Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.einer Halben, und plauderten mit dem Mädchen, während sich draußen ein Gewitter erhob und in gräulichen Regengüssen herniederfuhr. Als dieß vorübergezogen, war's zu spät geworden um noch weiter zu gehen, und so blieben wir in Oetz, wo wir denn auch in allen Züchten "ausgezeichnet zufrieden" waren, "besonders mit dem schönen Maidele." Gleich hinter diesem Dorfe geben sich schon einzelne Züge des Oetzthales zu erkennen, der großartigen, manchmal wilden und schauerlichen, manchmal friedlichen und idyllischen, nie reizlosen, cascadenreichen, schrofenstarren Landschaft, die sich eine lange Gasse an dem Bache hinaufzieht, bis wo dieser an den Fernern entspringt. Es ist bekanntlich unter den Nebenthälern Nordtirols das berühmteste wegen seiner Schönheiten. Die beständig abwechselnden Engen und Weiten, die Schluchten, die sich in breite Dorffluren öffnen und grüne Wiesenbreiten, die sich in die Klamm verlieren, die unzähligen Wasserfälle und die ragenden Bergwände sind die Reize des äußern Thales, Gletscher und Alpenwildnisse die des innern. Auch für die Botaniker hat es bekanntlich vieles voraus, und manche Gewächse, die in den südlichen Gegenden des Landes heimisch sind, kommen diesseits der Ferner nur im Oetzthale vor, während zugleich auch die Flora der Voralpen und der Hochgebirge bis zum Fahrwege herunter reicht.*) Oberhalb Oetz also - es war ein kühler Augustmorgen, die Luft feucht, voll jagender Frühnebel und in der Gegend knallte es lebhaft zur Feier einer Kirchweihe - oberhalb Oetz rücken die Thalwände zusammen und bilden das G'steig. Der Bach stürzt in rauschenden Fällen über Felsen und Trümmer durch die Schlucht und der Weg geht daneben hinauf durch den Lärchenwald. Aus diesem herauskommend, ersieht man das Dorf Dumpen, wo eine Brücke über die Oetz geht mit der Aussicht auf schöne Wasserfälle, die rechts und *) S. geognostisch-botanische Bemerkungen auf einer Reise durch Oetzthal und Schnals von Dr. Michael Stotter u. Ludw. Ritter v. Heufler. N. Zeitschrift des Ferdinandeums. 6. Bändchen. 1840. Dort ist auch S. 127 ff. die Literatur über das Oetzthal aufgezählt.
einer Halben, und plauderten mit dem Mädchen, während sich draußen ein Gewitter erhob und in gräulichen Regengüssen herniederfuhr. Als dieß vorübergezogen, war’s zu spät geworden um noch weiter zu gehen, und so blieben wir in Oetz, wo wir denn auch in allen Züchten „ausgezeichnet zufrieden“ waren, „besonders mit dem schönen Maidele.“ Gleich hinter diesem Dorfe geben sich schon einzelne Züge des Oetzthales zu erkennen, der großartigen, manchmal wilden und schauerlichen, manchmal friedlichen und idyllischen, nie reizlosen, cascadenreichen, schrofenstarren Landschaft, die sich eine lange Gasse an dem Bache hinaufzieht, bis wo dieser an den Fernern entspringt. Es ist bekanntlich unter den Nebenthälern Nordtirols das berühmteste wegen seiner Schönheiten. Die beständig abwechselnden Engen und Weiten, die Schluchten, die sich in breite Dorffluren öffnen und grüne Wiesenbreiten, die sich in die Klamm verlieren, die unzähligen Wasserfälle und die ragenden Bergwände sind die Reize des äußern Thales, Gletscher und Alpenwildnisse die des innern. Auch für die Botaniker hat es bekanntlich vieles voraus, und manche Gewächse, die in den südlichen Gegenden des Landes heimisch sind, kommen diesseits der Ferner nur im Oetzthale vor, während zugleich auch die Flora der Voralpen und der Hochgebirge bis zum Fahrwege herunter reicht.*) Oberhalb Oetz also – es war ein kühler Augustmorgen, die Luft feucht, voll jagender Frühnebel und in der Gegend knallte es lebhaft zur Feier einer Kirchweihe – oberhalb Oetz rücken die Thalwände zusammen und bilden das G’steig. Der Bach stürzt in rauschenden Fällen über Felsen und Trümmer durch die Schlucht und der Weg geht daneben hinauf durch den Lärchenwald. Aus diesem herauskommend, ersieht man das Dorf Dumpen, wo eine Brücke über die Oetz geht mit der Aussicht auf schöne Wasserfälle, die rechts und *) S. geognostisch-botanische Bemerkungen auf einer Reise durch Oetzthal und Schnals von Dr. Michael Stotter u. Ludw. Ritter v. Heufler. N. Zeitschrift des Ferdinandeums. 6. Bändchen. 1840. Dort ist auch S. 127 ff. die Literatur über das Oetzthal aufgezählt.
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einer Halben, und plauderten mit dem Mädchen, während sich draußen ein Gewitter erhob und in gräulichen Regengüssen herniederfuhr. Als dieß vorübergezogen, war’s zu spät geworden um noch weiter zu gehen, und so blieben wir in Oetz, wo wir denn auch in allen Züchten „ausgezeichnet zufrieden“ waren, „besonders mit dem schönen Maidele.“
Gleich hinter diesem Dorfe geben sich schon einzelne Züge des Oetzthales zu erkennen, der großartigen, manchmal wilden und schauerlichen, manchmal friedlichen und idyllischen, nie reizlosen, cascadenreichen, schrofenstarren Landschaft, die sich eine lange Gasse an dem Bache hinaufzieht, bis wo dieser an den Fernern entspringt. Es ist bekanntlich unter den Nebenthälern Nordtirols das berühmteste wegen seiner Schönheiten. Die beständig abwechselnden Engen und Weiten, die Schluchten, die sich in breite Dorffluren öffnen und grüne Wiesenbreiten, die sich in die Klamm verlieren, die unzähligen Wasserfälle und die ragenden Bergwände sind die Reize des äußern Thales, Gletscher und Alpenwildnisse die des innern. Auch für die Botaniker hat es bekanntlich vieles voraus, und manche Gewächse, die in den südlichen Gegenden des Landes heimisch sind, kommen diesseits der Ferner nur im Oetzthale vor, während zugleich auch die Flora der Voralpen und der Hochgebirge bis zum Fahrwege herunter reicht. *)
Oberhalb Oetz also – es war ein kühler Augustmorgen, die Luft feucht, voll jagender Frühnebel und in der Gegend knallte es lebhaft zur Feier einer Kirchweihe – oberhalb Oetz rücken die Thalwände zusammen und bilden das G’steig. Der Bach stürzt in rauschenden Fällen über Felsen und Trümmer durch die Schlucht und der Weg geht daneben hinauf durch den Lärchenwald. Aus diesem herauskommend, ersieht man das Dorf Dumpen, wo eine Brücke über die Oetz geht mit der Aussicht auf schöne Wasserfälle, die rechts und
*) S. geognostisch-botanische Bemerkungen auf einer Reise durch Oetzthal und Schnals von Dr. Michael Stotter u. Ludw. Ritter v. Heufler. N. Zeitschrift des Ferdinandeums. 6. Bändchen. 1840. Dort ist auch S. 127 ff. die Literatur über das Oetzthal aufgezählt.
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