Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Chur, Kaiser Maxens und Herzog Sigmunds zu Tirol geheimer Rath, auch des letztern Feldhauptmann im Venediger Krieg 1487, seiner Zeit der reichste Dynast des Landes. Durch des erstern Tochter Barbara kam das ganze Erbe und mit diesem auch Churburg an Jakob von Trapp, einen steyrischen Edelmann, bei dessen Erben, die unterdessen Grafen geworden, es noch heutzutage ist. Die beiden Burgen im Matscherthale sind verödet und halbzerfallen.

Bemerkenswerth ist es, daß Guler von Wineck in seiner Rhätia, die, wie oben Seite 105 bemerkt, im Jahre 1616 erschien, die Nachricht gibt, daß das Thal von Matsch noch seiner Zeit rhätische, d. h. romanische Sprache gebraucht habe. Bekanntlich ist auch das obere Vintschgau jene Gegend des jetzigen Deutschtirols, wo sich dieses Idiom am längsten erhalten hat. Die von Freiherrn von Hormayr öfter wiederholte Behauptung, daß noch bis zur Zeit der Kaiserin Maria Theresia im obern Vintschgau und bis Schlanders und Latsch *) das Romanische in Uebung gewesen sey, dürfte sich zwar in dieser Ausdehnung kaum erwahren lassen, doch ist gewiß, daß noch vor wenigen Jahren im Tauferer Thale alte Leute gefunden wurden, welche das Ladinische noch zu sprechen wußten von ihrer Jugend her, wo es die Sprache des Thales gewesen. Auch sollen ehedem die Urkunden in den Gemeindeladen zu Graun, Matsch, Glurns nach Freiherrn von Hormayr rhätisch, will sagen romansch gewesen seyn. Ein sehr wichtiges Document wären die alten romanischen Satzungen des Spitals auf der Haide, doch ist die Angabe selbst sehr bedenklich. Andrerseits scheinen die Acten des berühmten Processes, der im Jahre 1519 vor Wilhelm von Haslingen, dem Richter zu Glurns, von Seite der Gemeinde Stilfs gegen die Feldmäuse allda geführt worden ist, **) wieder darzuthun, daß schon damals die

*) Verschieden von jenem Laatsch bei Mals. Nach Schmellers Bezeichnung ist dieß Latsch, das andre bei Schlanders aber Latsch zu sprechen.
**) Tiroler Almanach vom Jahre 1804; aus diesem in Lewalds Tirol S. 3l6.

Chur, Kaiser Maxens und Herzog Sigmunds zu Tirol geheimer Rath, auch des letztern Feldhauptmann im Venediger Krieg 1487, seiner Zeit der reichste Dynast des Landes. Durch des erstern Tochter Barbara kam das ganze Erbe und mit diesem auch Churburg an Jakob von Trapp, einen steyrischen Edelmann, bei dessen Erben, die unterdessen Grafen geworden, es noch heutzutage ist. Die beiden Burgen im Matscherthale sind verödet und halbzerfallen.

Bemerkenswerth ist es, daß Guler von Wineck in seiner Rhätia, die, wie oben Seite 105 bemerkt, im Jahre 1616 erschien, die Nachricht gibt, daß das Thal von Matsch noch seiner Zeit rhätische, d. h. romanische Sprache gebraucht habe. Bekanntlich ist auch das obere Vintschgau jene Gegend des jetzigen Deutschtirols, wo sich dieses Idiom am längsten erhalten hat. Die von Freiherrn von Hormayr öfter wiederholte Behauptung, daß noch bis zur Zeit der Kaiserin Maria Theresia im obern Vintschgau und bis Schlanders und Latsch *) das Romanische in Uebung gewesen sey, dürfte sich zwar in dieser Ausdehnung kaum erwahren lassen, doch ist gewiß, daß noch vor wenigen Jahren im Tauferer Thale alte Leute gefunden wurden, welche das Ladinische noch zu sprechen wußten von ihrer Jugend her, wo es die Sprache des Thales gewesen. Auch sollen ehedem die Urkunden in den Gemeindeladen zu Graun, Matsch, Glurns nach Freiherrn von Hormayr rhätisch, will sagen romansch gewesen seyn. Ein sehr wichtiges Document wären die alten romanischen Satzungen des Spitals auf der Haide, doch ist die Angabe selbst sehr bedenklich. Andrerseits scheinen die Acten des berühmten Processes, der im Jahre 1519 vor Wilhelm von Haslingen, dem Richter zu Glurns, von Seite der Gemeinde Stilfs gegen die Feldmäuse allda geführt worden ist, **) wieder darzuthun, daß schon damals die

