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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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niedergelassen, vollständig seyn. Ein religiöses Band um alle diese einstigen Fremdlinge zieht die Verehrung des heiligen Theoduls - walserisch St. Joder - der fast in jeder ihrer Kirchen und Capellen als Haupt- oder Nebenpatron seine Stelle hat. Auch St. Theoduls Name weist auf das Wallis; dort wird er als Landesheiliger verehrt, obgleich Herr Custos Bergmann nicht ganz verlässig ermitteln konnte ob und wann er gelebt. Wahrscheinlich ist damit Theodor, ein Bischof von Sitten gemeint, der im Jahre 505 der Kirchweihe des vom burgundischen König Sigmund gestifteten Klosters St. Moriz beigewohnt haben soll. Wenigstens mag dieser minder zweifelhaft seyn, als jener Bischof Theodulus, den Johannes von Müller auf die Legende bauend in die Zeiten der Karlinger setzt.

Kehren wir indessen wieder nach Damils zurück, wo also die Aeltesten der Gemeinde im Wirthshaus sitzen und friedlich plaudernd ihren Branntwein trinken, während es draußen, mitten im Sommer, etwas zu schneien anhebt. Sie erzählen von den alten Landammännern und den alten Tagen wo die Damilser noch rothe Kamisole mit Haften statt der Knöpfe getragen haben. Sie wissen aber auch von Dingen zu erzählen die länger vergangen sind, denn Damils hat in allem Ernst eine Sagengeschichte der Urzeit. Als die Walser von dieser Alpenhöhe Besitz nahmen, sollen "am Brand", was auch zur Gemeinde gehört, schon Menschen gewohnt haben, aber wilde. Das waren wohl Abkömmlinge der Rhätier, der alten Ureinwohner, die auch der Gegend die Namen gaben, denn Damils, Scafells, Garsella u. dergl. was sich hier herum findet, sind rhätische Klänge, wogegen wieder andere Namen wie Fontanella, Rungal, Ragall (Roncale) etc. zeigen, daß nach dem Rhätischen hier romanisch gesprochen wurde. Sie, die fremden Ankömmlinge, hätten darauf ihre ersten Hütten "auf den Bödmen" erbaut, wo noch seit uralten Zeiten ein Schatz vergraben liegt. Dessen zum Zeichen sieht man auch in dieser Gegend öftermalen blanke Thaler sich behaglich in den Lüften wiegen, gar nicht viel höher als man mit dem Arm reichen mag, aber gerade so hoch um sie nicht erreichen zu können. Die Einwanderung ihrer Ahnen setzten die erzählenden Zecher

niedergelassen, vollständig seyn. Ein religiöses Band um alle diese einstigen Fremdlinge zieht die Verehrung des heiligen Theoduls – walserisch St. Joder – der fast in jeder ihrer Kirchen und Capellen als Haupt- oder Nebenpatron seine Stelle hat. Auch St. Theoduls Name weist auf das Wallis; dort wird er als Landesheiliger verehrt, obgleich Herr Custos Bergmann nicht ganz verlässig ermitteln konnte ob und wann er gelebt. Wahrscheinlich ist damit Theodor, ein Bischof von Sitten gemeint, der im Jahre 505 der Kirchweihe des vom burgundischen König Sigmund gestifteten Klosters St. Moriz beigewohnt haben soll. Wenigstens mag dieser minder zweifelhaft seyn, als jener Bischof Theodulus, den Johannes von Müller auf die Legende bauend in die Zeiten der Karlinger setzt.

