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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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die oberinnthalische Metropole - es war da einmal auch viel Bergsegen und großer Gewerbfleiß. Jetzt ist die Kanarienzucht aufgegeben, der Bergsegen eingegangen und der Gewerbfleiß, der sich in einigen Fabriken bethätigt, ist auch nicht mehr so einträglich als zu andern Zeiten. Dazu kommt noch daß am 7 Mai 1822 der ganze Markt von 220 Häusern bis auf 14 abbrannte. Dieß hat die Imster völlig arm gemacht und es ist eine Frage, ob sie sich je wieder in die alte Blüthe hineinarbeiten werden. Sonst zeigen sie viele schöne Anlagen, insbesondere für die Kunst. Staffler macht acht Eingeborne namhaft, die als Bildhauer und Maler gelebt und sowohl inner als außerhalb ihres Vaterlandes Anerkennung gefunden haben. Darunter ist der neueste Aloys Martin Stadler, zu München, zu Neapel und Rom gebildet, wohlbekannt wegen manches schönen Altarblattes, das er in tirolische Kirchen gemalt.

Lassen wir nun den Flecken um wieder weiter zu ziehen. Man muß erst auf der Landstraße hoch hinaufsteigen, nach Karres wo die niedliche Kirche steht, deren dünner gothischer Thurm so fern ins Land hineinschaut. Von da sieht man ins Pitzthal, das weit hinten von grausem Gletscher beschlossen wird, und ebenso erschaut man den grünen Rücken des breiten Venetberges, der voll milder Alpen und schöner Forste ist und aus der Gegend von Landeck herüberreicht bis an den Pitzabach, welcher bei Karres in den Inn fällt. Unterhalb dieses Dorfes geht der Weg ins Oetzthal von der Landstraße ab. Diese selbst würde uns in fünf Stunden dem Inn entlang nach Stams führen, nach dem ansehnlichsten und reichsten, wiewohl jüngsten der tirolischen Stifter. Es ist im Jahre 1272 gegründet worden von jener Elisabeth, der Mutter Conradins, und ihrem zweiten Eheherrn, dem Grafen Meinhard von Tirol, als Gedächtnißmal zur frommen Erinnerung an den letzten Hohenstaufen, der zu Neapel enthauptet worden. Die Cistercienser- Abtei zu Stams ward, wie Freiherr von Hormayr sagt, das St. Denys der tirolischen Fürsten. Die Görzer und die früheren Habsburger, Herzog Friedrich mit der leeren Tasche und Sigmund der Münzreiche sind da begraben mit ihren Frauen und Kindern. Im Jahre 1552 wurde das Kloster

die oberinnthalische Metropole – es war da einmal auch viel Bergsegen und großer Gewerbfleiß. Jetzt ist die Kanarienzucht aufgegeben, der Bergsegen eingegangen und der Gewerbfleiß, der sich in einigen Fabriken bethätigt, ist auch nicht mehr so einträglich als zu andern Zeiten. Dazu kommt noch daß am 7 Mai 1822 der ganze Markt von 220 Häusern bis auf 14 abbrannte. Dieß hat die Imster völlig arm gemacht und es ist eine Frage, ob sie sich je wieder in die alte Blüthe hineinarbeiten werden. Sonst zeigen sie viele schöne Anlagen, insbesondere für die Kunst. Staffler macht acht Eingeborne namhaft, die als Bildhauer und Maler gelebt und sowohl inner als außerhalb ihres Vaterlandes Anerkennung gefunden haben. Darunter ist der neueste Aloys Martin Stadler, zu München, zu Neapel und Rom gebildet, wohlbekannt wegen manches schönen Altarblattes, das er in tirolische Kirchen gemalt.

