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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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lockender Etschlandsfrüchte und die vollen Becher, als die schönen geputzten Frauen umherwandelten, die hellen Gesänge laut wurden, und die Trompeten schmetterten, es seyen die alten Tage rückgekehrt und der lustige Burgherr sey eingezogen mit seinem Hofhalte zum Banket, Herr Rüdeger von Rubein oder der von Sonnenburg singe maifrische Minnelieder, und das Ländlein werde immergrüne Festkränze tragen, wie damals als von den Flächen herein Frau Romanzia mit ihrem Schatzkästlein voll Liedes- und Lebenslust sich in seine Berge flüchtete. Wenn man in dem bunten Gewühl die mannichfachsten Abarten deutscher Zunge vernahm, schwäbisches Singen neben der haarscharfen reinen Redeweise des Hannovrers, das weiche Berlinische, wie das breite Münchener Deutsch und das derbe Tirolische überall daruntergemengt; wenn man dann in allen diesen Mundarten dasselbe fröhliche Thema verstand: "daß es nicht leicht auf deutschem Boden eine Stelle gebe, wo solche Stunden sich herrlicher genießen ließen", da mochte man gern denken: hierher flüchtete sich die Lebensfreudigkeit des deutschen Volkes, hier hält sie ihre Traubenlese und jubelt keck hinein in die nahen wälschen Marken: "Wie fein ist's hier auf meinen letzten Hufen und bei meinen letzten Söhnen!" Es sah sich so gut mit an, wie Fremde und Einheimische wohlgemuth sich labten an den edlen Herbstgaben, und daneben lachenden Blickes auslugten in die freie Weite, wo das Sonnengold herübergrüßte von allen Höhen, blaue Schatten traulich winkten und rings die Burgen lauschten wie in den gebrochenen Hallen der Nachbarin so plötzlich die lauteste Hochzeit spuke, wie der wilde Passeirerwind die aufgepflanzten Waffenbündel klirren und die Banner tanzen machte, wie dann Abends aus allen Sträuchen gleich leuchtenden Blumen bunte Lampen aufwuchsen und rothe Feuer aus den Ruinen glühten. Spät erst irrlichtelten die Fackeln herab nach der Stadt, bei deren Schein die Geladenen mit ihren Wirthen heimzogen, alle höchlich befriedigt und in bester Laune."*)

*) Aus einer Schilderung des Festes von J. F. Leutner. Allgemeine Zeitung vom 17 October 1844.

lockender Etschlandsfrüchte und die vollen Becher, als die schönen geputzten Frauen umherwandelten, die hellen Gesänge laut wurden, und die Trompeten schmetterten, es seyen die alten Tage rückgekehrt und der lustige Burgherr sey eingezogen mit seinem Hofhalte zum Banket, Herr Rüdeger von Rubein oder der von Sonnenburg singe maifrische Minnelieder, und das Ländlein werde immergrüne Festkränze tragen, wie damals als von den Flächen herein Frau Romanzia mit ihrem Schatzkästlein voll Liedes- und Lebenslust sich in seine Berge flüchtete. Wenn man in dem bunten Gewühl die mannichfachsten Abarten deutscher Zunge vernahm, schwäbisches Singen neben der haarscharfen reinen Redeweise des Hannovrers, das weiche Berlinische, wie das breite Münchener Deutsch und das derbe Tirolische überall daruntergemengt; wenn man dann in allen diesen Mundarten dasselbe fröhliche Thema verstand: „daß es nicht leicht auf deutschem Boden eine Stelle gebe, wo solche Stunden sich herrlicher genießen ließen“, da mochte man gern denken: hierher flüchtete sich die Lebensfreudigkeit des deutschen Volkes, hier hält sie ihre Traubenlese und jubelt keck hinein in die nahen wälschen Marken: „Wie fein ist’s hier auf meinen letzten Hufen und bei meinen letzten Söhnen!“ Es sah sich so gut mit an, wie Fremde und Einheimische wohlgemuth sich labten an den edlen Herbstgaben, und daneben lachenden Blickes auslugten in die freie Weite, wo das Sonnengold herübergrüßte von allen Höhen, blaue Schatten traulich winkten und rings die Burgen lauschten wie in den gebrochenen Hallen der Nachbarin so plötzlich die lauteste Hochzeit spuke, wie der wilde Passeirerwind die aufgepflanzten Waffenbündel klirren und die Banner tanzen machte, wie dann Abends aus allen Sträuchen gleich leuchtenden Blumen bunte Lampen aufwuchsen und rothe Feuer aus den Ruinen glühten. Spät erst irrlichtelten die Fackeln herab nach der Stadt, bei deren Schein die Geladenen mit ihren Wirthen heimzogen, alle höchlich befriedigt und in bester Laune.“*)

