Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.gescheuerte Böden und zierliche Vertäfelung der Wände, an denen schöne Bilder prangen. Die Räume sind nicht so gewaltig, wie in den großen steinernen Häusern der Tiroler, aber gerade diese Einschränkung erregt das Gefühl des Wohnlichen und Heimlichen. Im Sommer bricht die Sonne so klar durch die großen Fenster, und der grün glasirte Kachelofen verspricht die behaglichste Wärme für den Winter. Wetteifernd mit Peter Bilgeri haben sich nun auch andere Wälderhäuser auf den Käsehandel geworfen, und es sind jetzt mehrere Firmen im Walde, deren Geschäfte von Jahr zu Jahr schwunghafter betrieben werden. Da die Geschäftsverbindungen mit Italien sich immer enger knüpfen, so werden die Jungen der reichern Häuser, die zur Handelschaft bestimmt sind, gewöhnlich nach Mailand geschickt, um "wälsch" zu lernen. Die Wälder sind übrigens nicht zur Sennerei allein aufgelegt, sondern üben auch andere Handthierung mit großer Fertigkeit. Das schöne Hausgeräth, die saubere Vertäfelung der Stuben, die Thüren mit den messingenen Schlössern werden sämmtlich von Meistern des Waldes gemacht. Es gibt hier Dilettanten in Fächern, die man dem Bereiche tändelnder Liebhaberei weit entrückt halten sollte. In einem Wirthshause zu Bezau sah ich zum Beispiel ein fertiges und sehr gut gelungenes Piano, das der Hausherr in seinen Nebenstunden als "Bästelarbeit" hergestellt hatte. Viele von den Aermern verdienen sich durch Lodenweben einige Gulden oder schnitzen Rebhölzer für die Weingärten am Rhein. Andere ziehen als Stuccaturarbeiter ins Ausland, in die wälsche Schweiz und nach Frankreich. Die Wälderinnen bringen durch Musselinsticken manchen Groschen in den Haushalt. Dieser noch nicht sehr alte Verdienst wurde durch schweizerische Handelshäuser in Gang gebracht, und so kommt jetzt noch der Zeug mit den bereits eingezeichneten Blumen meistentheils über den Rhein, und wandert, wenn die Arbeit vollendet, wieder nach St. Gallen und Appenzell. Dieser Erwerbszweig hat sich nun über den ganzen Wald verbreitet, und selbst in der Wildniß des Schreckens wird gestickt. Die Mittelsmänner welche von Zeit zu Zeit in die Schweiz fahren, die gelieferte Arbeit gescheuerte Böden und zierliche Vertäfelung der Wände, an denen schöne Bilder prangen. Die Räume sind nicht so gewaltig, wie in den großen steinernen Häusern der Tiroler, aber gerade diese Einschränkung erregt das Gefühl des Wohnlichen und Heimlichen. Im Sommer bricht die Sonne so klar durch die großen Fenster, und der grün glasirte Kachelofen verspricht die behaglichste Wärme für den Winter. Wetteifernd mit Peter Bilgeri haben sich nun auch andere Wälderhäuser auf den Käsehandel geworfen, und es sind jetzt mehrere Firmen im Walde, deren Geschäfte von Jahr zu Jahr schwunghafter betrieben werden. Da die Geschäftsverbindungen mit Italien sich immer enger knüpfen, so werden die Jungen der reichern Häuser, die zur Handelschaft bestimmt sind, gewöhnlich nach Mailand geschickt, um „wälsch" zu lernen. Die Wälder sind übrigens nicht zur Sennerei allein aufgelegt, sondern üben auch andere Handthierung mit großer Fertigkeit. Das schöne Hausgeräth, die saubere Vertäfelung der Stuben, die Thüren mit den messingenen Schlössern werden sämmtlich von Meistern des Waldes gemacht. Es gibt hier Dilettanten in Fächern, die man dem Bereiche tändelnder Liebhaberei weit entrückt halten sollte. In einem Wirthshause zu Bezau sah ich zum Beispiel ein fertiges und sehr gut gelungenes Piano, das der Hausherr in seinen Nebenstunden als „Bästelarbeit“ hergestellt hatte. Viele von den Aermern verdienen sich durch Lodenweben einige Gulden oder schnitzen Rebhölzer für die Weingärten am Rhein. Andere ziehen als Stuccaturarbeiter ins Ausland, in die wälsche Schweiz und nach Frankreich. Die Wälderinnen bringen durch Musselinsticken manchen Groschen in den Haushalt. Dieser noch nicht sehr alte Verdienst wurde durch schweizerische Handelshäuser in Gang gebracht, und so kommt jetzt noch der Zeug mit den bereits eingezeichneten Blumen meistentheils über den Rhein, und wandert, wenn die Arbeit vollendet, wieder nach St. Gallen und Appenzell. Dieser Erwerbszweig hat sich nun über den ganzen Wald verbreitet, und selbst in der Wildniß des Schreckens wird gestickt. Die Mittelsmänner welche von Zeit zu Zeit in die Schweiz fahren, die gelieferte Arbeit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0051" n="46"/> gescheuerte