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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Glanz historischer Erinnerungen, so sind sie doch, einfach als tirolische Landeskinder betrachtet, aller Ehren werth. Sie leben still und fein, enthalten sich alles Hochmuths, thun mit mäßigen Opfern manches fürs allgemeine Beste, machen neue Versuche in der Landwirthschaft und treiben mitunter vaterländische Studien, zumal Geschichte. Ihre Zugänglichkeit, ihr artiges Wesen, ihre Gastfreundschaft wird auch der Fremde oft Gelegenheit haben, angenehm zu empfinden. Man spricht den Edelmann wie den Herrn im allgemeinen mit "Gnädiger" an und seine Gattin heißt die "Gnädige."

Unter dem Herrenstande im weitern Sinne findet man denn auch die "Gebildeten" in Tirol, die literarisch Strebsamen, die Gelehrten und Schriftsteller. Die wissenschaftliche Bewegung dieses Landes ist während der letzten Jahre oft genug in deutschen Zeitschriften besprochen worden und mag dahier, wo es uns zum Schlusse drängt, mit kurzer Berührung zufrieden seyn. Der Eifer für vaterländische Geschichte ist sehr groß und wird vom Grafen Landesgouverneur mit Nachdruck unterstützt. Die ferdinandeische Zeitschrift bringt von Jahr zu Jahr anziehende Monographien über Natur und Volk von Tirol. Professor Albert Jäger hat sich jetzt, nachdem er den Krieg von 1703 so rühmlich beschrieben, der Geschichte Herzog Sigmunds des Münzreichen zugewendet. An seinen Schriften sieht man auch mit Vergnügen, daß selbst die Wiener Censur einsichtiger geworden und nicht mehr des Glaubens ist, durch ihre Thaten die Geschichte beherrschen zu können. Unter den jüngern Dichtern hat insbesondre Hermann von Gilm durch seine gedankenreichen Sonette und eigenthümliche Lyrik sich Anerkennung errungen, obgleich noch nichts davon gedruckt ist. Wenn man, ohne indiscret zu seyn, von der Stimmung der tirolischen Gebildeten sprechen darf, so ist sie so ziemlich dieselbe, wie in den andern deutschen Ländern der Monarchie. Es gilt die Ansicht, daß man dem Systeme entwachsen und daß die Regierung am besten thäte, sich mit der Intelligenz der Zeit aufrichtig zu verständigen. Man erkennt die Unzulänglichkeit der Unterrichtsanstalten, den bedauernswerthen Zustand der Presse, den Mangel an öffentlichem Leben. Man

Glanz historischer Erinnerungen, so sind sie doch, einfach als tirolische Landeskinder betrachtet, aller Ehren werth. Sie leben still und fein, enthalten sich alles Hochmuths, thun mit mäßigen Opfern manches fürs allgemeine Beste, machen neue Versuche in der Landwirthschaft und treiben mitunter vaterländische Studien, zumal Geschichte. Ihre Zugänglichkeit, ihr artiges Wesen, ihre Gastfreundschaft wird auch der Fremde oft Gelegenheit haben, angenehm zu empfinden. Man spricht den Edelmann wie den Herrn im allgemeinen mit „Gnädiger“ an und seine Gattin heißt die „Gnädige.“

Unter dem Herrenstande im weitern Sinne findet man denn auch die „Gebildeten“ in Tirol, die literarisch Strebsamen, die Gelehrten und Schriftsteller. Die wissenschaftliche Bewegung dieses Landes ist während der letzten Jahre oft genug in deutschen Zeitschriften besprochen worden und mag dahier, wo es uns zum Schlusse drängt, mit kurzer Berührung zufrieden seyn. Der Eifer für vaterländische Geschichte ist sehr groß und wird vom Grafen Landesgouverneur mit Nachdruck unterstützt. Die ferdinandeische Zeitschrift bringt von Jahr zu Jahr anziehende Monographien über Natur und Volk von Tirol. Professor Albert Jäger hat sich jetzt, nachdem er den Krieg von 1703 so rühmlich beschrieben, der Geschichte Herzog Sigmunds des Münzreichen zugewendet. An seinen Schriften sieht man auch mit Vergnügen, daß selbst die Wiener Censur einsichtiger geworden und nicht mehr des Glaubens ist, durch ihre Thaten die Geschichte beherrschen zu können. Unter den jüngern Dichtern hat insbesondre Hermann von Gilm durch seine gedankenreichen Sonette und eigenthümliche Lyrik sich Anerkennung errungen, obgleich noch nichts davon gedruckt ist. Wenn man, ohne indiscret zu seyn, von der Stimmung der tirolischen Gebildeten sprechen darf, so ist sie so ziemlich dieselbe, wie in den andern deutschen Ländern der Monarchie. Es gilt die Ansicht, daß man dem Systeme entwachsen und daß die Regierung am besten thäte, sich mit der Intelligenz der Zeit aufrichtig zu verständigen. Man erkennt die Unzulänglichkeit der Unterrichtsanstalten, den bedauernswerthen Zustand der Presse, den Mangel an öffentlichem Leben. Man

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[662/0666] Glanz historischer Erinnerungen, so sind sie doch, einfach als tirolische Landeskinder betrachtet, aller Ehren werth. Sie leben still und fein, enthalten sich alles Hochmuths, thun mit mäßigen Opfern manches fürs allgemeine Beste, machen neue Versuche in der Landwirthschaft und treiben mitunter vaterländische Studien, zumal Geschichte. Ihre Zugänglichkeit, ihr artiges Wesen, ihre Gastfreundschaft wird auch der Fremde oft Gelegenheit haben, angenehm zu empfinden. Man spricht den Edelmann wie den Herrn im allgemeinen mit „Gnädiger“ an und seine Gattin heißt die „Gnädige.“ Unter dem Herrenstande im weitern Sinne findet man denn auch die „Gebildeten“ in Tirol, die literarisch Strebsamen, die Gelehrten und Schriftsteller. Die wissenschaftliche Bewegung dieses Landes ist während der letzten Jahre oft genug in deutschen Zeitschriften besprochen worden und mag dahier, wo es uns zum Schlusse drängt, mit kurzer Berührung zufrieden seyn. Der Eifer für vaterländische Geschichte ist sehr groß und wird vom Grafen Landesgouverneur mit Nachdruck unterstützt. Die ferdinandeische Zeitschrift bringt von Jahr zu Jahr anziehende Monographien über Natur und Volk von Tirol. Professor Albert Jäger hat sich jetzt, nachdem er den Krieg von 1703 so rühmlich beschrieben, der Geschichte Herzog Sigmunds des Münzreichen zugewendet. An seinen Schriften sieht man auch mit Vergnügen, daß selbst die Wiener Censur einsichtiger geworden und nicht mehr des Glaubens ist, durch ihre Thaten die Geschichte beherrschen zu können. Unter den jüngern Dichtern hat insbesondre Hermann von Gilm durch seine gedankenreichen Sonette und eigenthümliche Lyrik sich Anerkennung errungen, obgleich noch nichts davon gedruckt ist. Wenn man, ohne indiscret zu seyn, von der Stimmung der tirolischen Gebildeten sprechen darf, so ist sie so ziemlich dieselbe, wie in den andern deutschen Ländern der Monarchie. Es gilt die Ansicht, daß man dem Systeme entwachsen und daß die Regierung am besten thäte, sich mit der Intelligenz der Zeit aufrichtig zu verständigen. Man erkennt die Unzulänglichkeit der Unterrichtsanstalten, den bedauernswerthen Zustand der Presse, den Mangel an öffentlichem Leben. Man

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/666>, abgerufen am 23.11.2024.