Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.ausgeschnittener Hosenträger. Die üblichen Wollhauben der Weiber sind hier kürbisförmig. Ueber die Reinlichkeit in ihren Häusern läßt sich nicht viel besseres sagen, als über die ihrer Nachbarn an der Etsch. Und somit gehen wir wieder auf dem stillen, öden Wege an der Passer zurück und bereiten uns in Meran zu einer Fahrt ins Ultnerbad. Hiefür ist nicht schwer Gesellschaft zu finden, denn die Ultnerfreuden werden von den Meranern einmal des Jahres wenigstens gerne genossen. Die Frauen reiten auf Eseln aus, die Herren gehen nebenher. Kehrt man in Löwenberg ein, so erquickt Herr Kirchlechner mit seinen feurigen Weinen und der große Saal im Schlosse hat eine herrliche Aussicht. Ein Thurm und eine Capelle sind noch aus älterer Zeit, das übrige winkelige Bauwerk haben die Herren, später Grafen von Fuchs hergestellt, welche die Burg von den alten Rittern von Löwenberg am Anfange des sechzehnten Jahrhunderts erheiratheten und dann bis in das unsere herab besaßen. Um dieses Schloß schlich voriges Jahr im Mondscheine ein Münchener Dichter und sang darnach: Hier wanderte ich um Mitternacht Die Mauern entlang, die düstern; Da hörte ich aus dem alten Gebäu Unheimliches Rauschen und Flüstern. Es war die Zeit, da man vom Stock Die glühende Traube gelesen. Ich glaube es sind die Geister, die Weinprobe hielten, gewesen. Denn deutlich vernahm ich Toast um Toast, Doch keinem Lebenden galt es; Die Todten nur ließen sie leben, zuletzt Ihr Vaterland, ihr altes. Hält man sich nun in der Niederung, so kömmt man in einer halben Stunde über den Valzauerbach nach Lana, einem langen, zerstreuten gartenreichen Dorfe, an dessen anderm Ende die Kirche steht, welche einen prächtigen gothischen Altar ausgeschnittener Hosenträger. Die üblichen Wollhauben der Weiber sind hier kürbisförmig. Ueber die Reinlichkeit in ihren Häusern läßt sich nicht viel besseres sagen, als über die ihrer Nachbarn an der Etsch. Und somit gehen wir wieder auf dem stillen, öden Wege an der Passer zurück und bereiten uns in Meran zu einer Fahrt ins Ultnerbad. Hiefür ist nicht schwer Gesellschaft zu finden, denn die Ultnerfreuden werden von den Meranern einmal des Jahres wenigstens gerne genossen. Die Frauen reiten auf Eseln aus, die Herren gehen nebenher. Kehrt man in Löwenberg ein, so erquickt Herr Kirchlechner mit seinen feurigen Weinen und der große Saal im Schlosse hat eine herrliche Aussicht. Ein Thurm und eine Capelle sind noch aus älterer Zeit, das übrige winkelige Bauwerk haben die Herren, später Grafen von Fuchs hergestellt, welche die Burg von den alten Rittern von Löwenberg am Anfange des sechzehnten Jahrhunderts erheiratheten und dann bis in das unsere herab besaßen. Um dieses Schloß schlich voriges Jahr im Mondscheine ein Münchener Dichter und sang darnach: Hier wanderte ich um Mitternacht Die Mauern entlang, die düstern; Da hörte ich aus dem alten Gebäu Unheimliches Rauschen und Flüstern. Es war die Zeit, da man vom Stock Die glühende Traube gelesen. Ich glaube es sind die Geister, die Weinprobe hielten, gewesen. Denn deutlich vernahm ich Toast um Toast, Doch keinem Lebenden galt es; Die Todten nur ließen sie leben, zuletzt Ihr Vaterland, ihr altes. Hält man sich nun in der Niederung, so kömmt man in einer halben Stunde über den Valzauerbach nach Lana, einem langen, zerstreuten gartenreichen Dorfe, an dessen anderm Ende die Kirche steht, welche einen prächtigen gothischen Altar <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0361" n="357"/> ausgeschnittener Hosenträger. Die üblichen Wollhauben der Weiber sind hier kürbisförmig. Ueber die Reinlichkeit in ihren Häusern läßt sich nicht viel besseres sagen, als über die ihrer Nachbarn an der Etsch.