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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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man es findet in der schwäbischen Kanzlei mit Urkund und mit Briefen.

Zu denselben Zeiten also da ist gewesen ein mächtiger und edler Herr von Montfort, und der saß ob der Stadt, die hieß Cleroa, auf einem Schloß, das hieß auch Montfort, und war ein ritterlicher, frommer und mannhafter Mann. Der ist um Ehren und der Ritterschaft willen nach weiten und fernen Landen ausgezogen und gekommen an des großen Kaisers Hof, des Chans von Kathay. Daran hat er sich etwan viele Zeit so gar ritterlich und wohl gehalten. Indem da hat sich eine Sach begeben, daß die Königin des ehegenannten Kaisers von Kathay außerhalb ihres Herren und ehelichen Gemahls einen andern geliebet und auserwählt, ihre Kurzweil mit ihm zu haben. Das that einen Ritter an dem Hofe sehr übel und fast verdrießen, und die Königin ward bei dem König verklaget. Nun ist dazumal an dem Hofe und in dem Lande Sitte gewesen, daß eine jegliche, der Unehren geziehene Frau sich mit einem rittermäßigen Manne deß kämpflich gegen den Zeiher verantworten und selbes ab ihr bringen mußte, was ihr auch also von dem König aufgelegt ward. Nun war die Königin in großem schweren Leid und wußte Niemand an ihrem Hofe, um solches anzusuchen, auf den sie Trauen und Glauben setzen möchte. Und ging deß daher an den Grafen von der rothen Fahne mit hohem Ermahnen und Ersuchen, mit vielen glimpflichen, schönen und guten Worten, der Deutschen Frauendienst sehr berühmend und bittlich um aller Frauen Zucht und Ehre willen ankommend, wenn ihm je eine Gutheit oder Ehrwürdigkeit von einer Frau geschehen wäre, oder aber noch zu gegenwärtigen Zeiten geschehen möchte, solche ihre Ehre und guten Leumund gegen den mordlichen Ehrabschneider, ihren Versager, kämpflich zu entschuldigen, mit viel und gar großem Erbieten dieses bittend, wovon zu schreiben nicht Noth ist, sondern ein jeglich ritterlich Mann sich deß wohl besinnen mag. Der frumm ritterlich Graf beweist seine Mannheit, Weisheit und Herkommen und gewährt der Königin ihr Gebet. Dadurch ward alles ihr Trauern hinlässig und ihr Herz zu großen Freuden gemehrt, was sie gar zu großem dankbarlichem

man es findet in der schwäbischen Kanzlei mit Urkund und mit Briefen.

Zu denselben Zeiten also da ist gewesen ein mächtiger und edler Herr von Montfort, und der saß ob der Stadt, die hieß Cleroa, auf einem Schloß, das hieß auch Montfort, und war ein ritterlicher, frommer und mannhafter Mann. Der ist um Ehren und der Ritterschaft willen nach weiten und fernen Landen ausgezogen und gekommen an des großen Kaisers Hof, des Chans von Kathay. Daran hat er sich etwan viele Zeit so gar ritterlich und wohl gehalten. Indem da hat sich eine Sach begeben, daß die Königin des ehegenannten Kaisers von Kathay außerhalb ihres Herren und ehelichen Gemahls einen andern geliebet und auserwählt, ihre Kurzweil mit ihm zu haben. Das that einen Ritter an dem Hofe sehr übel und fast verdrießen, und die Königin ward bei dem König verklaget. Nun ist dazumal an dem Hofe und in dem Lande Sitte gewesen, daß eine jegliche, der Unehren geziehene Frau sich mit einem rittermäßigen Manne deß kämpflich gegen den Zeiher verantworten und selbes ab ihr bringen mußte, was ihr auch also von dem König aufgelegt ward. Nun war die Königin in großem schweren Leid und wußte Niemand an ihrem Hofe, um solches anzusuchen, auf den sie Trauen und Glauben setzen möchte. Und ging deß daher an den Grafen von der rothen Fahne mit hohem Ermahnen und Ersuchen, mit vielen glimpflichen, schönen und guten Worten, der Deutschen Frauendienst sehr berühmend und bittlich um aller Frauen Zucht und Ehre willen ankommend, wenn ihm je eine Gutheit oder Ehrwürdigkeit von einer Frau geschehen wäre, oder aber noch zu gegenwärtigen Zeiten geschehen möchte, solche ihre Ehre und guten Leumund gegen den mordlichen Ehrabschneider, ihren Versager, kämpflich zu entschuldigen, mit viel und gar großem Erbieten dieses bittend, wovon zu schreiben nicht Noth ist, sondern ein jeglich ritterlich Mann sich deß wohl besinnen mag. Der frumm ritterlich Graf beweist seine Mannheit, Weisheit und Herkommen und gewährt der Königin ihr Gebet. Dadurch ward alles ihr Trauern hinlässig und ihr Herz zu großen Freuden gemehrt, was sie gar zu großem dankbarlichem

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[159/0164] man es findet in der schwäbischen Kanzlei mit Urkund und mit Briefen. Zu denselben Zeiten also da ist gewesen ein mächtiger und edler Herr von Montfort, und der saß ob der Stadt, die hieß Cleroa, auf einem Schloß, das hieß auch Montfort, und war ein ritterlicher, frommer und mannhafter Mann. Der ist um Ehren und der Ritterschaft willen nach weiten und fernen Landen ausgezogen und gekommen an des großen Kaisers Hof, des Chans von Kathay. Daran hat er sich etwan viele Zeit so gar ritterlich und wohl gehalten. Indem da hat sich eine Sach begeben, daß die Königin des ehegenannten Kaisers von Kathay außerhalb ihres Herren und ehelichen Gemahls einen andern geliebet und auserwählt, ihre Kurzweil mit ihm zu haben. Das that einen Ritter an dem Hofe sehr übel und fast verdrießen, und die Königin ward bei dem König verklaget. Nun ist dazumal an dem Hofe und in dem Lande Sitte gewesen, daß eine jegliche, der Unehren geziehene Frau sich mit einem rittermäßigen Manne deß kämpflich gegen den Zeiher verantworten und selbes ab ihr bringen mußte, was ihr auch also von dem König aufgelegt ward. Nun war die Königin in großem schweren Leid und wußte Niemand an ihrem Hofe, um solches anzusuchen, auf den sie Trauen und Glauben setzen möchte. Und ging deß daher an den Grafen von der rothen Fahne mit hohem Ermahnen und Ersuchen, mit vielen glimpflichen, schönen und guten Worten, der Deutschen Frauendienst sehr berühmend und bittlich um aller Frauen Zucht und Ehre willen ankommend, wenn ihm je eine Gutheit oder Ehrwürdigkeit von einer Frau geschehen wäre, oder aber noch zu gegenwärtigen Zeiten geschehen möchte, solche ihre Ehre und guten Leumund gegen den mordlichen Ehrabschneider, ihren Versager, kämpflich zu entschuldigen, mit viel und gar großem Erbieten dieses bittend, wovon zu schreiben nicht Noth ist, sondern ein jeglich ritterlich Mann sich deß wohl besinnen mag. Der frumm ritterlich Graf beweist seine Mannheit, Weisheit und Herkommen und gewährt der Königin ihr Gebet. Dadurch ward alles ihr Trauern hinlässig und ihr Herz zu großen Freuden gemehrt, was sie gar zu großem dankbarlichem

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/164>, abgerufen am 23.11.2024.