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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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vorzugreifen, hält aber dagegen als Ehemann unverbrüchliche Treue. Alte Jungferschaft ist hier zu Lande übrigens so wenig beneidenswerth als anderswo; alte Jungfern gehören, so will es das Sprüchwort, auf das Sterzinger Moos. Dort sieht man zur Nachtzeit die Geister dieser Unglücklichen in irrenden Flämmlein über dem Moor tanzen."

Jenes Sprüchwort hat in den letzten neununddreißig Jahren an seiner Geltung nichts verloren. Noch heutzutage mag man Jungfrauen, die ihre Hoffnungen auf eine anständige Versorgung allmählich zerrinnen sehen, in die elegische Weissagung ausbrechen hören: I g'hear a schon bald aufs Sterzinger Moos! Der gleichen Anschauung ist gedacht in einem hübschen Liede neuern Ursprungs, das also lautet:

Schön blau is der See
Und's Herz thut mir weh,
Und wird nimmermehr g'sund.
Bis mei Diendl nit kummt.
Und Diendl, was thätst du
Wenn treffet' mi's Loos?*)
Du müßtest halt wandern
Auf's Sterzinger Moos.
Und wenn i amal g'storbn bin,
Brauch i Weichbrunn koan'n;
Mein Grab'l wird naß
Von mein Diendl sein Woan'n.

Zu einem andern Schnaderhüpfel gibt unser Gewährsmann folgende Erläuterung:

"Da die deutschen Tiroler, besonders die Zillerthaler und alle Bewohner des Unterinnthales, große Liebhaber gebrannter Getränke sind, der eigentliche Branntwein aber doch vielen zu kostbar ist, so suchen sie ihn durch Brennung beinahe aller Obstgattungen und Feldfrüchte, verschiedener Beeren und Wurzeln zu ersetzen. Es gibt Branntwein von Aepfeln, Kirschen, Birnen, Zwetschgen, Weichseln, Roggen, Erdäpfeln, Schlehen, Kranwet (Wachholder), Moosbeeren (vaccinium oxycoccus), Meisterwurzen (imperatoria ostrutium), Enzian und

*) Bei der Conscription.

vorzugreifen, hält aber dagegen als Ehemann unverbrüchliche Treue. Alte Jungferschaft ist hier zu Lande übrigens so wenig beneidenswerth als anderswo; alte Jungfern gehören, so will es das Sprüchwort, auf das Sterzinger Moos. Dort sieht man zur Nachtzeit die Geister dieser Unglücklichen in irrenden Flämmlein über dem Moor tanzen.“

Jenes Sprüchwort hat in den letzten neununddreißig Jahren an seiner Geltung nichts verloren. Noch heutzutage mag man Jungfrauen, die ihre Hoffnungen auf eine anständige Versorgung allmählich zerrinnen sehen, in die elegische Weissagung ausbrechen hören: I g’hear a schon bald aufs Sterzinger Moos! Der gleichen Anschauung ist gedacht in einem hübschen Liede neuern Ursprungs, das also lautet:

Schön blau is der See
Und’s Herz thut mir weh,
Und wird nimmermehr g’sund.
Bis mei Diendl nit kummt.
Und Diendl, was thätst du
Wenn treffet’ mi’s Loos?*)
Du müßtest halt wandern
Auf’s Sterzinger Moos.
Und wenn i amal g’storbn bin,
Brauch i Weichbrunn koan’n;
Mein Grab’l wird naß
Von mein Diendl sein Woan’n.

Zu einem andern Schnaderhüpfel gibt unser Gewährsmann folgende Erläuterung:

„Da die deutschen Tiroler, besonders die Zillerthaler und alle Bewohner des Unterinnthales, große Liebhaber gebrannter Getränke sind, der eigentliche Branntwein aber doch vielen zu kostbar ist, so suchen sie ihn durch Brennung beinahe aller Obstgattungen und Feldfrüchte, verschiedener Beeren und Wurzeln zu ersetzen. Es gibt Branntwein von Aepfeln, Kirschen, Birnen, Zwetschgen, Weichseln, Roggen, Erdäpfeln, Schlehen, Kranwet (Wachholder), Moosbeeren (vaccinium oxycoccus), Meisterwurzen (imperatoria ostrutium), Enzian und

*) Bei der Conscription.
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[568/0572] vorzugreifen, hält aber dagegen als Ehemann unverbrüchliche Treue. Alte Jungferschaft ist hier zu Lande übrigens so wenig beneidenswerth als anderswo; alte Jungfern gehören, so will es das Sprüchwort, auf das Sterzinger Moos. Dort sieht man zur Nachtzeit die Geister dieser Unglücklichen in irrenden Flämmlein über dem Moor tanzen.“ Jenes Sprüchwort hat in den letzten neununddreißig Jahren an seiner Geltung nichts verloren. Noch heutzutage mag man Jungfrauen, die ihre Hoffnungen auf eine anständige Versorgung allmählich zerrinnen sehen, in die elegische Weissagung ausbrechen hören: I g’hear a schon bald aufs Sterzinger Moos! Der gleichen Anschauung ist gedacht in einem hübschen Liede neuern Ursprungs, das also lautet: Schön blau is der See Und’s Herz thut mir weh, Und wird nimmermehr g’sund. Bis mei Diendl nit kummt. Und Diendl, was thätst du Wenn treffet’ mi’s Loos? *) Du müßtest halt wandern Auf’s Sterzinger Moos. Und wenn i amal g’storbn bin, Brauch i Weichbrunn koan’n; Mein Grab’l wird naß Von mein Diendl sein Woan’n. Zu einem andern Schnaderhüpfel gibt unser Gewährsmann folgende Erläuterung: „Da die deutschen Tiroler, besonders die Zillerthaler und alle Bewohner des Unterinnthales, große Liebhaber gebrannter Getränke sind, der eigentliche Branntwein aber doch vielen zu kostbar ist, so suchen sie ihn durch Brennung beinahe aller Obstgattungen und Feldfrüchte, verschiedener Beeren und Wurzeln zu ersetzen. Es gibt Branntwein von Aepfeln, Kirschen, Birnen, Zwetschgen, Weichseln, Roggen, Erdäpfeln, Schlehen, Kranwet (Wachholder), Moosbeeren (vaccinium oxycoccus), Meisterwurzen (imperatoria ostrutium), Enzian und *) Bei der Conscription.

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/572>, abgerufen am 23.11.2024.