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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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also fast so aus, als wenn die "2" nicht nur vor der "3", sondern auch vor der
"1" dagewesen wäre!

Durch diesen Einfall kam ich auf den Weg, den ich für den richtigen halte.
Dieser Weg muss ein überall wiederkehrender, gesetzlich und entsetzlich einfacher
Vorgang sein und muss für sich selbst sprechen, was auch die Etymologie sage,
er muss derart beschaffen sein, dass wir ihn vorauszusetzen haben, wo wir die
Zahlwörter gar nicht kennen.

Wenn die Einheit "2" nun von dem Menschen gewonnen wurde, indem er
ein Ganzes in zwei Stücke teilte? Wenn er, statt mit der "Stückzahl" von
"2" mit der Zahl von 2 Stücken begonnen hätte? Adam und Eva, nehme ich
an, zählten schon im Paradiese bis "2", denn es war ein lustiger Baum, der klug
machte. Allein sie sonderten nicht aus der Zahl der gepflückten Aepfel "2" ab,
indem sie einander in die Augen blickten und dann auf die Aepfel schauten und
endlich 2 Finger anfassten, oder indem sie "mein und dein" Apfel sagten, sondern
Eva wollte als liebenswürdige Frau Adam von demselben Apfel essen lassen,
den sie ass, und da machte sie sofort die merkwürdige Beobachtung, dass sie,
so viele Aepfel sie auch in dieser Art anbot, jedes und jedes Mal, wenn sie einen
Apfel zerbrach oder zerschnitt, ihn mit dem ersten Schnitt in -- gleiche oder
ungleiche -- aber immer in "2" Stücke teilte. Und wenn sie eins der Stücke
zerschnitt, so teilte sie es mit diesem Schnitt wieder in 2 Stücke, kurz sie machte
es wie die Bakairi: aus | wurde ||, sie zerschnitt das eine | und erhielt || |, zer-
schnitt das andere | und erhielt || ||, zerschnitt wieder ein | und erhielt || || |,
zerschnitt noch einmal und hatte jetzt || || ||.

Wenn sich nun Eva, die in ihren Reden etwas weitschweifig war, die alle
Einzelheiten der Reihe nach gründlich erörterte und sich mit lebhaften Geberden
veranschaulichte, den Vorgang noch einmal vor die Seele rief, so sagte sie: "ich
habe einen Apfel zerschnitten, da hatte ich dies Stück" und dabei tippte sie
sich auf den ersten Finger der linken Hand -- "ich hatte dies Stück" und
dabei tippte sie sich auf den Ringfinger daneben; "die Stücke waren sehr gross,
ich schnitt wieder, da hatte ich dies Stück" und dabei tippte sie sich auf den
Mittelfinger der linken Hand -- "und ich hatte dabei dies Stück" und dabei
tippte sie sich auf den Zeigefinger daneben. Stets war bei solcher Veran-
schaulichung einer jeden und jeden Zerteilung die erste Grenze hinter dem
Ringfinger
. So konnte sie auf keine Weise verhindern, dass sie die Einheit "2"
immer wieder in der Hand hatte, denn jedesmal, wenn sie 2 Stücke herstellte,
sah sie die beiden zusammen, ehe sie sie verteilte, und bei jeder Veranschau-
lichung eines jeden solchen Vorgangs durch Fingergeberden, entsprach diesem
"zusammen" dieselbe Grenze. Sie hatte die konkreten zwei Stücke durch die
Teilung und die "2" des zukünftigen bewussten Rechnens durch die Erinnerung,
unterstützt durch die Geberde, gewinnen müssen. Sie las an den Fingern die
Paare ab, die sie gebildet hatte, ob nun ein Paar oder anderthalb Paar oder
zwei Paare.


also fast so aus, als wenn die »2« nicht nur vor der »3«, sondern auch vor der
»1« dagewesen wäre!

Durch diesen Einfall kam ich auf den Weg, den ich für den richtigen halte.
Dieser Weg muss ein überall wiederkehrender, gesetzlich und entsetzlich einfacher
Vorgang sein und muss für sich selbst sprechen, was auch die Etymologie sage,
er muss derart beschaffen sein, dass wir ihn vorauszusetzen haben, wo wir die
Zahlwörter gar nicht kennen.

Wenn die Einheit »2« nun von dem Menschen gewonnen wurde, indem er
ein Ganzes in zwei Stücke teilte? Wenn er, statt mit der »Stückzahl« von
»2« mit der Zahl von 2 Stücken begonnen hätte? Adam und Eva, nehme ich
an, zählten schon im Paradiese bis »2«, denn es war ein lustiger Baum, der klug
machte. Allein sie sonderten nicht aus der Zahl der gepflückten Aepfel »2« ab,
indem sie einander in die Augen blickten und dann auf die Aepfel schauten und
endlich 2 Finger anfassten, oder indem sie »mein und dein« Apfel sagten, sondern
Eva wollte als liebenswürdige Frau Adam von demselben Apfel essen lassen,
den sie ass, und da machte sie sofort die merkwürdige Beobachtung, dass sie,
so viele Aepfel sie auch in dieser Art anbot, jedes und jedes Mal, wenn sie einen
Apfel zerbrach oder zerschnitt, ihn mit dem ersten Schnitt in — gleiche oder
ungleiche — aber immer in »2« Stücke teilte. Und wenn sie eins der Stücke
zerschnitt, so teilte sie es mit diesem Schnitt wieder in 2 Stücke, kurz sie machte
es wie die Bakaïrí: aus | wurde ||, sie zerschnitt das eine | und erhielt || |, zer-
schnitt das andere | und erhielt || ||, zerschnitt wieder ein | und erhielt || || |,
zerschnitt noch einmal und hatte jetzt || || ||.

