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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Herren von Meran treffen sich Nachmittags in Herrn Paris Kaffeehause, Abends da oder dort beim Weine. Wer sie kennen gelernt, wird gefunden haben, daß sie eines fröhlichen Muthes sind, dem Fremden in allem gerne an die Hand gehen und das Mögliche thun, um ihm den Aufenthalt angenehm zu machen. Auch Herr Bürgermeister Haller hat es sich seit Jahren so sehr angelegen seyn lassen den Gästen, welche in seinem Meran Zerstreuung oder Genesung suchen, alle Freundschaftsdienste zu erweisen, daß es wohl erlaubt ist ihn als liebreichen Patron der Pilgrime geziemend zu preisen.

Unter den Gasthöfen der Stadt ist der erste die Post mit schöner Aussicht aus ihren Fenstern. In den Herbstmonaten ist das ganze Haus voll Fremder und an der Tafel sitzen oft mehr als ein halbes Hundert. Mit der Küche sind nicht allein die Deutschen zufrieden, sondern auch die Engländer, und eben wegen seiner vortrefflichen Mittagmähler, die sich durch auserlesene Fische und seltenes Wildpret hervorthun, wegen seiner Tischtücher, die dem frisch gefallenen Schnee gleichen, wird es von Henry Inglis, dem englischen Reisenden, excellent genannt, excellent in the best sense of the word.

Nachdem wir so lange mit zimmerlichen Belangen uns beschäftigt, gehen wir desto lieber vor die Thore. Vor dem Thore aber erfreut uns immer wieder diese prächtige Zusammenstellung von beschneiten Höhen, die von finstern Tannen starren und von warmen Thalgründen, in denen Wein und Südfrüchte wuchern, von der rauhen Größe nordischer Gebirge und der milden Seligkeit hesperischer Landschaften. Und darin dieser unerschöpfliche Schatz von ritterlichen Burgen, von uralten Kirchlein und malerischen Bauernhäusern im Rebengelände unter bejahrten schattigen Bäumen! Lassen wir die Augen in die Runde gehen, so nehmen sie aus dem Reichthum wohl zuerst das Schloß Tirol, die alte, römische Veste, dann das Landespalladium, das jeweils in der Hand des Herrn seyn mußte, dem die Tiroler huldigen sollten. Das Hauptschloß, wie es die Bauern heißen, blickt von seinem lockern Sandberge noch ansehnlich in das Burggrafenamt herunter, einst von Brunnenburg und Durnstein, zwei wehrhaften

Herren von Meran treffen sich Nachmittags in Herrn Paris Kaffeehause, Abends da oder dort beim Weine. Wer sie kennen gelernt, wird gefunden haben, daß sie eines fröhlichen Muthes sind, dem Fremden in allem gerne an die Hand gehen und das Mögliche thun, um ihm den Aufenthalt angenehm zu machen. Auch Herr Bürgermeister Haller hat es sich seit Jahren so sehr angelegen seyn lassen den Gästen, welche in seinem Meran Zerstreuung oder Genesung suchen, alle Freundschaftsdienste zu erweisen, daß es wohl erlaubt ist ihn als liebreichen Patron der Pilgrime geziemend zu preisen.

Unter den Gasthöfen der Stadt ist der erste die Post mit schöner Aussicht aus ihren Fenstern. In den Herbstmonaten ist das ganze Haus voll Fremder und an der Tafel sitzen oft mehr als ein halbes Hundert. Mit der Küche sind nicht allein die Deutschen zufrieden, sondern auch die Engländer, und eben wegen seiner vortrefflichen Mittagmähler, die sich durch auserlesene Fische und seltenes Wildpret hervorthun, wegen seiner Tischtücher, die dem frisch gefallenen Schnee gleichen, wird es von Henry Inglis, dem englischen Reisenden, excellent genannt, excellent in the best sense of the word.

