Garten laufenden Rinnen zu leiten, und aus diesen in die Wasserbehälter. Ich sah auch bereits Arbeiter gehen, ihre Gießkannen in den Wasserbehältern füllen, und ihren Inhalt auf die Pflanzenbeete ausstreuen. Ich war sehr begierig auf den Verlauf der Dinge, sagte aber gar nichts, und mein Begleiter schwieg auch.
Wir gingen nach kurzem Stillstande auf dem Rasengrunde wieder weiter aufwärts, und zulezt ziemlich steil.
Endlich hatten wir die höchste Stelle erreicht, und mit ihr auch das Ende des Gartens. Jenseits senkte sich der Boden wieder sanft abwärts. Auf diesem Plaze stand ein sehr großer Kirschbaum, der größte Baum des Gartens vielleicht der größte Obstbaum der Gegend. Um den Stamm des Baumes lief eine Holzbank, die vier Tischchen nach den vier Weltgegen¬ den vor sich hatte, daß man hier ausruhen, die Gegend besehen, oder lesen und schreiben konnte. Man sah an dieser Stelle fast nach allen Richtungen des Him¬ mels. Ich erinnerte mich nun ganz genau, daß ich diesen Baum wohl früher bei meinen Wanderungen von der Straße oder von anderen Stellen aus gesehen hatte. Er war wie ein dunkler ausgezeichneter Punkt erschienen, der die höchste Stelle der Gegend krönte.
Garten laufenden Rinnen zu leiten, und aus dieſen in die Waſſerbehälter. Ich ſah auch bereits Arbeiter gehen, ihre Gießkannen in den Waſſerbehältern füllen, und ihren Inhalt auf die Pflanzenbeete ausſtreuen. Ich war ſehr begierig auf den Verlauf der Dinge, ſagte aber gar nichts, und mein Begleiter ſchwieg auch.
Wir gingen nach kurzem Stillſtande auf dem Raſengrunde wieder weiter aufwärts, und zulezt ziemlich ſteil.
Endlich hatten wir die höchſte Stelle erreicht, und mit ihr auch das Ende des Gartens. Jenſeits ſenkte ſich der Boden wieder ſanft abwärts. Auf dieſem Plaze ſtand ein ſehr großer Kirſchbaum, der größte Baum des Gartens vielleicht der größte Obſtbaum der Gegend. Um den Stamm des Baumes lief eine Holzbank, die vier Tiſchchen nach den vier Weltgegen¬ den vor ſich hatte, daß man hier ausruhen, die Gegend beſehen, oder leſen und ſchreiben konnte. Man ſah an dieſer Stelle faſt nach allen Richtungen des Him¬ mels. Ich erinnerte mich nun ganz genau, daß ich dieſen Baum wohl früher bei meinen Wanderungen von der Straße oder von anderen Stellen aus geſehen hatte. Er war wie ein dunkler ausgezeichneter Punkt erſchienen, der die höchſte Stelle der Gegend krönte.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0103"n="89"/>
Garten laufenden Rinnen zu leiten, und aus dieſen<lb/>
in die Waſſerbehälter. Ich ſah auch bereits Arbeiter<lb/>
gehen, ihre Gießkannen in den Waſſerbehältern füllen,<lb/>
und ihren Inhalt auf die Pflanzenbeete ausſtreuen.<lb/>
Ich war ſehr begierig auf den Verlauf der Dinge, ſagte<lb/>
aber gar nichts, und mein Begleiter ſchwieg auch.</p><lb/><p>Wir gingen nach kurzem Stillſtande auf dem<lb/>
Raſengrunde wieder weiter aufwärts, und zulezt<lb/>
ziemlich ſteil.</p><lb/><p>Endlich hatten wir die höchſte Stelle erreicht, und<lb/>
mit ihr auch das Ende des Gartens. Jenſeits ſenkte<lb/>ſich der Boden wieder ſanft abwärts. Auf dieſem<lb/>
Plaze ſtand ein ſehr großer Kirſchbaum, der größte<lb/>
Baum des Gartens vielleicht der größte Obſtbaum<lb/>
der Gegend. Um den Stamm des Baumes lief eine<lb/>
Holzbank, die vier Tiſchchen nach den vier Weltgegen¬<lb/>
den vor ſich hatte, daß man hier ausruhen, die Gegend<lb/>
beſehen, oder leſen und ſchreiben konnte. Man ſah<lb/>
an dieſer Stelle faſt nach allen Richtungen des Him¬<lb/>
mels. Ich erinnerte mich nun ganz genau, daß ich<lb/>
dieſen Baum wohl früher bei meinen Wanderungen<lb/>
von der Straße oder von anderen Stellen aus geſehen<lb/>
hatte. Er war wie ein dunkler ausgezeichneter Punkt<lb/>
erſchienen, der die höchſte Stelle der Gegend krönte.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[89/0103]
Garten laufenden Rinnen zu leiten, und aus dieſen
in die Waſſerbehälter. Ich ſah auch bereits Arbeiter
gehen, ihre Gießkannen in den Waſſerbehältern füllen,
und ihren Inhalt auf die Pflanzenbeete ausſtreuen.
Ich war ſehr begierig auf den Verlauf der Dinge, ſagte
aber gar nichts, und mein Begleiter ſchwieg auch.
Wir gingen nach kurzem Stillſtande auf dem
Raſengrunde wieder weiter aufwärts, und zulezt
ziemlich ſteil.
Endlich hatten wir die höchſte Stelle erreicht, und
mit ihr auch das Ende des Gartens. Jenſeits ſenkte
ſich der Boden wieder ſanft abwärts. Auf dieſem
Plaze ſtand ein ſehr großer Kirſchbaum, der größte
Baum des Gartens vielleicht der größte Obſtbaum
der Gegend. Um den Stamm des Baumes lief eine
Holzbank, die vier Tiſchchen nach den vier Weltgegen¬
den vor ſich hatte, daß man hier ausruhen, die Gegend
beſehen, oder leſen und ſchreiben konnte. Man ſah
an dieſer Stelle faſt nach allen Richtungen des Him¬
mels. Ich erinnerte mich nun ganz genau, daß ich
dieſen Baum wohl früher bei meinen Wanderungen
von der Straße oder von anderen Stellen aus geſehen
hatte. Er war wie ein dunkler ausgezeichneter Punkt
erſchienen, der die höchſte Stelle der Gegend krönte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/103>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.