Lassen wir nun den Flecken um wieder weiter zu ziehen. Man muß erst auf der Landstraße hoch hinaufsteigen, nach Karres wo die niedliche Kirche steht, deren dünner gothischer Thurm so fern ins Land hineinschaut. Von da sieht man ins Pitzthal, das weit hinten von grausem Gletscher beschlossen wird, und ebenso erschaut man den grünen Rücken des breiten Venetberges, der voll milder Alpen und schöner Forste ist und aus der Gegend von Landeck herüberreicht bis an den Pitzabach, welcher bei Karres in den Inn fällt. Unterhalb dieses Dorfes geht der Weg ins Oetzthal von der Landstraße ab. Diese selbst würde uns in fünf Stunden dem Inn entlang nach Stams führen, nach dem ansehnlichsten und reichsten, wiewohl jüngsten der tirolischen Stifter. Es ist im Jahre 1272 gegründet worden von jener Elisabeth, der Mutter Conradins, und ihrem zweiten Eheherrn, dem Grafen Meinhard von Tirol, als Gedächtnißmal zur frommen Erinnerung an den letzten Hohenstaufen, der zu Neapel enthauptet worden. Die Cistercienser- Abtei zu Stams ward, wie Freiherr von Hormayr sagt, das St. Denys der tirolischen Fürsten. Die Görzer und die früheren Habsburger, Herzog Friedrich mit der leeren Tasche und Sigmund der Münzreiche sind da begraben mit ihren Frauen und Kindern. Im Jahre 1552 wurde das Kloster

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[211/0215] die oberinnthalische Metropole – es war da einmal auch viel Bergsegen und großer Gewerbfleiß. Jetzt ist die Kanarienzucht aufgegeben, der Bergsegen eingegangen und der Gewerbfleiß, der sich in einigen Fabriken bethätigt, ist auch nicht mehr so einträglich als zu andern Zeiten. Dazu kommt noch daß am 7 Mai 1822 der ganze Markt von 220 Häusern bis auf 14 abbrannte. Dieß hat die Imster völlig arm gemacht und es ist eine Frage, ob sie sich je wieder in die alte Blüthe hineinarbeiten werden. Sonst zeigen sie viele schöne Anlagen, insbesondere für die Kunst. Staffler macht acht Eingeborne namhaft, die als Bildhauer und Maler gelebt und sowohl inner als außerhalb ihres Vaterlandes Anerkennung gefunden haben. Darunter ist der neueste Aloys Martin Stadler, zu München, zu Neapel und Rom gebildet, wohlbekannt wegen manches schönen Altarblattes, das er in tirolische Kirchen gemalt. Lassen wir nun den Flecken um wieder weiter zu ziehen. Man muß erst auf der Landstraße hoch hinaufsteigen, nach Karres wo die niedliche Kirche steht, deren dünner gothischer Thurm so fern ins Land hineinschaut. Von da sieht man ins Pitzthal, das weit hinten von grausem Gletscher beschlossen wird, und ebenso erschaut man den grünen Rücken des breiten Venetberges, der voll milder Alpen und schöner Forste ist und aus der Gegend von Landeck herüberreicht bis an den Pitzabach, welcher bei Karres in den Inn fällt. Unterhalb dieses Dorfes geht der Weg ins Oetzthal von der Landstraße ab. Diese selbst würde uns in fünf Stunden dem Inn entlang nach Stams führen, nach dem ansehnlichsten und reichsten, wiewohl jüngsten der tirolischen Stifter. Es ist im Jahre 1272 gegründet worden von jener Elisabeth, der Mutter Conradins, und ihrem zweiten Eheherrn, dem Grafen Meinhard von Tirol, als Gedächtnißmal zur frommen Erinnerung an den letzten Hohenstaufen, der zu Neapel enthauptet worden. Die Cistercienser- Abtei zu Stams ward, wie Freiherr von Hormayr sagt, das St. Denys der tirolischen Fürsten. Die Görzer und die früheren Habsburger, Herzog Friedrich mit der leeren Tasche und Sigmund der Münzreiche sind da begraben mit ihren Frauen und Kindern. Im Jahre 1552 wurde das Kloster

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/215>, abgerufen am 23.11.2024.