Nachdem wir so lange mit zimmerlichen Belangen uns beschäftigt, gehen wir desto lieber vor die Thore. Vor dem Thore aber erfreut uns immer wieder diese prächtige Zusammenstellung von beschneiten Höhen, die von finstern Tannen starren und von warmen Thalgründen, in denen Wein und Südfrüchte wuchern, von der rauhen Größe nordischer Gebirge und der milden Seligkeit hesperischer Landschaften. Und darin dieser unerschöpfliche Schatz von ritterlichen Burgen, von uralten Kirchlein und malerischen Bauernhäusern im Rebengelände unter bejahrten schattigen Bäumen! Lassen wir die Augen in die Runde gehen, so nehmen sie aus dem Reichthum wohl zuerst das Schloß Tirol, die alte, römische Veste, dann das Landespalladium, das jeweils in der Hand des Herrn seyn mußte, dem die Tiroler huldigen sollten. Das Hauptschloß, wie es die Bauern heißen, blickt von seinem lockern Sandberge noch ansehnlich in das Burggrafenamt herunter, einst von Brunnenburg und Durnstein, zwei wehrhaften

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Herren von Meran treffen sich Nachmittags in Herrn Paris Kaffeehause, Abends da oder dort beim Weine. Wer sie kennen gelernt, wird gefunden haben, daß sie eines fröhlichen Muthes sind, dem Fremden in allem gerne an die Hand gehen und das Mögliche thun, um ihm den Aufenthalt angenehm zu machen. Auch Herr Bürgermeister Haller hat es sich seit Jahren so sehr angelegen seyn lassen den Gästen, welche in seinem Meran Zerstreuung oder Genesung suchen, alle Freundschaftsdienste zu erweisen, daß es wohl erlaubt ist ihn als liebreichen Patron der Pilgrime geziemend zu preisen.</p>
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[298/0302] Herren von Meran treffen sich Nachmittags in Herrn Paris Kaffeehause, Abends da oder dort beim Weine. Wer sie kennen gelernt, wird gefunden haben, daß sie eines fröhlichen Muthes sind, dem Fremden in allem gerne an die Hand gehen und das Mögliche thun, um ihm den Aufenthalt angenehm zu machen. Auch Herr Bürgermeister Haller hat es sich seit Jahren so sehr angelegen seyn lassen den Gästen, welche in seinem Meran Zerstreuung oder Genesung suchen, alle Freundschaftsdienste zu erweisen, daß es wohl erlaubt ist ihn als liebreichen Patron der Pilgrime geziemend zu preisen. Unter den Gasthöfen der Stadt ist der erste die Post mit schöner Aussicht aus ihren Fenstern. In den Herbstmonaten ist das ganze Haus voll Fremder und an der Tafel sitzen oft mehr als ein halbes Hundert. Mit der Küche sind nicht allein die Deutschen zufrieden, sondern auch die Engländer, und eben wegen seiner vortrefflichen Mittagmähler, die sich durch auserlesene Fische und seltenes Wildpret hervorthun, wegen seiner Tischtücher, die dem frisch gefallenen Schnee gleichen, wird es von Henry Inglis, dem englischen Reisenden, excellent genannt, excellent in the best sense of the word. Nachdem wir so lange mit zimmerlichen Belangen uns beschäftigt, gehen wir desto lieber vor die Thore. Vor dem Thore aber erfreut uns immer wieder diese prächtige Zusammenstellung von beschneiten Höhen, die von finstern Tannen starren und von warmen Thalgründen, in denen Wein und Südfrüchte wuchern, von der rauhen Größe nordischer Gebirge und der milden Seligkeit hesperischer Landschaften. Und darin dieser unerschöpfliche Schatz von ritterlichen Burgen, von uralten Kirchlein und malerischen Bauernhäusern im Rebengelände unter bejahrten schattigen Bäumen! Lassen wir die Augen in die Runde gehen, so nehmen sie aus dem Reichthum wohl zuerst das Schloß Tirol, die alte, römische Veste, dann das Landespalladium, das jeweils in der Hand des Herrn seyn mußte, dem die Tiroler huldigen sollten. Das Hauptschloß, wie es die Bauern heißen, blickt von seinem lockern Sandberge noch ansehnlich in das Burggrafenamt herunter, einst von Brunnenburg und Durnstein, zwei wehrhaften

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/302>, abgerufen am 23.11.2024.