Böden und zierliche Vertäfelung der Wände, an denen schöne Bilder prangen. Die Räume sind nicht so gewaltig, wie in den großen steinernen Häusern der Tiroler, aber gerade diese Einschränkung erregt das Gefühl des Wohnlichen und Heimlichen. Im Sommer bricht die Sonne so klar durch die großen Fenster, und der grün glasirte Kachelofen verspricht die behaglichste Wärme für den Winter. Wetteifernd mit Peter Bilgeri haben sich nun auch andere Wälderhäuser auf den Käsehandel geworfen, und es sind jetzt mehrere Firmen im Walde, deren Geschäfte von Jahr zu Jahr schwunghafter betrieben werden. Da die Geschäftsverbindungen mit Italien sich immer enger knüpfen, so werden die Jungen der reichern Häuser, die zur Handelschaft bestimmt sind, gewöhnlich nach Mailand geschickt, um „wälsch" zu lernen.</p> <p>Die Wälder sind übrigens nicht zur Sennerei allein aufgelegt, sondern üben auch andere Handthierung mit großer Fertigkeit. Das schöne Hausgeräth, die saubere Vertäfelung der Stuben, die Thüren mit den messingenen Schlössern werden sämmtlich von Meistern des Waldes gemacht. Es gibt hier Dilettanten in Fächern, die man dem Bereiche tändelnder Liebhaberei weit entrückt halten sollte. In einem Wirthshause zu Bezau sah ich zum Beispiel ein fertiges und sehr gut gelungenes Piano, das der Hausherr in seinen Nebenstunden als „Bästelarbeit“ hergestellt hatte. Viele von den Aermern verdienen sich durch Lodenweben einige Gulden oder schnitzen Rebhölzer für die Weingärten am Rhein. Andere ziehen als Stuccaturarbeiter ins Ausland, in die wälsche Schweiz und nach Frankreich. Die Wälderinnen bringen durch Musselinsticken manchen Groschen in den Haushalt. Dieser noch nicht sehr alte Verdienst wurde durch schweizerische Handelshäuser in Gang gebracht, und so kommt jetzt noch der Zeug mit den bereits eingezeichneten Blumen meistentheils über den Rhein, und wandert, wenn die Arbeit vollendet, wieder nach St. Gallen und Appenzell. Dieser Erwerbszweig hat sich nun über den ganzen Wald verbreitet, und selbst in der Wildniß des Schreckens wird gestickt. Die Mittelsmänner welche von Zeit zu Zeit in die Schweiz fahren, die gelieferte Arbeit </p> </div> </body> </text> </TEI> [46/0051]
gescheuerte Böden und zierliche Vertäfelung der Wände, an denen schöne Bilder prangen. Die Räume sind nicht so gewaltig, wie in den großen steinernen Häusern der Tiroler, aber gerade diese Einschränkung erregt das Gefühl des Wohnlichen und Heimlichen. Im Sommer bricht die Sonne so klar durch die großen Fenster, und der grün glasirte Kachelofen verspricht die behaglichste Wärme für den Winter. Wetteifernd mit Peter Bilgeri haben sich nun auch andere Wälderhäuser auf den Käsehandel geworfen, und es sind jetzt mehrere Firmen im Walde, deren Geschäfte von Jahr zu Jahr schwunghafter betrieben werden. Da die Geschäftsverbindungen mit Italien sich immer enger knüpfen, so werden die Jungen der reichern Häuser, die zur Handelschaft bestimmt sind, gewöhnlich nach Mailand geschickt, um „wälsch" zu lernen.
Die Wälder sind übrigens nicht zur Sennerei allein aufgelegt, sondern üben auch andere Handthierung mit großer Fertigkeit. Das schöne Hausgeräth, die saubere Vertäfelung der Stuben, die Thüren mit den messingenen Schlössern werden sämmtlich von Meistern des Waldes gemacht. Es gibt hier Dilettanten in Fächern, die man dem Bereiche tändelnder Liebhaberei weit entrückt halten sollte. In einem Wirthshause zu Bezau sah ich zum Beispiel ein fertiges und sehr gut gelungenes Piano, das der Hausherr in seinen Nebenstunden als „Bästelarbeit“ hergestellt hatte. Viele von den Aermern verdienen sich durch Lodenweben einige Gulden oder schnitzen Rebhölzer für die Weingärten am Rhein. Andere ziehen als Stuccaturarbeiter ins Ausland, in die wälsche Schweiz und nach Frankreich. Die Wälderinnen bringen durch Musselinsticken manchen Groschen in den Haushalt. Dieser noch nicht sehr alte Verdienst wurde durch schweizerische Handelshäuser in Gang gebracht, und so kommt jetzt noch der Zeug mit den bereits eingezeichneten Blumen meistentheils über den Rhein, und wandert, wenn die Arbeit vollendet, wieder nach St. Gallen und Appenzell. Dieser Erwerbszweig hat sich nun über den ganzen Wald verbreitet, und selbst in der Wildniß des Schreckens wird gestickt. Die Mittelsmänner welche von Zeit zu Zeit in die Schweiz fahren, die gelieferte Arbeit
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