*) Aus einer Schilderung des Festes von J. F. Leutner. Allgemeine Zeitung vom 17 October 1844.
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lockender Etschlandsfrüchte und die vollen Becher, als die schönen geputzten Frauen umherwandelten, die hellen Gesänge laut wurden, und die Trompeten schmetterten, es seyen die alten Tage rückgekehrt und der lustige Burgherr sey eingezogen mit seinem Hofhalte zum Banket, Herr Rüdeger von Rubein oder der von Sonnenburg singe maifrische Minnelieder, und das Ländlein werde immergrüne Festkränze tragen, wie damals als von den Flächen herein Frau Romanzia mit ihrem Schatzkästlein voll Liedes- und Lebenslust sich in seine Berge flüchtete. Wenn man in dem bunten Gewühl die mannichfachsten Abarten deutscher Zunge vernahm, schwäbisches Singen neben der haarscharfen reinen Redeweise des Hannovrers, das weiche Berlinische, wie das breite Münchener Deutsch und das derbe Tirolische überall daruntergemengt; wenn man dann in allen diesen Mundarten dasselbe fröhliche Thema verstand: &#x201E;daß es nicht leicht auf deutschem Boden eine Stelle gebe, wo solche Stunden sich herrlicher genießen ließen&#x201C;, da mochte man gern denken: hierher flüchtete sich die Lebensfreudigkeit des deutschen Volkes, hier hält sie ihre Traubenlese und jubelt keck hinein in die nahen wälschen Marken: &#x201E;Wie fein ist&#x2019;s hier auf meinen letzten Hufen und bei meinen letzten Söhnen!&#x201C; Es sah sich so gut mit an, wie Fremde und Einheimische wohlgemuth sich labten an den edlen Herbstgaben, und daneben lachenden Blickes auslugten in die freie Weite, wo das Sonnengold herübergrüßte von allen Höhen, blaue Schatten traulich winkten und rings die Burgen lauschten wie in den gebrochenen Hallen der Nachbarin so plötzlich die lauteste Hochzeit spuke, wie der wilde Passeirerwind die aufgepflanzten Waffenbündel klirren und die Banner tanzen machte, wie dann Abends aus allen Sträuchen gleich leuchtenden Blumen bunte Lampen aufwuchsen und rothe Feuer aus den Ruinen glühten. Spät erst irrlichtelten die Fackeln herab nach der Stadt, bei deren Schein die Geladenen mit ihren Wirthen heimzogen, alle höchlich befriedigt und in bester Laune.&#x201C;<note place="foot" n="*)">Aus einer Schilderung des Festes von J. F. <hi rendition="#g">Leutner</hi>. Allgemeine Zeitung vom 17 October 1844.</note></p>
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[306/0310] lockender Etschlandsfrüchte und die vollen Becher, als die schönen geputzten Frauen umherwandelten, die hellen Gesänge laut wurden, und die Trompeten schmetterten, es seyen die alten Tage rückgekehrt und der lustige Burgherr sey eingezogen mit seinem Hofhalte zum Banket, Herr Rüdeger von Rubein oder der von Sonnenburg singe maifrische Minnelieder, und das Ländlein werde immergrüne Festkränze tragen, wie damals als von den Flächen herein Frau Romanzia mit ihrem Schatzkästlein voll Liedes- und Lebenslust sich in seine Berge flüchtete. Wenn man in dem bunten Gewühl die mannichfachsten Abarten deutscher Zunge vernahm, schwäbisches Singen neben der haarscharfen reinen Redeweise des Hannovrers, das weiche Berlinische, wie das breite Münchener Deutsch und das derbe Tirolische überall daruntergemengt; wenn man dann in allen diesen Mundarten dasselbe fröhliche Thema verstand: „daß es nicht leicht auf deutschem Boden eine Stelle gebe, wo solche Stunden sich herrlicher genießen ließen“, da mochte man gern denken: hierher flüchtete sich die Lebensfreudigkeit des deutschen Volkes, hier hält sie ihre Traubenlese und jubelt keck hinein in die nahen wälschen Marken: „Wie fein ist’s hier auf meinen letzten Hufen und bei meinen letzten Söhnen!“ Es sah sich so gut mit an, wie Fremde und Einheimische wohlgemuth sich labten an den edlen Herbstgaben, und daneben lachenden Blickes auslugten in die freie Weite, wo das Sonnengold herübergrüßte von allen Höhen, blaue Schatten traulich winkten und rings die Burgen lauschten wie in den gebrochenen Hallen der Nachbarin so plötzlich die lauteste Hochzeit spuke, wie der wilde Passeirerwind die aufgepflanzten Waffenbündel klirren und die Banner tanzen machte, wie dann Abends aus allen Sträuchen gleich leuchtenden Blumen bunte Lampen aufwuchsen und rothe Feuer aus den Ruinen glühten. Spät erst irrlichtelten die Fackeln herab nach der Stadt, bei deren Schein die Geladenen mit ihren Wirthen heimzogen, alle höchlich befriedigt und in bester Laune.“ *) *) Aus einer Schilderung des Festes von J. F. Leutner. Allgemeine Zeitung vom 17 October 1844.

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/310>, abgerufen am 23.11.2024.