Kehren wir indessen wieder nach Damils zurück, wo also die Aeltesten der Gemeinde im Wirthshaus sitzen und friedlich plaudernd ihren Branntwein trinken, während es draußen, mitten im Sommer, etwas zu schneien anhebt. Sie erzählen von den alten Landammännern und den alten Tagen wo die Damilser noch rothe Kamisole mit Haften statt der Knöpfe getragen haben. Sie wissen aber auch von Dingen zu erzählen die länger vergangen sind, denn Damils hat in allem Ernst eine Sagengeschichte der Urzeit. Als die Walser von dieser Alpenhöhe Besitz nahmen, sollen „am Brand", was auch zur Gemeinde gehört, schon Menschen gewohnt haben, aber wilde. Das waren wohl Abkömmlinge der Rhätier, der alten Ureinwohner, die auch der Gegend die Namen gaben, denn Damils, Scafells, Garsella u. dergl. was sich hier herum findet, sind rhätische Klänge, wogegen wieder andere Namen wie Fontanella, Rungal, Ragall (Roncale) etc. zeigen, daß nach dem Rhätischen hier romanisch gesprochen wurde. Sie, die fremden Ankömmlinge, hätten darauf ihre ersten Hütten „auf den Bödmen" erbaut, wo noch seit uralten Zeiten ein Schatz vergraben liegt. Dessen zum Zeichen sieht man auch in dieser Gegend öftermalen blanke Thaler sich behaglich in den Lüften wiegen, gar nicht viel höher als man mit dem Arm reichen mag, aber gerade so hoch um sie nicht erreichen zu können. Die Einwanderung ihrer Ahnen setzten die erzählenden Zecher

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[93/0098] niedergelassen, vollständig seyn. Ein religiöses Band um alle diese einstigen Fremdlinge zieht die Verehrung des heiligen Theoduls – walserisch St. Joder – der fast in jeder ihrer Kirchen und Capellen als Haupt- oder Nebenpatron seine Stelle hat. Auch St. Theoduls Name weist auf das Wallis; dort wird er als Landesheiliger verehrt, obgleich Herr Custos Bergmann nicht ganz verlässig ermitteln konnte ob und wann er gelebt. Wahrscheinlich ist damit Theodor, ein Bischof von Sitten gemeint, der im Jahre 505 der Kirchweihe des vom burgundischen König Sigmund gestifteten Klosters St. Moriz beigewohnt haben soll. Wenigstens mag dieser minder zweifelhaft seyn, als jener Bischof Theodulus, den Johannes von Müller auf die Legende bauend in die Zeiten der Karlinger setzt. Kehren wir indessen wieder nach Damils zurück, wo also die Aeltesten der Gemeinde im Wirthshaus sitzen und friedlich plaudernd ihren Branntwein trinken, während es draußen, mitten im Sommer, etwas zu schneien anhebt. Sie erzählen von den alten Landammännern und den alten Tagen wo die Damilser noch rothe Kamisole mit Haften statt der Knöpfe getragen haben. Sie wissen aber auch von Dingen zu erzählen die länger vergangen sind, denn Damils hat in allem Ernst eine Sagengeschichte der Urzeit. Als die Walser von dieser Alpenhöhe Besitz nahmen, sollen „am Brand", was auch zur Gemeinde gehört, schon Menschen gewohnt haben, aber wilde. Das waren wohl Abkömmlinge der Rhätier, der alten Ureinwohner, die auch der Gegend die Namen gaben, denn Damils, Scafells, Garsella u. dergl. was sich hier herum findet, sind rhätische Klänge, wogegen wieder andere Namen wie Fontanella, Rungal, Ragall (Roncale) etc. zeigen, daß nach dem Rhätischen hier romanisch gesprochen wurde. Sie, die fremden Ankömmlinge, hätten darauf ihre ersten Hütten „auf den Bödmen" erbaut, wo noch seit uralten Zeiten ein Schatz vergraben liegt. Dessen zum Zeichen sieht man auch in dieser Gegend öftermalen blanke Thaler sich behaglich in den Lüften wiegen, gar nicht viel höher als man mit dem Arm reichen mag, aber gerade so hoch um sie nicht erreichen zu können. Die Einwanderung ihrer Ahnen setzten die erzählenden Zecher

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/98>, abgerufen am 23.11.2024.