*) Verschieden von jenem Laatsch bei Mals. Nach Schmellers Bezeichnung ist dieß Làtsch, das andre bei Schlanders aber Látsch zu sprechen.
**) Tiroler Almanach vom Jahre 1804; aus diesem in Lewalds Tirol S. 3l6.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0286" n="282"/>
Chur, Kaiser Maxens und Herzog Sigmunds zu Tirol geheimer Rath, auch des letztern Feldhauptmann im Venediger Krieg 1487, seiner Zeit der reichste Dynast des Landes. Durch des erstern Tochter Barbara kam das ganze Erbe und mit diesem auch Churburg an Jakob von Trapp, einen steyrischen Edelmann, bei dessen Erben, die unterdessen Grafen geworden, es noch heutzutage ist. Die beiden Burgen im Matscherthale sind verödet und halbzerfallen.</p>
        <p>Bemerkenswerth ist es, daß Guler von Wineck in seiner Rhätia, die, wie oben Seite 105 bemerkt, im Jahre 1616 erschien, die Nachricht gibt, daß das Thal von Matsch noch seiner Zeit rhätische, d. h. romanische Sprache gebraucht habe. Bekanntlich ist auch das obere Vintschgau jene Gegend des jetzigen Deutschtirols, wo sich dieses Idiom am längsten erhalten hat. Die von Freiherrn von Hormayr öfter wiederholte Behauptung, daß noch bis zur Zeit der Kaiserin Maria Theresia im obern Vintschgau und bis Schlanders und Latsch <note place="foot" n="*)">Verschieden von jenem Laatsch bei Mals. Nach <hi rendition="#g">Schmellers</hi> Bezeichnung ist dieß Làtsch, das andre bei Schlanders aber Látsch zu sprechen.</note> das Romanische in Uebung gewesen sey, dürfte sich zwar in dieser Ausdehnung kaum erwahren lassen, doch ist gewiß, daß noch vor wenigen Jahren im Tauferer Thale alte Leute gefunden wurden, welche das Ladinische noch zu sprechen wußten von ihrer Jugend her, wo es die Sprache des Thales gewesen. Auch sollen ehedem die Urkunden in den Gemeindeladen zu Graun, Matsch, Glurns nach Freiherrn von Hormayr rhätisch, will sagen romansch gewesen seyn. Ein sehr wichtiges Document wären die alten romanischen Satzungen des Spitals auf der Haide, doch ist die Angabe selbst sehr bedenklich. Andrerseits scheinen die Acten des berühmten Processes, der im Jahre 1519 vor Wilhelm von Haslingen, dem Richter zu Glurns, von Seite der Gemeinde Stilfs gegen die Feldmäuse allda geführt worden ist, <note place="foot" n="**)">Tiroler Almanach vom Jahre 1804; aus diesem in Lewalds Tirol S. 3l6.</note> wieder darzuthun, daß schon damals die
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[282/0286] Chur, Kaiser Maxens und Herzog Sigmunds zu Tirol geheimer Rath, auch des letztern Feldhauptmann im Venediger Krieg 1487, seiner Zeit der reichste Dynast des Landes. Durch des erstern Tochter Barbara kam das ganze Erbe und mit diesem auch Churburg an Jakob von Trapp, einen steyrischen Edelmann, bei dessen Erben, die unterdessen Grafen geworden, es noch heutzutage ist. Die beiden Burgen im Matscherthale sind verödet und halbzerfallen. Bemerkenswerth ist es, daß Guler von Wineck in seiner Rhätia, die, wie oben Seite 105 bemerkt, im Jahre 1616 erschien, die Nachricht gibt, daß das Thal von Matsch noch seiner Zeit rhätische, d. h. romanische Sprache gebraucht habe. Bekanntlich ist auch das obere Vintschgau jene Gegend des jetzigen Deutschtirols, wo sich dieses Idiom am längsten erhalten hat. Die von Freiherrn von Hormayr öfter wiederholte Behauptung, daß noch bis zur Zeit der Kaiserin Maria Theresia im obern Vintschgau und bis Schlanders und Latsch *) das Romanische in Uebung gewesen sey, dürfte sich zwar in dieser Ausdehnung kaum erwahren lassen, doch ist gewiß, daß noch vor wenigen Jahren im Tauferer Thale alte Leute gefunden wurden, welche das Ladinische noch zu sprechen wußten von ihrer Jugend her, wo es die Sprache des Thales gewesen. Auch sollen ehedem die Urkunden in den Gemeindeladen zu Graun, Matsch, Glurns nach Freiherrn von Hormayr rhätisch, will sagen romansch gewesen seyn. Ein sehr wichtiges Document wären die alten romanischen Satzungen des Spitals auf der Haide, doch ist die Angabe selbst sehr bedenklich. Andrerseits scheinen die Acten des berühmten Processes, der im Jahre 1519 vor Wilhelm von Haslingen, dem Richter zu Glurns, von Seite der Gemeinde Stilfs gegen die Feldmäuse allda geführt worden ist, **) wieder darzuthun, daß schon damals die *) Verschieden von jenem Laatsch bei Mals. Nach Schmellers Bezeichnung ist dieß Làtsch, das andre bei Schlanders aber Látsch zu sprechen. **) Tiroler Almanach vom Jahre 1804; aus diesem in Lewalds Tirol S. 3l6.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-05T13:27:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-05T13:27:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche werden als Halbgeviertstriche wiedergegeben.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/286
Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/286>, abgerufen am 10.06.2024.