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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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einer großen Popularität. Er ist gar nicht unzufrieden, daß die Fremden endlich auch einmal den Weg "ins Düx" gefunden haben und freut sich ihres guten Zuspruchs. Nur zufällig fand ich ihn dazumal etwas gereizt gegen ein paar Reisende aus Berlin, die er nicht recht hatte verstehen können. "Ich weiß nicht, sagte er, warum diese Leute ihre Muttersprache so verläugnen mögen." Man ist in Dux nämlich nicht mit Unrecht stolz auf den alten, feinen, unausgeschliffenen Dialekt, der in vielen Stücken dem Schriftdeutsch um ein Gutes näher steht, als die andern Mundarten des Landes. Auch die gebildeten Tiroler erkennen seine Tugend gerne an und man hat zur Erklärung sogar schon die sonderbare Behauptung aufgestellt, der hochdeutsche Anstrich des Duxer Dialekts rühre von einem Geistlichen her, welcher der Gemeinde so viele Bücher zu lesen gegeben, daß sie zuletzt unwillkürlich sich die Büchersprache eigen gemacht.

Maidele, des Wirthes Tochter, war damals einundzwanzig Jahr alt und ein schönes Mädchen mit dunkeln Haaren, schwarzen, feurigen Augen und rosigen Wangen. Es hat der Jungfrau keine Freuden eingetragen, daß die Welt sie für Lewalds "schöne Duxerin," für das Mädchen hielt, das der berühmte Tourist auf der Kirchweih zu Zell einst kennen gelernt, dann im Halbdunkel eines engen Gäßchens wieder gefunden und mit ihrem Vater, dem Alten, den Gebirgspfad hinaufgeführt hat, gleich "als hätte er eine Dame von hoher Bedeutung am Arm." Er fühlte sich, wie er gesteht, seliger dabei! Wenn man bedenkt, wie viele Maler, Studenten und andre scherzhafte, junge Leute jährlich zu Lannersbach zukehren, so ist es allerdings nicht zu verwundern, daß die Duxer und so auch Jörgel und sein Haus von der Begebenheit in dem Halbdunkel und allem, was darauf folgt, vernommen haben. Wie es nun gekommen, daß man die Geschichte auf dieses Mädchen bezogen, ist mir unbekannt. Maidele konnte indessen auch die leiseste Anspielung darauf nicht ertragen und es war ein Glück, dies zeitig genug zu merken, ehe sie, ihr Vater, der Bruder und das ganze Hauswesen verstimmt waren. Uebrigens hatte sie auch keine Gründe,

einer großen Popularität. Er ist gar nicht unzufrieden, daß die Fremden endlich auch einmal den Weg „ins Düx“ gefunden haben und freut sich ihres guten Zuspruchs. Nur zufällig fand ich ihn dazumal etwas gereizt gegen ein paar Reisende aus Berlin, die er nicht recht hatte verstehen können. „Ich weiß nicht, sagte er, warum diese Leute ihre Muttersprache so verläugnen mögen.“ Man ist in Dux nämlich nicht mit Unrecht stolz auf den alten, feinen, unausgeschliffenen Dialekt, der in vielen Stücken dem Schriftdeutsch um ein Gutes näher steht, als die andern Mundarten des Landes. Auch die gebildeten Tiroler erkennen seine Tugend gerne an und man hat zur Erklärung sogar schon die sonderbare Behauptung aufgestellt, der hochdeutsche Anstrich des Duxer Dialekts rühre von einem Geistlichen her, welcher der Gemeinde so viele Bücher zu lesen gegeben, daß sie zuletzt unwillkürlich sich die Büchersprache eigen gemacht.

Maidele, des Wirthes Tochter, war damals einundzwanzig Jahr alt und ein schönes Mädchen mit dunkeln Haaren, schwarzen, feurigen Augen und rosigen Wangen. Es hat der Jungfrau keine Freuden eingetragen, daß die Welt sie für Lewalds „schöne Duxerin,“ für das Mädchen hielt, das der berühmte Tourist auf der Kirchweih zu Zell einst kennen gelernt, dann im Halbdunkel eines engen Gäßchens wieder gefunden und mit ihrem Vater, dem Alten, den Gebirgspfad hinaufgeführt hat, gleich „als hätte er eine Dame von hoher Bedeutung am Arm.“ Er fühlte sich, wie er gesteht, seliger dabei! Wenn man bedenkt, wie viele Maler, Studenten und andre scherzhafte, junge Leute jährlich zu Lannersbach zukehren, so ist es allerdings nicht zu verwundern, daß die Duxer und so auch Jörgel und sein Haus von der Begebenheit in dem Halbdunkel und allem, was darauf folgt, vernommen haben. Wie es nun gekommen, daß man die Geschichte auf dieses Mädchen bezogen, ist mir unbekannt. Maidele konnte indessen auch die leiseste Anspielung darauf nicht ertragen und es war ein Glück, dies zeitig genug zu merken, ehe sie, ihr Vater, der Bruder und das ganze Hauswesen verstimmt waren. Uebrigens hatte sie auch keine Gründe,

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[520/0524] einer großen Popularität. Er ist gar nicht unzufrieden, daß die Fremden endlich auch einmal den Weg „ins Düx“ gefunden haben und freut sich ihres guten Zuspruchs. Nur zufällig fand ich ihn dazumal etwas gereizt gegen ein paar Reisende aus Berlin, die er nicht recht hatte verstehen können. „Ich weiß nicht, sagte er, warum diese Leute ihre Muttersprache so verläugnen mögen.“ Man ist in Dux nämlich nicht mit Unrecht stolz auf den alten, feinen, unausgeschliffenen Dialekt, der in vielen Stücken dem Schriftdeutsch um ein Gutes näher steht, als die andern Mundarten des Landes. Auch die gebildeten Tiroler erkennen seine Tugend gerne an und man hat zur Erklärung sogar schon die sonderbare Behauptung aufgestellt, der hochdeutsche Anstrich des Duxer Dialekts rühre von einem Geistlichen her, welcher der Gemeinde so viele Bücher zu lesen gegeben, daß sie zuletzt unwillkürlich sich die Büchersprache eigen gemacht. Maidele, des Wirthes Tochter, war damals einundzwanzig Jahr alt und ein schönes Mädchen mit dunkeln Haaren, schwarzen, feurigen Augen und rosigen Wangen. Es hat der Jungfrau keine Freuden eingetragen, daß die Welt sie für Lewalds „schöne Duxerin,“ für das Mädchen hielt, das der berühmte Tourist auf der Kirchweih zu Zell einst kennen gelernt, dann im Halbdunkel eines engen Gäßchens wieder gefunden und mit ihrem Vater, dem Alten, den Gebirgspfad hinaufgeführt hat, gleich „als hätte er eine Dame von hoher Bedeutung am Arm.“ Er fühlte sich, wie er gesteht, seliger dabei! Wenn man bedenkt, wie viele Maler, Studenten und andre scherzhafte, junge Leute jährlich zu Lannersbach zukehren, so ist es allerdings nicht zu verwundern, daß die Duxer und so auch Jörgel und sein Haus von der Begebenheit in dem Halbdunkel und allem, was darauf folgt, vernommen haben. Wie es nun gekommen, daß man die Geschichte auf dieses Mädchen bezogen, ist mir unbekannt. Maidele konnte indessen auch die leiseste Anspielung darauf nicht ertragen und es war ein Glück, dies zeitig genug zu merken, ehe sie, ihr Vater, der Bruder und das ganze Hauswesen verstimmt waren. Uebrigens hatte sie auch keine Gründe,

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/524>, abgerufen am 23.11.2024.