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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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näher besprochen worden; sie sind unsers Bedünkens nicht später als im vierzehnten Jahrhundert gemalt.

Noch einen Spaziergang haben wir zu erwähnen, den lieben, einsamen Gang über die Wassermauer, an der Talfer von der großen Brücke hinauf bis zum Schlosse Klobenstein, jetzt St. Antoni genannt. Die Wassermauern sind in Tirol ein Ding das viel Sorge und viel Geld kostet, feste dicke Wehren gegen die tückischen Wildbäche, die zu einer Zeit so unschuldig vorbeimurmeln, in andern Tagen wieder mit vollem Rasen daherstürmen, menschenfeindlich, zerstörungslustig, fast unbezähmbar. Wie die Meraner ewig mit der Passer kämpfen, so die Stadt Bozen seit sie auf Erden ist, mit der Talfer. Das Bett des Baches liegt um einige Fuß höher als die Grundfläche der Stadt, und wenn jener einmal so viel Wasser aufbrächte um die Dämme zu überfluthen, so würde sich ein See durch die Gassen ausbreiten bis hinüber zum Eisack. Man behauptet dieses Flächenverhältniß habe sich erst mit der Zeit gebildet, indem die Talfer alle Jahre neuen Schutt aus dem Gebirge herauswälze und so ihr Bett fortwährend erhöhe; gleichwohl ist schon einmal vor sechshundert Jahren Graf Meinhard von Tirol auf den Gedanken verfallen, zum Schaden des Bischofs von Trient, der die Stadt inne hatte, die Wassermauer zu durchbrechen und die Talfer in die Straßen von Bozen zu senden; wonach man annehmen möchte daß es wenigstens damals schon so gewesen wie jetzt. Wie dem auch sey, die Erhaltung der Talferdämme liegt seit alten Zeiten verschiedenen Genossenschaften anwohnender Besitzer ob, welche sich nach dem romanischen Worte liga, lega Legen nennen.

Auf der Wassermauer hinauf ist also ein stiller Spaziergang, fern vom Staub der Straßen und die Aussicht ist offen nach allen Seiten. Herüben wieder Weingärten aus denen die Häuser der Stadt sich erheben, und das Schloß Maretsch, anziehend in alterthümlicher Einfachheit, mit gethürmter Ringmauer und einem Ziegeldache, gelb und schwarz geschacht; über dem Bache der schlanke, runde Thurm der "der gescheibte" heißt und dessen Erbauung in die Zeiten gesetzt wird, als

näher besprochen worden; sie sind unsers Bedünkens nicht später als im vierzehnten Jahrhundert gemalt.

Noch einen Spaziergang haben wir zu erwähnen, den lieben, einsamen Gang über die Wassermauer, an der Talfer von der großen Brücke hinauf bis zum Schlosse Klobenstein, jetzt St. Antoni genannt. Die Wassermauern sind in Tirol ein Ding das viel Sorge und viel Geld kostet, feste dicke Wehren gegen die tückischen Wildbäche, die zu einer Zeit so unschuldig vorbeimurmeln, in andern Tagen wieder mit vollem Rasen daherstürmen, menschenfeindlich, zerstörungslustig, fast unbezähmbar. Wie die Meraner ewig mit der Passer kämpfen, so die Stadt Bozen seit sie auf Erden ist, mit der Talfer. Das Bett des Baches liegt um einige Fuß höher als die Grundfläche der Stadt, und wenn jener einmal so viel Wasser aufbrächte um die Dämme zu überfluthen, so würde sich ein See durch die Gassen ausbreiten bis hinüber zum Eisack. Man behauptet dieses Flächenverhältniß habe sich erst mit der Zeit gebildet, indem die Talfer alle Jahre neuen Schutt aus dem Gebirge herauswälze und so ihr Bett fortwährend erhöhe; gleichwohl ist schon einmal vor sechshundert Jahren Graf Meinhard von Tirol auf den Gedanken verfallen, zum Schaden des Bischofs von Trient, der die Stadt inne hatte, die Wassermauer zu durchbrechen und die Talfer in die Straßen von Bozen zu senden; wonach man annehmen möchte daß es wenigstens damals schon so gewesen wie jetzt. Wie dem auch sey, die Erhaltung der Talferdämme liegt seit alten Zeiten verschiedenen Genossenschaften anwohnender Besitzer ob, welche sich nach dem romanischen Worte liga, lega Legen nennen.

Auf der Wassermauer hinauf ist also ein stiller Spaziergang, fern vom Staub der Straßen und die Aussicht ist offen nach allen Seiten. Herüben wieder Weingärten aus denen die Häuser der Stadt sich erheben, und das Schloß Maretsch, anziehend in alterthümlicher Einfachheit, mit gethürmter Ringmauer und einem Ziegeldache, gelb und schwarz geschacht; über dem Bache der schlanke, runde Thurm der „der gescheibte“ heißt und dessen Erbauung in die Zeiten gesetzt wird, als

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[382/0386] näher besprochen worden; sie sind unsers Bedünkens nicht später als im vierzehnten Jahrhundert gemalt. Noch einen Spaziergang haben wir zu erwähnen, den lieben, einsamen Gang über die Wassermauer, an der Talfer von der großen Brücke hinauf bis zum Schlosse Klobenstein, jetzt St. Antoni genannt. Die Wassermauern sind in Tirol ein Ding das viel Sorge und viel Geld kostet, feste dicke Wehren gegen die tückischen Wildbäche, die zu einer Zeit so unschuldig vorbeimurmeln, in andern Tagen wieder mit vollem Rasen daherstürmen, menschenfeindlich, zerstörungslustig, fast unbezähmbar. Wie die Meraner ewig mit der Passer kämpfen, so die Stadt Bozen seit sie auf Erden ist, mit der Talfer. Das Bett des Baches liegt um einige Fuß höher als die Grundfläche der Stadt, und wenn jener einmal so viel Wasser aufbrächte um die Dämme zu überfluthen, so würde sich ein See durch die Gassen ausbreiten bis hinüber zum Eisack. Man behauptet dieses Flächenverhältniß habe sich erst mit der Zeit gebildet, indem die Talfer alle Jahre neuen Schutt aus dem Gebirge herauswälze und so ihr Bett fortwährend erhöhe; gleichwohl ist schon einmal vor sechshundert Jahren Graf Meinhard von Tirol auf den Gedanken verfallen, zum Schaden des Bischofs von Trient, der die Stadt inne hatte, die Wassermauer zu durchbrechen und die Talfer in die Straßen von Bozen zu senden; wonach man annehmen möchte daß es wenigstens damals schon so gewesen wie jetzt. Wie dem auch sey, die Erhaltung der Talferdämme liegt seit alten Zeiten verschiedenen Genossenschaften anwohnender Besitzer ob, welche sich nach dem romanischen Worte liga, lega Legen nennen. Auf der Wassermauer hinauf ist also ein stiller Spaziergang, fern vom Staub der Straßen und die Aussicht ist offen nach allen Seiten. Herüben wieder Weingärten aus denen die Häuser der Stadt sich erheben, und das Schloß Maretsch, anziehend in alterthümlicher Einfachheit, mit gethürmter Ringmauer und einem Ziegeldache, gelb und schwarz geschacht; über dem Bache der schlanke, runde Thurm der „der gescheibte“ heißt und dessen Erbauung in die Zeiten gesetzt wird, als

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/386>, abgerufen am 23.11.2024.