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Und somit gehen wir wieder auf dem stillen, öden Wege an der Passer zurück und bereiten uns in Meran zu einer Fahrt ins Ultnerbad. Hiefür ist nicht schwer Gesellschaft zu finden, denn die Ultnerfreuden werden von den Meranern einmal des Jahres wenigstens gerne genossen. Die Frauen reiten auf Eseln aus, die Herren gehen nebenher. Kehrt man in Löwenberg ein, so erquickt Herr Kirchlechner mit seinen feurigen Weinen und der große Saal im Schlosse hat eine herrliche Aussicht. Ein Thurm und eine Capelle sind noch aus älterer Zeit, das übrige winkelige Bauwerk haben die Herren, später Grafen von Fuchs hergestellt, welche die Burg von den alten Rittern von Löwenberg am Anfange des sechzehnten Jahrhunderts erheiratheten und dann bis in das unsere herab besaßen. Um dieses Schloß schlich voriges Jahr im Mondscheine ein Münchener Dichter und sang darnach:</p> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Hier wanderte ich um Mitternacht</l><lb/> <l>Die Mauern entlang, die düstern;</l><lb/> <l>Da hörte ich aus dem alten Gebäu</l><lb/> <l>Unheimliches Rauschen und Flüstern.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Es war die Zeit, da man vom Stock</l><lb/> <l>Die glühende Traube gelesen.</l><lb/> <l>Ich glaube es sind die Geister, die</l><lb/> <l>Weinprobe hielten, gewesen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Denn deutlich vernahm ich Toast um Toast,</l><lb/> <l>Doch keinem Lebenden galt es;</l><lb/> <l>Die Todten nur ließen sie leben, zuletzt</l><lb/> <l>Ihr Vaterland, ihr altes.</l><lb/> </lg> </lg> <p>Hält man sich nun in der Niederung, so kömmt man in einer halben Stunde über den Valzauerbach nach Lana, einem langen, zerstreuten gartenreichen Dorfe, an dessen anderm Ende die Kirche steht, welche einen prächtigen gothischen Altar </p> </div> </body> </text> </TEI> [357/0361]
ausgeschnittener Hosenträger. Die üblichen Wollhauben der Weiber sind hier kürbisförmig. Ueber die Reinlichkeit in ihren Häusern läßt sich nicht viel besseres sagen, als über die ihrer Nachbarn an der Etsch.
Und somit gehen wir wieder auf dem stillen, öden Wege an der Passer zurück und bereiten uns in Meran zu einer Fahrt ins Ultnerbad. Hiefür ist nicht schwer Gesellschaft zu finden, denn die Ultnerfreuden werden von den Meranern einmal des Jahres wenigstens gerne genossen. Die Frauen reiten auf Eseln aus, die Herren gehen nebenher. Kehrt man in Löwenberg ein, so erquickt Herr Kirchlechner mit seinen feurigen Weinen und der große Saal im Schlosse hat eine herrliche Aussicht. Ein Thurm und eine Capelle sind noch aus älterer Zeit, das übrige winkelige Bauwerk haben die Herren, später Grafen von Fuchs hergestellt, welche die Burg von den alten Rittern von Löwenberg am Anfange des sechzehnten Jahrhunderts erheiratheten und dann bis in das unsere herab besaßen. Um dieses Schloß schlich voriges Jahr im Mondscheine ein Münchener Dichter und sang darnach:
Hier wanderte ich um Mitternacht
Die Mauern entlang, die düstern;
Da hörte ich aus dem alten Gebäu
Unheimliches Rauschen und Flüstern.
Es war die Zeit, da man vom Stock
Die glühende Traube gelesen.
Ich glaube es sind die Geister, die
Weinprobe hielten, gewesen.
Denn deutlich vernahm ich Toast um Toast,
Doch keinem Lebenden galt es;
Die Todten nur ließen sie leben, zuletzt
Ihr Vaterland, ihr altes.
Hält man sich nun in der Niederung, so kömmt man in einer halben Stunde über den Valzauerbach nach Lana, einem langen, zerstreuten gartenreichen Dorfe, an dessen anderm Ende die Kirche steht, welche einen prächtigen gothischen Altar
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-05T13:27:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-05T13:27:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |