolkendecke war an man¬ chen Stellen fast finster geworden und Blize zuckten aus diesen Stellen bald höher bald tiefer hervor. Der Donner folgte in ruhigem schwerem Rollen auf diese Blize; aber in der Wolkendecke zeigte sich kein Zusam¬ mensammeln zu einem einzigen Gewitterballen, und es war kein Anschicken zu einem Regen.
Ich sagte endlich zu meinem Nachbar, indem ich auf die Männer zeigte, welche weiter unten in der Niederung, in welcher die Wirthschaftsgebäude lagen, Gras machten: "Diese scheinen auch auf kein Gewitter und auf kein gewöhnliches Nachregnen für den morgi¬ gen Tag zu rechnen, weil sie jezt Gras mähen, das ihnen in der Nacht ein tüchtiger Regen durchnässen, oder morgen eine kräftige Sonne zu Heu trocknen kann."
"Diese wissen gar nichts von dem Wetter," sagte mein Begleiter, "und sie mähen das Gras nur, weil ich es so angeordnet habe."
Ich hatte den Ausbruch desſelben, als ich den Hügel zu dem weißen Hauſe empor ſtieg, um eine Unterkunft zu ſuchen, in kurzer Zeit erwartet; und nun waren Stunden vergangen, und es war noch immer nicht ausgebrochen. Über den ganzen Himmel ſtand es unbeweglich. Die Wolkendecke war an man¬ chen Stellen faſt finſter geworden und Blize zuckten aus dieſen Stellen bald höher bald tiefer hervor. Der Donner folgte in ruhigem ſchwerem Rollen auf dieſe Blize; aber in der Wolkendecke zeigte ſich kein Zuſam¬ menſammeln zu einem einzigen Gewitterballen, und es war kein Anſchicken zu einem Regen.
Ich ſagte endlich zu meinem Nachbar, indem ich auf die Männer zeigte, welche weiter unten in der Niederung, in welcher die Wirthſchaftsgebäude lagen, Gras machten: „Dieſe ſcheinen auch auf kein Gewitter und auf kein gewöhnliches Nachregnen für den morgi¬ gen Tag zu rechnen, weil ſie jezt Gras mähen, das ihnen in der Nacht ein tüchtiger Regen durchnäſſen, oder morgen eine kräftige Sonne zu Heu trocknen kann.“
„Dieſe wiſſen gar nichts von dem Wetter,“ ſagte mein Begleiter, „und ſie mähen das Gras nur, weil ich es ſo angeordnet habe.“
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0120"n="106"/><p>Ich hatte den Ausbruch desſelben, als ich den<lb/>
Hügel zu dem weißen Hauſe empor ſtieg, um eine<lb/>
Unterkunft zu ſuchen, in kurzer Zeit erwartet; und<lb/>
nun waren Stunden vergangen, und es war noch<lb/>
immer nicht ausgebrochen. Über den ganzen Himmel<lb/>ſtand es unbeweglich. Die Wolkendecke war an man¬<lb/>
chen Stellen faſt finſter geworden und Blize zuckten<lb/>
aus dieſen Stellen bald höher bald tiefer hervor. Der<lb/>
Donner folgte in ruhigem ſchwerem Rollen auf dieſe<lb/>
Blize; aber in der Wolkendecke zeigte ſich kein Zuſam¬<lb/>
menſammeln zu einem einzigen Gewitterballen, und<lb/>
es war kein Anſchicken zu einem Regen.</p><lb/><p>Ich ſagte endlich zu meinem Nachbar, indem ich<lb/>
auf die Männer zeigte, welche weiter unten in der<lb/>
Niederung, in welcher die Wirthſchaftsgebäude lagen,<lb/>
Gras machten: „Dieſe ſcheinen auch auf kein Gewitter<lb/>
und auf kein gewöhnliches Nachregnen für den morgi¬<lb/>
gen Tag zu rechnen, weil ſie jezt Gras mähen, das<lb/>
ihnen in der Nacht ein tüchtiger Regen durchnäſſen,<lb/>
oder morgen eine kräftige Sonne zu Heu trocknen<lb/>
kann.“</p><lb/><p>„Dieſe wiſſen gar nichts von dem Wetter,“ſagte<lb/>
mein Begleiter, „und ſie mähen das Gras nur, weil<lb/>
ich es ſo angeordnet habe.“<lb/></p></div></body></text></TEI>
[106/0120]
Ich hatte den Ausbruch desſelben, als ich den
Hügel zu dem weißen Hauſe empor ſtieg, um eine
Unterkunft zu ſuchen, in kurzer Zeit erwartet; und
nun waren Stunden vergangen, und es war noch
immer nicht ausgebrochen. Über den ganzen Himmel
ſtand es unbeweglich. Die Wolkendecke war an man¬
chen Stellen faſt finſter geworden und Blize zuckten
aus dieſen Stellen bald höher bald tiefer hervor. Der
Donner folgte in ruhigem ſchwerem Rollen auf dieſe
Blize; aber in der Wolkendecke zeigte ſich kein Zuſam¬
menſammeln zu einem einzigen Gewitterballen, und
es war kein Anſchicken zu einem Regen.
Ich ſagte endlich zu meinem Nachbar, indem ich
auf die Männer zeigte, welche weiter unten in der
Niederung, in welcher die Wirthſchaftsgebäude lagen,
Gras machten: „Dieſe ſcheinen auch auf kein Gewitter
und auf kein gewöhnliches Nachregnen für den morgi¬
gen Tag zu rechnen, weil ſie jezt Gras mähen, das
ihnen in der Nacht ein tüchtiger Regen durchnäſſen,
oder morgen eine kräftige Sonne zu Heu trocknen
kann.“
„Dieſe wiſſen gar nichts von dem Wetter,“ ſagte
mein Begleiter, „und ſie mähen das Gras nur, weil
ich es ſo angeordnet habe.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/120>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.