Wenn sich nun Eva, die in ihren Reden etwas weitschweifig war, die alle
Einzelheiten der Reihe nach gründlich erörterte und sich mit lebhaften Geberden
veranschaulichte, den Vorgang noch einmal vor die Seele rief, so sagte sie: »ich
habe einen Apfel zerschnitten, da hatte ich dies Stück« und dabei tippte sie
sich auf den ersten Finger der linken Hand — »ich hatte dies Stück« und
dabei tippte sie sich auf den Ringfinger daneben; »die Stücke waren sehr gross,
ich schnitt wieder, da hatte ich dies Stück« und dabei tippte sie sich auf den
Mittelfinger der linken Hand — »und ich hatte dabei dies Stück« und dabei
tippte sie sich auf den Zeigefinger daneben. Stets war bei solcher Veran-
schaulichung einer jeden und jeden Zerteilung die erste Grenze hinter dem
Ringfinger
. So konnte sie auf keine Weise verhindern, dass sie die Einheit »2«
immer wieder in der Hand hatte, denn jedesmal, wenn sie 2 Stücke herstellte,
sah sie die beiden zusammen, ehe sie sie verteilte, und bei jeder Veranschau-
lichung eines jeden solchen Vorgangs durch Fingergeberden, entsprach diesem
»zusammen« dieselbe Grenze. Sie hatte die konkreten zwei Stücke durch die
Teilung und die »2« des zukünftigen bewussten Rechnens durch die Erinnerung,
unterstützt durch die Geberde, gewinnen müssen. Sie las an den Fingern die
Paare ab, die sie gebildet hatte, ob nun ein Paar oder anderthalb Paar oder
zwei Paare.


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[413/0477] also fast so aus, als wenn die »2« nicht nur vor der »3«, sondern auch vor der »1« dagewesen wäre! Durch diesen Einfall kam ich auf den Weg, den ich für den richtigen halte. Dieser Weg muss ein überall wiederkehrender, gesetzlich und entsetzlich einfacher Vorgang sein und muss für sich selbst sprechen, was auch die Etymologie sage, er muss derart beschaffen sein, dass wir ihn vorauszusetzen haben, wo wir die Zahlwörter gar nicht kennen. Wenn die Einheit »2« nun von dem Menschen gewonnen wurde, indem er ein Ganzes in zwei Stücke teilte? Wenn er, statt mit der »Stückzahl« von »2« mit der Zahl von 2 Stücken begonnen hätte? Adam und Eva, nehme ich an, zählten schon im Paradiese bis »2«, denn es war ein lustiger Baum, der klug machte. Allein sie sonderten nicht aus der Zahl der gepflückten Aepfel »2« ab, indem sie einander in die Augen blickten und dann auf die Aepfel schauten und endlich 2 Finger anfassten, oder indem sie »mein und dein« Apfel sagten, sondern Eva wollte als liebenswürdige Frau Adam von demselben Apfel essen lassen, den sie ass, und da machte sie sofort die merkwürdige Beobachtung, dass sie, so viele Aepfel sie auch in dieser Art anbot, jedes und jedes Mal, wenn sie einen Apfel zerbrach oder zerschnitt, ihn mit dem ersten Schnitt in — gleiche oder ungleiche — aber immer in »2« Stücke teilte. Und wenn sie eins der Stücke zerschnitt, so teilte sie es mit diesem Schnitt wieder in 2 Stücke, kurz sie machte es wie die Bakaïrí: aus | wurde ||, sie zerschnitt das eine | und erhielt || |, zer- schnitt das andere | und erhielt || ||, zerschnitt wieder ein | und erhielt || || |, zerschnitt noch einmal und hatte jetzt || || ||. Wenn sich nun Eva, die in ihren Reden etwas weitschweifig war, die alle Einzelheiten der Reihe nach gründlich erörterte und sich mit lebhaften Geberden veranschaulichte, den Vorgang noch einmal vor die Seele rief, so sagte sie: »ich habe einen Apfel zerschnitten, da hatte ich dies Stück« und dabei tippte sie sich auf den ersten Finger der linken Hand — »ich hatte dies Stück« und dabei tippte sie sich auf den Ringfinger daneben; »die Stücke waren sehr gross, ich schnitt wieder, da hatte ich dies Stück« und dabei tippte sie sich auf den Mittelfinger der linken Hand — »und ich hatte dabei dies Stück« und dabei tippte sie sich auf den Zeigefinger daneben. Stets war bei solcher Veran- schaulichung einer jeden und jeden Zerteilung die erste Grenze hinter dem Ringfinger. So konnte sie auf keine Weise verhindern, dass sie die Einheit »2« immer wieder in der Hand hatte, denn jedesmal, wenn sie 2 Stücke herstellte, sah sie die beiden zusammen, ehe sie sie verteilte, und bei jeder Veranschau- lichung eines jeden solchen Vorgangs durch Fingergeberden, entsprach diesem »zusammen« dieselbe Grenze. Sie hatte die konkreten zwei Stücke durch die Teilung und die »2« des zukünftigen bewussten Rechnens durch die Erinnerung, unterstützt durch die Geberde, gewinnen müssen. Sie las an den Fingern die Paare ab, die sie gebildet hatte, ob nun ein Paar oder anderthalb Paar oder zwei Paare.

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/477>, abgerufen am 23.11.2024.